Frage an Thomas Roth von Jörg D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geerhter Herr Roth,
im Zuge der kommenden Landtagswahlen möchte ich mich zu verschiedenen Themen bei den etablierten Parteien informieren. Könnten Sie mir bitte folgende Frage beantworten?
Herzlichen Dank vorab.
Jörg Dreyer
ich habe eine Frage zur Quotenregelung.
Grundgesetz Artikel 3 lautet:
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Aus meiner Sicht verstößt die Quotenregelung, die besagt, dass bei gleicher Qualifikation Frauen bevorzugt eingestellt werden dürfen und sollen, eindeutig gegen Art.3(3) GG: "Niemand darf wegen seines Geschlechtes... bevorzugt oder benachteiligt werden". Begründet wird dieser Verstoß gegen das GG oft mit Art.3(2): "Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin." Diese Begründung greift nicht: Zwar darf und soll der Staat bestehende Nachteile beseitigen. Aber selbstverständlich muss er sich dabei an bestehende Gesetze und erst Recht ans GG halten.
Die Frage der Quote möchte ich auch auf Ihr innerparteiliches Demokratieverständnis ausgeweitet wissen (quotiertes Rederecht, Quotenlistenplätze für Wahlen und Parteiämter,...)
Bitte verstehen Sie die Frage als ehrliches Interesse eines Wählers, der sein Wahlrecht als Wahlpflicht zum Schutz der Demokratie wahrnimmt.
Sehr geehrter Herr Dreyer,
ehrlich gesagt bin ich als Mann nicht der richtige Ansprechpartner für Quotenfragen. Ich kann Ihnen auch aus juristischer Sicht in dieser Frage keine Hilfestellung anbieten. Ich bin zwar Jurist, Arbeitsrecht ist aber nicht mein Fachgebiet. Und inwiefern die Quotenregelung innerhalb unserer Partei einer juristischen Nachprüfung standhalten würde vermag ich auch nicht zu sagen.
Ich kann Ihnen daher nur meine persönliche Sicht zur Quotenregelung aufzeigen: Angesichts der weitgehenden Benachteiligung der Frauen in unserer Gesellschaft halte ich es durchaus für legitim, wenn bestimmte, an sich offene Regeln zu Gunsten von Frauen modifiziert werden. Ich denke da an Benachteiligungen im Arbeitsleben (z.B. durch immer noch zu geringe Betreuungsplätze für Kinder, so dass es häufig die Frauen sind, die sich um die Kinderziehung kümmern müssen; für Alleinerziehende gilt das ganz besonders. Auch denke ich an die finanziellen Benachteiligungen im Berufsleben. Die Liste lässt sich durchaus fortsetzen). Die Einhaltung von Quotenregeln innerhalb der Grünen Partei ist daher für mich eine Art Selbstverpflichtung. Ich sehe auch gar keinen Grund dazu, diese Regelungen zu überprüfen. Innerhalb der Grünen sind wir mit diesen Regeln immer gut gefahren. Und wenn solche Regeln dann angewandt werden (z.B. bei der Vergabe der Listenplätze für eine Wahl) wird man als Mann auch immer daran erinnert, dass es neben bestimmten sachlichen Schwerpunkten auch immer noch etwas anderes gibt, was sich als Querschnitt durch alle gesellschaftlichen Bereiche zieht.
Ich hoffe, Sie können mit dieser Antwort etwas anfangen.
Grüne Grüße
Thomas Roth