Sie erleben im Jobcenter, dass Bescheide jeweils Monat für Monat einzel ausgedruckt und mit zig Seiten Rechtsmittelbelehrung versandt werden. Warum so viel Bürokratie? Was tun Sie dagegen jetzt?
Bürokratie-Abbau konkret an seinem Arbeitsplatz - machtlos?
Als Vermieter von ukrainischen Familien erlebe ich den Papierwahnsinn und frage so einen engagierten Jobcenter-Mitarbeiter, was er konkret dagegen tat, tut und tun will.Die Ukrainer schütteln den Kopf. In ihrem Land sind sie digital weiter...
danke
E.J.

Vielen Dank für Ihre Frage, lieber Herr Engelbert J. Ich verstehe Ihren Frust vollkommen und teile Ihre Kritik an unnötiger Bürokratie. Auch ich erlebe täglich, wie viel Papier in der Verwaltung bewegt wird – gerade bei monatlichen Bescheiden mit umfangreichen Rechtsmittelbelehrungen. Lassen Sie mich erklären, wie ich diese Herausforderungen in meiner Rolle angehe und wo wir bereits Fortschritte sehen.
1. Was ich bereits erlebe und nutze:
In meiner täglichen Arbeit im Jobcenter des Kreises Offenbach arbeite ich fast vollständig digital – dank der technischen Infrastruktur, die meine Dienststelle bereitstellt. Unsere digitale Akte, E-Post und die Ausstattung mit drei Bildschirmen (darunter ein dienstlicher Laptop) ermöglichen es mir, Anträge, Dokumente und Kommunikation effizient zu bearbeiten, ohne physische Akten zu benötigen. Diese Tools nutze ich konsequent, um Papier zu sparen und Prozesse zu beschleunigen.
2. Warum noch Papier?
Leider sind einige gesetzliche Vorgaben noch nicht in der digitalen Welt angekommen. Auch wenn ich selbst keine Bescheide erstelle, sehe ich, dass bestimmte Dokumente ausgedruckt und per Post versandt werden müssen. Das liegt an veralteten Vorschriften, die digitale Alternativen nicht explizit zulassen, sowie an strengen Datenschutzauflagen. Solche Hürden kann ich als Mitarbeiter vor Ort nicht eigenständig beseitigen.
3. Was ich konkret tue:
Ich nutze die digitalen Möglichkeiten meiner Dienststelle aktiv, um Bürokratie im Rahmen meiner Aufgaben zu reduzieren:
- Digitale Kommunikation: Wo es rechtlich zulässig ist, sende ich Informationen per E-Mail, statt per Brief.
- Vernetzung: Ich tausche mich mit Kolleg*innen aus, um Lösungen für wiederkehrende Papier-Prozesse zu finden – etwa durch Hinweise auf redundante Schritte.
- Politisches Engagement: Über meine Partei Volt setze ich mich bundesweit für Gesetzesänderungen ein, etwa für die Digitalisierung von Behördenpost oder vereinfachte Verfahren für Geflüchtete, wie Ihre ukrainischen Mieter*innen.
4. Was ich zukünftig vorantreiben will:
Sollte ich 2025 in den Bundestag gewählt werden, werde ich mich auf Bundesebene für folgende Ziele einsetzen:
- Rechtssichere E-Zustellung: Damit Bescheide und Belehrungen nicht mehr zwangsläufig ausgedruckt werden müssen.
- Estland als Vorbild: Das digitale Vorzeigeland Estland zeigt, wie Behördengänge komplett online erledigt werden können – von der digitalen Signatur bis zur automatisierten Datenübermittlung. Diese Standards sollten auch hier gelten.
- Vereinfachte Texte: Wiederholte Rechtsbelehrungen könnten durch Verlinkungen oder Kurzhinweise ersetzt werden, sofern der Gesetzgeber dies ermöglicht.
Zum Schluss:
Ich verstehe, dass die Ukrainer*innen den Kopf schütteln – unsere Verwaltung wirkt oft wie ein Relikt vergangener Jahrzehnte. Aber ich sehe auch Fortschritte: Die digitale Akte und die Ausstattung meiner Dienststelle im Kreis Offenbach zeigen, dass Veränderung möglich ist. Bis die Gesetze mit der Technik Schritt halten, bleibe ich dran – hier im Kreis Offenbach und hoffentlich bald im Bundestag.
Mit vollem Einsatz,
Thomas Ponier-Kröhl