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Frage von Alexander D. •

Frage an Thomas Jurk von Alexander D. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Jurk,

mir geht es um das Thema Freihandelsabkommen mit den USA. Leider habe ich vergebens nach einer Stellungnahme von Ihnen zu TTIP gesucht (wenn Sie doch einen Link zu einer Äußerung hinsichtlich TTIP haben, können Sie mir den ebenso gern zukommen lassen).

Daher bitte ich nun hier um eine Antwort auf ein paar grundlegende Fragen:

1. Wie ist Ihre grundsätzliche Haltung zu TTIP - sind Sie an einer erfolgreichen Umsetzung (selbstverständlich an gewisse Bedingungen geknüpft) interessiert oder lehnen Sie solch ein Abkommen strikt ab?

2. Stimmen Sie den Kritikern zu, es gäbe im Verhandlungsprozess ein Mangel an Transparenz?

3. Was halten Sie von den bisher veröffentlichten wirtschaftlichen Prognosen (z.B. der ifo)? Steht ein mögliches Wirtschafstwachstum in Europa/Deutschland dabei im Vordergrund oder denken Sie die negativen Konsequenzen für Entwicklungsländer könnten zu groß ausfallen?

4. Als letztes möchte ich noch einen oft genannten Kritikpunkt aufnehmen: die Schiedsgerichte. In vielen anderen bereits abgeschlossenen Handelsabkommen und auch im Verhandlungsmandat zu TTIP sind private Schiedsgerichte enthalten, doch ausgehend von der aktuellen Kritik gab es eine Reaktion von Malmström, die nun ein öffentliches sowie transparentes Investitionsgericht befürwortet. Was einer Art "internationalen Handelsgericht" entsprechen würde, haben die Amerikaner aber von Beginn an den Rücken gekehrt . Welches Gerichtsverfahren halten Sie persönlich für sinnvoller? Und wie kann eine gemeinsame Lösung mit den USA gefunden werden?

Mit freundlichen Grüßen
Alexander Dobes

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Dobes,

vielen Dank für Ihre Nachricht auf abgeordnetenwatch.de. Leider komme ich erst jetzt dazu, Ihnen zu antworten. Zum einen befand ich mich in den Haushaltsberatungen, zum anderen komme ich auf Grund der Vielzahl von Anfragen erst jetzt zur Beantwortung Ihrer Nachricht.

Für mich braucht der stattfindende Welthandel gemeinsame Regeln. Dafür halte ich ein funktionierendes internationales Welthandelssystem, in welchem ein ordentlicher Ausgleich erfolgt, für extrem wichtig. Für unsere exportorientierte deutsche Wirtschaft und die davon abhängenden Arbeitsplätze sind internationale Regeln von großer Bedeutung. Grundsätzlich sehe ich in Handelsabkommen die Chance, dass qualitative wirtschaftliche Wachstumspotentiale generiert und wirtschafts-, wettbewerbs- und handelspolitische Interessen harmonisiert werden können. Wichtig ist mir dabei, dass bei den Verhandlungen und auch in möglichen späteren Abkommen die jeweils fortschrittlichsten Regeln hinsichtlich ökonomischer, sozialer und ökologischer Standards, der Regulierung der Finanzmärkte und deren Transparenz zugrunde gelegt werden. Denn durch solche Abkommen dürfen nicht das EU-Vorsorge-Prinzip aushöhlt und die hohen europäischen Standards, zum Beispiel bei den Arbeitsrechten, beim Schutz der personengebundenen Daten oder auch im Bildungs- und Wissenschaftsbereich, aufgeweicht werden. Die Weltwirtschaft braucht verlässliche Regeln. Wir wollen globale Standards für einen fairen und nachhaltigen Welthandel setzen und den Abbau von tarifären und nicht-tarifären Handelshemmnissen im gegenseitigen Interesse vereinbaren. Zum Beispiel unterscheiden sich viele technische Standards in den USA und der EU, obwohl sie einen ähnlichen Zweck dienen, wie zum Beispiel beim Automobilbau. Wir erwarten deutliche Kostensenkungen durch die gegenseitige Anerkennung von Standards und Zulassungsverfahren. Dabei geht es nicht um die Absenkung von Standards, sondern um eine Vereinfachung des Exports, wovon gerade kleine und mittelständische Unternehmen profitieren würden.

Es gibt viele Missverständnisse und Irritationen rund um die TTIP-Verhandlungen. Diese konnten nur entstehen, weil zu wenig Konkretes über den Verhandlungsverlauf an die Öffentlichkeit kam. Daher ist mehr Transparenz von Nöten, wobei allerdings der mit dem Verhandlungspartner USA verabredete Rahmen bestimmte Grenzen bei der Veröffentlichung von Verhandlungsdokumenten setzt. Eine Fülle von sogenannten Konzeptpapieren finden Sie jedoch auf der Homepage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie ( http://www.bmwi.de/DE/Themen/Aussenwirtschaft/Freihandelsabkommen/ttip.html ) und auf der Website der Europäischen Kommission ( http://ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ttip/index_de.htm ). Auf der Website der EU-Kommission finden Sie auch die Verhandlungstexte der Europäischen Union.

Grundsätzlich erachte ich Investitionsschutz und Investor-Staat-Schiedsverfahren im TTIP nicht für notwendig, da sowohl die Mitgliedsstaaten der EU als auch die USA über ein funktionierendes Rechtssystem verfügen. Der Bundeswirtschaftsminister Gabriel hatte vorgeschlagen, einen neuen Mechanismus für die Durchsetzung des Investitionsschutzes zu schaffen, denn es gibt, wie Sie selbst feststellen, weltweit unzählige Investitionsschutzabkommen. Mittlerweile strebt auch die EU-Kommission bei TTIP eine Reform des bisherigen Investorenschutzes an. Das sehe ich als Erfolg für uns. Dieses Vorgehen wird übrigens auch durch eine Resolution des Europäischen Parlaments unterstützt, in der ein gutes und faires TTIP und die Ablehnung der bisherigen privaten Schiedsstellen in TTIP gefordert wird. Auch im Europäischen Parlament war die Rolle der europäischen Sozialdemokraten entscheidend, die sich unter Führung ihres Berichterstatters Bernd Lange in entscheidenden Punkten durchgesetzt hatten. Mit der klaren Absage an die bisherigen Regeln zu Schiedsgerichte konnte erreicht werden, dass ein demokratisches und transparentes Gerichtsverfahren mit unabhängigen Richtern und eine Revisionsinstanz im TTIP-Abkommen von der EU angestrebt wird. Kommissarin Malmström hat also die klare Zielsetzung, bei TTIP das alte ISDS-System durch ein neues System zu ersetzen. Derzeit prüfen die USA, wie sie mit diesem Vorschlag umgehen.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Jurk, MdB