Frage an Thomas Hitschler von Michael U. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Hitschler,
ich habe eine Frage zur Doppelverbeitragung der Direktversichungen.
Ich habe meine Direktversicherung zu 100% aus eigenen Beiträgen aus meinem Nettoeinkommen finanziert. D.h. Steuern und Sozialabgaben habe ich in der Sparphase geleistet. Nach Meinem Verständnis handelt es sich bei dem angesammelten Kapitalstock in der Lebensversicherung um mein Eigentum. Eine Verzinsung hat, auf Grund der Null-Zins Politik der EZB, ja kaum noch stattgefunden. Darf der Staat auf mein Eigentum, die Kapitallebensversicherung, erneut mit 19% Krankenkassenbeiträgen zugreifen, und wenn ja, warum? Bitte keine Begründung, die da lautet, die Karlsruher Richter sagen das wäre rechtens. Gibt es in Deutschland einen Art. 14 GG oder nicht mehr?
Sehr geehrter Herr Urschbach,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Verbeitragung von Direktversicherungen. Gerne beantworte ich Ihnen Ihr Anliegen.
Meiner Antwort geht eine Zeit intensiver Befassung mit diesem Thema voraus. Ein Resultat daraus ist ein Positionspapier, das ich gemeinsam mit meinem Kollegen, Dr. Jens Zimmermann, verfasst habe und das ich auf Wunsch gerne übersende. Ähnliche Papiere haben auch Abgeordnete unserer Fraktion aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen geschrieben.
Die Ausgangslage, die wir vorgefunden haben, war, dass ausgezahlte Kapitalleistungen aus Versorgungsbezügen ab 2004 durch das Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) beitragspflichtig in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung wurden. Damit wurde die Beitragspflicht auf Kapitalleistungen, die mit dem früheren Berufsleben in Zusammenhang stehen, ausgeweitet. Bereits vor 2004 waren wiederkehrende Leistungen (laufende Rentenzahlungen) aus Direktversicherungen und Kapitalabfindungen, die nach Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart wurden, beitragspflichtig. Direktversicherungen mit einer einmaligen Kapitalleistung waren, wenn die Kapitalisierung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart worden war, zu diesem Zeitpunkt gegenüber den anderen Direktversicherungsformen beitragsrechtlich begünstigt.
Gleichzeitig müssen wir die damalige Situation betrachten, in der unser Sozialsystem war. Damals wurden die Gesundheitsausgaben für die ältere Generation überwiegend von der erwerbstätigen Generation finanziert. Geburtenstarke Jahrgänge bezogen immer mehr Leistungen, die von immer kleiner werdenden Jahrgängen gezahlt werden mussten. Mit der Neuregelung wurde entschieden, hier für einen stärkeren Ausgleich zwischen den Generationen zu sorgen. Zur Beitragszahlung verstärkt herangezogen wurden aber nur die Rentnerinnen und Rentner, deren gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eine solche Mehrbelastung auch zuließ. Das ist insbesondere bei denen der Fall, die zusätzlich zu ihrer gesetzlichen Rente Einkünfte aus Versorgungsbezügen beziehen.
Mittlerweile sieht die Situation, dank starkem Wirtschaftswachstum und Reformen in anderen Bereichen, anders aus. Besonders die Rücklagen der Krankenkassen, die sich aktuell auf 21 Milliarden Euro belaufen, zeigen, dass die Gelegenheit gekommen ist, hier nachzuarbeiten und diese, nachvollziehbar von vielen Betroffenen empfundene Ungerechtigkeit zu beheben. Aus diesem Punkt haben Dr. Zimmermann und ich in unser Papier ausdrücklich die Forderung nach einer Entschädigung für alle, die von der damaligen rückwirkenden Einführung der Verbeitragung von privaten Vorsorgen betroffen sind, aufgenommen. Es ist nachvollziehbar, dass viele Betroffene seit damals ihr Vertrauen in den Rechtstaat verloren haben. Dieses Vertrauen wollen und müssen wir zurückgewinnen. Es ist zu prüfen, wie die bei ihrer vor 2004 abgeschlossene privaten Altersvorsorge durch die Gesetzesänderung rückwirkend Betroffenen entschädigt werden können. Zur Finanzierung kommen die oben erwähnten Rücklagen der Krankversicherungen in Frage.
Das ist die Position, mit der wir in die weitere Debatte innerhalb unserer Fraktion werden. An den eingangs erwähnten Papieren der Kolleginnen und Kollegen aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachen können Sie erkennen, dass wir dabei auf breite Unterstützung bauen können. Daher gehe ich davon aus, dass wir noch in dieser Wahlperiode eine Einigung erzielen werden. In der Frage der Doppelverbeitragung stehe ich auch in engem Austausch mit regionalen Vertreterinnen und Vertretern des Vereins für Direktversicherungsgeschädigte. Für mich ist klar: Die aktuelle Verbeitragung bei den Direktversicherungen ist ungerecht und gehört abgeschafft. Dafür setze ich mich in Berlin weiter ein.
Zuletzt habe ich mich dazu schriftlich an die stellvertretende Vorsitzende meiner SPD-Bundestagsfraktion, Bärbel Bas, gewendet. In einem Brief habe ich dafür geworben, dass wir uns als SPD-Bundestagsfraktion in den Gesprächen mit der Union dafür stark machen, die von der mit dem GMG eingeführten Verbeitragung Betroffenen zu unterstützen. Bärbel Bas hat mir daraufhin versichert, dass sich die Fraktionsspitze für eine Entlastung der Betroffenen vehement einsetzt. Man verhandle hier mit der Union, um eine Lösung zu finden. Dazu, so Bärbel Bas, müsse die CDU aber dafür sorgen, dass Bundeskanzlerin Merkel ihr Veto zur Entlastung bei den Betriebsrenten zurücknimmt.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen beantworten konnte und stehe gerne weiter als Ansprechpartner zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Hitschler