Frage an Thomas Hasel von Stephan L. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Lieber Herr Hasel,
mich würde Ihre Position zu Gentechnik genauer interessieren: Sind Sie allgemein gegen Gentechnik oder nur in der Landwirtschaft? Könnten Sie genauer erläutern, warum Sie gegen Gentechnik in der Landwirtschaft sind? Wie grenzen Sie "natürliche" von "unnatürlichen" Produktionsweisen ab?
Mit freundlichen Grüßen
S. L.
Lieber Herr Lanzinger,
ich bin nicht grundsätzlich wissenschaftsskeptisch, bin aber der Ansicht, dass jeder Eingriff in die Natur wohlüberlegt sein sollte und die Folgen eines Eingriffs so gut es geht, bedacht werden sollten.
Dies geschieht m.E. nicht ausreichend, zumal, wenn ökonomische Interessen im Vordergrund stehen. Wir sehen das unter anderem in der Landwirtschaft, wenn es um den Einsatz von Düngemitteln, Horminen, Medikamtenen in der Tierhaltung oder Pestiziden geht.
Diese werden nicht unternommen, um Menschen die gesündesten Nahrungsmittel zu liefern oder die natürlichen Kreisläufe zu schützen, sondern um in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Ertrag zu produzieren, der wiederum am meisten Gewinn verspricht. Mittelfristig sind die negativen Folgen gravierend (Überdüngung, Belastung des Trinkwassers, Bienensterben, Antibiotikaresistenzen etc.)
Ich habe die Befürchtung, dass gentechnische Manipulationen im überwiegenden Maße aus denselben Motiven erfolgen werden, ohne ausreichende Abschätzung der Risiken und Folgen.
Es wird, wie Sie wissen, von Gentechnik-Befürwortern ins Feld geführt, dass Milliarden von Menschen nur ernährt werden können, wenn man die Erträge der Landwirtschaft weiter steigert. Betrachtet man den Verlust von Landflächen durch Verschmutzung, Überbauung, Auslaugung der Böden, umweltschädliche Nutzung der Böden, aber auch mangelnde Förderung von Kleinbauern, dann bin ich der Ansicht, dass eine ökologischere Landwirtschaft in Verbindung mit einem anderen Konsumverhalten (gerade, aber nicht nur in der westlichen Welt) durchaus in der Lage wäre, alle Menschen dieser Erde zu ernähren.
Allgemein greifen wir Menschen selbstverständlich seit jeher in natürliche Kreisläufe ein, ob in der Landwirtschaft oder in der Medizin. Dies könnte man als "unnatürlich" bezeichnen (wobei wir Menschen ein Teil der Natur sind). Aber es geht nicht um zwei Extreme, sondern um die tatsächlichen Folgen unseres Handelns, die wir bewerten müssen. Sind diese Eingriffe mittelfristig oder gar langfristig eher schädlich oder nützlich? Stets stellen sich ethische Fragen, die mindestens eine breite gesellschaftliche Debatte erfordern. Die erfolgt m.E. nicht ausreichend.
Wenn es sogar um die Frage geht, ob man in die Gene von Menschen eingreifen soll, um bestimmte potentielle Erkrankungen zu vermeiden oder Befähigungen zu steigern, überschreiten wir einen Punkt, der mehr Risiken nach sich zieht als Chancen. Das ist zumindest meine Befürchtung.
Der Mensch ist ein neugieriges, forschendes Wesen. Das hat ihn zu dem gemacht, was er ist. Unsere Einsichtsfähigkeit in die Natur und Vernunft ist jedoch meist zu gering ausgeprägt, als das wir allzu leichtfertig in natürliche Abläufe eingreifen sollten.
Ich mache mir jedoch keine Illusionen darüber, dass Genforschung in vielen Ländern der Welt weitergeführt wird und wir erst in der Zukunft sehen werden, ob meine Skepsis berechtigt war. Betrachte ich die Umweltprobleme, die wir Menschen uns in den vergangenen Jahrzehnten bis Jahrhunderten selbst aufgehalst haben, bleibe ich bei meiner Skepsis.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen annähernd beantworten. Andernfalls melden Sie sich bitte wieder bei mir.
Mit freundlichen Grüßen,
Thomas Hasel