Frage an Thomas Gambke von Dr. Peter J. S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Dr. Gambke,
Ich wurde neulich von einem meiner Studenten gefragt, wie denn der Ausdruck “systemisch” oder besser “systemische Bank” definiert ist. Leider war es mir bis heute nicht moeglich diese Frage zu beantworten, da Politiker, in der Oeffentlichkeit nur erklaeren, dies muesse von Fall zu Fall geklaert werden. Dies ist natuerlich keine Definition, sondern eher eine Meinung, die jederzeit willkuerlich getroffen werden kann. Da aber gerade mit diesem Ausdruck, nachhaltige Entscheidungen fuer die Zukunft begruendet worden sind, wird es Ihnen ja nicht schwerfallen mir die folgende Frage kurz zu beantworten, da der Ausdruck “systemische Bank” in der Literatur nicht vorkommt.
Wie ist “systemische Bank” definiert und wie grenzt (Kriterien) sich eine systemische Bank von einer “nicht-systemischen” ab?
Ich bedanke mich fuer die Information
Mit besten Gruessen
Dr. Peter J. Stauvermann
Sehr geehrte Herr Dr. Stauvermann,
Sie werfen eine sehr interessante Frage auf. Der Rettungsschirm der Bundesregierung für die HRE wurde ja in der Öffentlichkeit mit dem systemischen Risiko für den Finanzmarkt begründet. Dahinter verbarg sich die Sorge, dass mit der Insolvenz der HRE sehr viele andere Banken, Versicherungen und Pensionsfonds von Ausfällen betroffen gewesen wären und weitere Insolvenzen gedroht hätten. Die intensive Verflechtung der Akteure und die enorme Höhe der Investitionen haben dann das Wort vom "systemischen" Risiko geprägt.
Eine klare gesetzliche Definition gibt es jedoch nicht, auch im Finanzmarktstabilisierungsgesetz ist keine solche Definition festgelegt. Der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) hat lediglich allgemeine Kriterien, nach denen einer Bank „Systemrelevanz“ bescheinigt werden kann. http://www.soffin.de/de/soffin/fragen-und-antworten/banken_finanzen.html
Für uns Grüne ist es ein wesentlicher Kritikpunkt am Finanzmarktstabilisierungsgesetz, dass die Rettungsmaßnahmen in der Finanzmarktkrise nicht den herkömmlichen rechtsstaatlichen und demokratischen Grundsätzen entsprechen. Darunter zählt auch, dass nicht definiert ist, in welchen Fällen und zu welchen Konditionen eine außerordentliche Finanzhilfe des SoFFin gewährt wird sowie auch das Fehlen der üblichen parlamentarischen und öffentlichen Kontrolle der Ausgaben des Bundes.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Thomas Gambke