Frage an Thomas Gambke von Peter H. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Dr. Gambke,
die äußerst schlechte Qualität moderner Elektrogeräte ist sowohl für mich als Verbraucher als auch für unsere Umwelt unerträglich geworden. Bis vor kurzem hatte ich einen über 25 Jahre alten Röhrenfernseher, diesen musste ich nun gegen einen neuen Flachbildfernseher austausche. Dieser neue Fernseher wird mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht einmal halb so lange halten, ehe er kaputt geht. Vor der Anschaffung des neuen Fernseher habe ich viele Testberichte gelesen, keiner davon gab jedoch Auskunft über die Haltbarkeit der Geräte.
Aufgrund der kurzen Haltbarkeit vieler Elektrogerät wird in Fachkreisen schon lange von „Geplanter Obsoleszenz“ gesprochen. Dieser „Geplanter Obsoleszenz“ gilt es mit aller härte Einhalt zu gebieten!
Daher fordere ich die Einführung einer Obsoleszenz-Steuer.
Das Modell könnte in etwa so aussehen:
0,5 Jahre Garantie: 10% Steuer
1 Jahr Garantie: 8% Steuer
2 Jahre Garantie: 6% Steuer
3 Jahre Garantie: 4% Steuer
4 Jahre Garantie: 2% Steuer
5 Jahre und mehr Garantie: 0% Steuer
Dadurch würden Schrott-Geräte teurer und qualitativ hochwertige Geräte günstiger. Das Angebot an hochwertigen Geräten würde wahrscheinlich deutlich steigen. Bisher gibt es nahezu keine Elektrogerät die eine Garantie von fünf Jahren bieten, als Verbraucher hat man daher derzeit keine andere Wahl als "minderwertige" Geräte zu kaufen.
Die so eingenommenen Steuern könnte man z.B. in die Forschung stecken um langlebigere Geräte zu entwickeln. Steht aus Ihrer Sicht der Einführung einer Obsoleszenz-Steuer etwas entgegen oder werden Sie sich für die Einführung einer solchen Steuer einsetzen?
Mit freundlichen Grüßen
Peter Hausler
Sehr geehrter Herr Hausler,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Bitte entschuldigen Sie, dass ich erst heute zu einer Antwort finde.
Mit Ihrer Frage nach dem Problembereich des geplantes Verschleiß greifen Sie ein Thema auf, das uns Grünen und mir persönlich sehr am Herzen liegt. Ich glaube, dass hier in der Tat ein wichtiges Aufgabengebiet für die Politik liegt, die sukzessive Qualitätsminderung von Produkten zu verhindern, da sie verbraucher- und umweltfeindlich ist.
Konkret war ich an der Buchpräsentation von Christian Kreiß "Geplanter Verschleiß" beteiligt und stehe auch mit Stefan Schridde ("Murks? Nein danke!") in engem Kontakt. (Bei letzterem waren erst vergangene Woche mein Kollege Peter Meiwald und der Fraktionsvorsitzende Toni Hofreiter zu Gast.) Im Herbst plane ich eine Informationsfahrt, die unter anderem dem Problemkreis der Obsoleszenz näher beleuchten soll. Dabei geht es mir insbesondere darum, konkrete politische Handlungsalternativen zu ergründen, um geplanten Verschleiß zu erschweren.
Steuern sind meines Erachtens aber prinzipiell kein gutes Mittel der Steuerung von Qualität oder anderen fachlichen Zielen. Es gelingt selten, notwendige Abgrenzungen vorzunehmen und damit wird mit einer steuerlichen Regelung oft nur unzureichend und wenig wirksam das eigentliche regulatorische Ziel erreicht. Auch gibt es gesellschaftliche größere Widerstände gegen ein derartiges Vorgehen.
Wir Grünen haben zum Thema Obsoleszenz folgende ordnungsrechtlichen Vorschläge entwickelt:
• Anhebung bzw. Erhöhung der Gewährleistungsfristen*)
• Beweislastumkehr in den ersten Nutzungsjahren
• Ausdehnung der Gewährleistungen auch auf Vermittler, Handel und ggf. Privatpersonen **)
• Reparierbarkeit (Akkus müssen austauchbar sein).
• Standardisierung (Beispiel Aufladegeräte, da haben wir z.B. den Standard, der mühselig bei Handys erreicht wurde, bei den Smartphones und Tablet-Computern wieder verloren)
*) Die Schwierigkeit bei Gewährleistungen und Garantien ist regelmäßig das ‚Kleingedruckte‘. Was heißt ‚bestimmungsgemäßer Gebrauch‘? Welche Nutzungen (Temperatur, Feuchte, Zeit) sind durch die Garantie abgedeckt, welche nicht? Welche Art von Schadensersatz wird wie geleistet (Stichwort: Service). Beispiel https://www.support.philips.com/pageitems/master/countries/DE/Warranty/WBO_DE_DEU.pdf
**) Heute gelten alle Gewährleistungen nur für kommerzielle Marktteilnehmer. So hat sich ein riesiger Markt von Gebrauchtwaren (Ebay, aber auch Autohandel) entwickelt, in dem keinerlei Gewährleistung oder Garantie gilt. Das hat dem Fachhandel praktisch den Boden unter den Füßen weggezogen. Denn bei der ‚Zweit-Nutzung‘ ist die Garantie in der Regel verloren.
Richtig ist, dass Sie heute in vielen Bereichen Qualität leider gar nicht (mehr) kaufen können, weil Qualität oft nicht mehr angeboten wird. Zu Ihrem Beispiel: Geht man in einen der üblichen Märkte und verlangt eine Garantie, den gewünschten Fernseher in 10 Jahren noch betreiben zu können. Bildlich gesprochen: Man wird auf Zeitunglesen und Radiohören vertröstet werden. Einen Fernseher mit einer zehnjährigen Garantie können Sie weder für Geld noch gute Worte kaufen. Das gleiche gilt für viele andere technische Produkte. Das wird sich sicherlich ändern, denn zunehmend werden Verbraucher mehr Qualität nachfragen. Falls es Sie interessiert können Sie hier eine Studie unserer Bundestagsfraktion zum Thema lesen: http://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/themen_az/umwelt/PDF/Studie-Obsoleszenz-aktuell.pdf
Mit den besten Grüßen
Thomas Gambke