Frage an Thomas Gambke von Andreas K.
Werden Sie im Bundestag einem dritten Rettungspaket für Griechenland zustimmen, obwohl es dafür aus rechtlichen Gründen keine Mittel aus dem ESM geben kann ( die Stabilität der Eurozonein ist nicht als Ganzes bedroht!) ? Wenn ja, wie ist ihre Rechtfertigung dafür? 90 Prozent der Deutschen sind gegen eine weitere Unterstützung Griechenlands (lt. n-tv Umfrage und meinen eigenen Befragungen im Bekannten und Freundeskreis).
Würden Sie sich für ein deutsches Referendum zu weiteren Griechenlandhilfen einsetzen?
Sehr geehrter Herr Kumpfmüller,
aus heutiger Sicht halte ich ein deutsches Referendum für weitere finanzielle Hilfen für Griechenland nicht für angemessen. Die Begründung für mein Abstimmverhalten im Bundestag zur Abstimmung heute können Sie meiner persönlichen Erklärung entnehmen:
Persönliche Erklärung nach § 31 GOBT
zur Abstimmung und Debatte über Tagesordnungspunkt 1 am 17.07.2015
a) Beratung des Antrags des Bundesministeriums der Finanzen
Stabilitätshilfe zugunsten Griechenlands
hier: Einholung eines zustimmenden Beschlusses des Deutschen Bundestages nach § 4 Absatz 1 Nummer 1 ESM-Finanzierungsgesetzes (ESMFinG), der Hellenischen Re-publik nach Artikel 13 Absatz 2 ESM-Vertrages grundsätzlich Stabilitätshilfe in Form eines ESM-Darlehens zu gewähren; Verwendung der SMP-Mittel 2014 zur Absiche-rung einer Brückenfinanzierung
Drucksache 18/5590
b) Beratung des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Beschluss des Deutschen Bundestages nach § 4 Absatz 1 Nummer 1 des ESM-Finanzierungsgesetzes (ESMFinG); Verwendung der SMP-Mittel 2014 zur Absiche-rung einer Brückenfinanzierung
Drucksache 18/5595
Die Europäische Union und ihre Vorgängerorganisationen haben in den letzten Jahrzehnten zu einem dauerhaften Frieden und einem deutlichen Anwachsen des Wohlstandes in allen Ländern der EU geführt. Es muss das Ziel der Politik im Interesse aller Bürgerinnen und Bür-ger sein, diese positive Entwicklung in Europa zu sichern und weiter auszubauen. Dazu gehört auch eine nachhaltige Lösung der aktuellen Schuldenkrise in der EU und insbesondere in Griechenland.
Griechenland hat seit 2010 die finanzielle Unterstützung der EU, um bei einem schon seit Aufnahme in die Eurogruppe 2003 stark defizitären Haushalt und einem damit verbundenen starken Anstieg der Staatsschulden eine Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden. Ziel war es, Griechenland in der EU und in der Eurozone zu halten und dabei eine langfristig tragfähige Lösung zu finden. Mit zwei Rettungspaketen wurden die Zahlungsfähigkeit Griechenlands wieder hergestellt und durch umfangreiche Auflagen die Ausgaben des Staates vermindert. In 2014 konnte so ein Primärüberschuss im Haushalt in Griechenland erreicht werden. Gleich-zeitig verminderte sich aber die Wirtschaftsleistung um rund 25% mit dramatischen negativen Effekten auf Beschäftigung, Gesundheitsversorgung und soziale Leistungen. Wichtige struk-turelle Änderungen wurden nicht ausreichend oder gar nicht umgesetzt - so z.B. im sozialen Bereich oder in der staatlichen Verwaltung, etwa bei den Themen Steuererhebung oder Ka-tasterwesen. Damit waren die bisherigen Rettungspakete nicht nachhaltig und langfristig wir-kend. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen in der Vergangenheit müssen die Anstren-gungen der griechischen Politik auf strukturelle Veränderungen gestärkt und Investitionen für eine bessere wirtschaftliche Entwicklung im Land ermöglicht werden.
Der Deutsche Bundestag soll mit der heutigen Abstimmung ein Verhandlungsmandat zu einem dritten Rettungspaket der Bundesregierung erteilen. Es ist wichtig, dass weiter ver-handelt wird. Es wird aber entscheidend für einen Erfolg des dritten Rettungspaketes sein, die Schwächen der bisherigen Vereinbarungen zu vermeiden. Einen solchen Auftrag an die Bun-desregierung hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in ihrem Antrag in DS 18/5595 formu-liert. Nur mit strukturellen Veränderungen in Griechenland und einer begleitenden Stärkung verbindlicher Regelungen zu einer europäischen Haushalts- und Wirtschaftspolitik kann und wird das dritte Rettungspaket für Griechenland Erfolg haben.
Das vorgeschlagene Verhandlungsmandat führt aber die bisherige Rettungspolitik fort, die bisher nicht zu einer nachhaltigen Gesundung Griechenlands geführt hat. Außerdem werden die Verhandlungen von Äußerungen des Finanzministers, der Kanzlerin und des Vize-Kanzlers begleitet, die einen Austritts Griechenlands aus dem Euro explizit nicht ausschlie-ßen, sondern sogar präferieren. Diese Verhandlungsführung der Bundesregierung lehne ich ab, denn sie schafft erneut Gräben in Europa. Deshalb enthalte ich mich heute bei der Ab-stimmung über das vorgelegte Verhandlungsmandat. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit unseren Europäischen Partnern für eine langfristig tragfähige, also nachhaltige Lösung für Griechenland verhandeln müssen. Das kann aber nur mit einem klaren Verhandlungsmandat zu strukturellen Veränderungen und Minderung der sozialen Schieflage in Griechenland und gleichzeitigen Initiativen zu einer verstärkten europäischen Zusammenarbeit erfolgen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Thomas Gambke