Frage an Thomas Gambke von Christian H. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Hr. Dr. Gambke!
Ich möchte von Ihnen gerne erfahren, wie Sie zur dualen Berufsausbildung, der Evaluierung in Form von Modularisierung der Ausbildung und zur Umlagefinanzierung stehen?
Umlagefinanzierung: In Deutschland bilden lediglich ca. 22 % aller Betriebe aus. Man müsster hier aus meiner Sicht eine Umlagefinanzierung, ähnlich der Schwerbehindertenquote, leisten, wenn man ab einer bestimmten Betriebsgröße nicht ausbildet.Betriebe ab einer gewissen Größe sind der Gesellschaft verpflichtet, Aubildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Falls ein Betrieb auf einem Spezialgebiet tätig ist, wo nur sehr schwierig Ausbildungsinhalte vermittelt werden können, so könnten Ausbildunskooperationen mit anderen Betrieben die Lösung sein. Auch eine teilweise schulische Ausbildung über die Bundesrepublik wäre denkbar.
Hier wären die Steuergelder viel sinnvoller investiert als im jetzigen Übergangssystem. Hundertausende von Jugendlichen werden derzeit "bei Seite gestellt" und haben nur wenig Perspektiven in ihrer beruflichen Zukunft. So würde auch dem demographischen Wandel entgegengewirkt und der Facharbeitermangel kompensiert. Zugleich wird der Binnenmarkt gestärkt, was sehr wichtig ist, um weniger vom Exportmarkt abhängig zu sein.
Ich würde mich freuen, wenn Sie sich mit dem angesprochenen Thema auseinander setzten.
Schöne Grüße
Christian Hanika
[Vorsitzender der Konzernjugend- und Auszubildendenvertretung E.ON Energie AG]
Sehr geehrte Frau Hanika,
die duale Berufsausbildung ist ein ganz wesentliches Element der Berufsausbildung, das zu gut ausgebildeten jungen Menschen führt und die Basis für den Erfolg vieler Unternehmen ist und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands international bestimmt.
Deshalb hat für mich die Sicherung und die Weiterentwicklung der dualen Berufsausbildung hohe Priorität. Ich spreche aus Erfahrung, habe ich doch 16 Jahre ein mittelständisches Unternehmen in Deutschland geführt.
Wegen der Bedeutung der dualen Berufsausbildung ist es wichtig, alle Betriebe in die Pflicht zu nehmen. Das kann mit einer Umlagefinanzierung erreicht werden. Wichtiges Element der dualen Ausbildung ist aber eben gerade die Ausbildung in den Betrieben. Eine Umlagefinanzierung darf deshalb nicht dazu führen, dass sich Betriebe von der Pflicht zur Ausbildung "freikaufen". Eine gemeinsame Ausbildung durch Kooperationen kann dabei helfen, die Ausbildung im Betrieb auch bei schwierigen Rahmenbedingungen zu ermöglichen.
Ich will in diesem Zusammenhang aber auch ansprechen, dass ich das viel schwerwiegendere Problem in der teilweise mangelhaften schulischen Ausbildung vieler junger Menschen sehe. Deshalb ist es wichtig, dass wir über die Verfügbarkeit von genügend Krippenplätzen, eine bessere Stellung und Bezahlung von Erzieherinnen und Erziehern bis zum flächendeckenden Angebot von Ganztagsschulen für jedes Kind sowie geeignete differenzierende Unterstützung in der Schule - Stichwort: "um jedes Kind kämpfen" - die Schulbildung deutlich verbessern. Dazu gehört auch, dass jedes Kind die Möglichkeit einer mittleren Reife haben muss, das heißt im Klartext: Abschaffung des 3 gliedrigen Schulsystems. Erst wenn jedes Kind individuell gefördert werden kann und nicht in Förderschulen oder heute vielfach schon in Hauptschulen "abgeschoben" wird, können dann in der sich anschließenden Betrieblichen Ausbildung junge Menschen ausgebildet werden, die den Anforderungen in einer komplexen Arbeitswelt genügen. Dabei gilt auch, dass wir dem Trend des immer schneller, immer mehr entgegenwirken. Wir müssen den jungen Menschen Zeit zum eigenverantwortlichen Lernen geben, und dabei nicht nur das Fachwissen sondern auch Kenntnisse der Kultur und soziale Kompetenz im Blickfeld haben.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist, diese Bildungsanstrengungen zu finanzieren. Es ist wohlfeil, mehr Bildungsanstrengungen zu fordern und gleichzeitig Steuersenkungen vorzunehmen. Damit würde man dem Staat die finanzielle Basis entziehen, das Mehr an Bildung auch zu finanzieren. Die Grünen planen deshalb, den heutigen Solidaritätszuschlag für den Aufbau der Neuen Bundesländer in einen Solidaritätszuschlag zum Aufbau der Bildung umzuwandeln.
Mit den besten Grüßen
Dr. Thomas Gambke