Frage an Thomas Feist von Rainer M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
zu dem Thema TTIP/ TISA / CETA/ JEFTA
Sie schreiben die Befürchtungen seien "haltlos"
Wieviel Seiten der "Handelsvereinbarungen " haben Sie persönlich gelesen? Und warum, wenn doch so offen und fair, werden die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen und im geheimen verhandelt? Unter Ausschluss von Verbraucherschutz-Verbänden und Kommunen? Befürchtungen können nur dann "haltlos" sein, wenn die Vorgänge transparent sind und keine Hintertüren zum Nachteil der Bevölkerung offen stehen!
Sehr geehrter Herr M.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Rückfrage zu meiner Antwort auf Ihre Frage vom 09.08.2017 unter https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/dr-thomas-feist/question/2017-08-09/282951 .
Dort schrieb ich auch:
"Als Politiker und Kandidat der CDU liegt es in meinem Interesse, die aktuelle und die künftige Regierung mit der Aushandlung von Freihandelsabkommen zu beauftragen (und ihr Handeln dabei im Rahmen des parlamentarisch Möglichen zu kontrollieren), die diese Chancen nutzen und unsere hohen Standards international durchzusetzen helfen."
Die Bedenken gegen den Freihandel sind aus meiner Sicht auch weiterhin haltlos, da die Zusage, deutsche und europäische Standards durchzusetzen von vertrauenswürdigen Stellen zugesichert wurde. Vertrauen ist eine der Hauptwährungen im politischen Prozess und das Parlament fungiert diesbezüglich als „Währungshüter“. Wir kontrollieren die Arbeit unserer Regierung, der wir als Regierungsparteien mit dem Koalitionsvertrag einen Rahmenauftrag gegeben haben und die wir im Rahmen unserer parlamentarischen Arbeit detailliert beauftragen, die Anliegen des Parlaments aufzugreifen und umzusetzen sowie über die Umsetzung zu berichten. Verbunden mit dieser Beauftragung und Kontrolle ist auch das Mandat, im Auftrag des deutschen Volkes in internationalen oder supranationalen Institutionen und Organisationen im deutschen Interesse zu handeln und zu verhandeln. Bezogen auf die Europäische Union als supra-staatliches Gebilde mit eigenen Rechten ist auch eine sukzessive Übertragung von Verhandlungsvollmachten für bestimmte Politikbereiche mit einer solchen Mandatierung verbunden, wenn diese Bereiche vorrangig die europäische Ebene betreffen.
Ergo werden nationale Belange vorrangig unter Beteiligung des Deutschen Bundestages verhandelt, inter- und supranationale Belange eher unter Beteiligung von Vertretern oder Beauftragten der Bundesregierung, welche somit ebenfalls demokratisch legitimiert sind. Für diese Aushandlung von Freihandelsverträgen haben sich CDU und CSU bereits in ihrem Regierungsprogramm 2013-2017 stark gemacht:
„Grünes Licht für den größten Markt der Welt – Freier Handel zwischen EU und USA
Freier Handel stärkt den weltweiten Wohlstand. CDU und CSU lehnen Handelsbeschränkungen ab und wollen den internationalen Freihandel stärken – etwa durch Fortführung der sogenannten „Doha-Runde“, in der über eine weitere Öffnung der Märkte und stärkere Einbeziehung der Entwicklungsländer in den Welthandel verhandelt wird. Insbesondere aber wollen wir zwischen den beiden starken Wirtschaftsräumen EU und USA eine umfassende Partnerschaft für Handel erreichen. Eine nordatlantische Freihandelszone schafft den weltweit größten Wirtschaftsraum. Damit sorgt sie für Wachstum und Beschäftigung auf beiden Seiten des Atlantiks und verbessert für unsere Unternehmen den Zugang zum größten freien Markt der Welt. Wir werden dabei darauf achten, dass die Stärken unserer Unternehmen und Märkte erhalten bleiben.“
Die Aushandlung erfolgte also durch die Bundesregierung und unter Beteiligung deutscher Vertreter in der EU-Kommission, nicht im Deutschen Bundestag. Dass sich der öffentliche Protest gegen das Verfahren, befeuert von Gegnern der Globalisierung und unter offenbar vorhandenen Vorbehalten in Teilen der Gesellschaft gegen die USA in der bekannten Form äußern würde, wurde von EU-Kommission, Staaten und Wirtschaft unterschätzt. Daraufhin folgten dann aber eine beispiellose Informationskampagne und eine erhöhte Transparenz der Verhandlungen, in denen vorhandene Sorgen und Befürchtungen der Bevölkerung aufgegriffen wurden.
Daneben gab es seitens der Bundesregierung, insbesondere aus dem Haus des Bundeswirtschaftsministers aber auch seitens der Fraktionsspitzen von CDU/CSU und SPD die Garantie, dass deutsche und europäische Schutzstandards nicht unterlaufen werden würden. Und hier greift wieder das Vertrauensprinzip, das in einem arbeitsteiligen Parlament unhintergehbar ist, um alle anfallenden Probleme effizient lösen zu können. Nicht jeder Abgeordnete vertieft sich in alle Themenbereiche aber es ist grundlegend jeder Abgeordnete berechtigt, sich tiefergehend mit allen Themenbereichen auseinanderzusetzen und seine Position hierzu frei zu erklären, Auskunft zu verlangen und die erhaltenen Informationen zu nutzen, so lange er damit nicht gegen die wohlverstandenen Interessen der Bundesrepublik Deutschland verstößt.
Die Informationen zu CETA und TTIP sind zudem mittlerweile öffentlich einsehbar, auch wenn dies nicht immer der Fall war, um Verhandlungspositionen der einzelnen Staaten nicht zu gefährden.
Neben dem Angebot der Europäischen Kommission (zu TTIP: http://ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ttip/index_de.htm ; zu CETA: http://ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ceta/index_en.htm ) findet sich umfangreiches Material zu den Abkommen beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (http://www.bmwi.de/DE/Themen/Aussenwirtschaft/freihandelsabkommen.html ). Dort sind auch wissenschaftliche Gutachten zugänglich, die das BMWi bereits zu CETA in Auftrag gegeben hat. Angesichts häufiger öffentlicher Debatten und Expertenanhörungen im Bundestag (bspw. Aktuelle Stunde zu CETA am 6. Juli 2016: http://dipbt.bundestag.de/doc/btp/18/18182.pdf ) kann man schon bislang nicht von einer mangelnden Information der Öffentlichkeit oder fehlender Parlamentsbeteiligung sprechen.
Was die weitere Behandlung der Abkommen und die Beteiligung der Parlamente angeht gilt Folgendes: Das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada (CETA) ist ausverhandelt. Jüngst sind nun, nach Abschluss der sog. Rechtsförmlichkeitsprüfung die Abkommenstexte in alle EU-Amtssprachen übersetzt und veröffentlicht worden (deutscher Text hier: http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/C-D/ceta-vorschlag-fuer-einen-beschluss-ueber-die-unterzeichnung-des-wirtschafts-und-handelsabkommens-zwischen-kanada-und-der-eu,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf ). Die Kommission hat parallel am 5. Juli 2016 Vorschläge für Beschlüsse des Rates der EU vorgelegt, betreffend die Unterzeichnung, den Abschluss und die vorläufige Anwendbarkeit des CETA-Abkommens (unter: http://trade.ec.europa.eu/doclib/press/index.cfm?id=1524 , Verlinkung zu Seiten in deutscher Sprache am Ende). Entsprechend der Rechtsauffassung aller Mitgliedstaaten hat sich die Kommission dafür entschieden, CETA nicht als reines EU-Abkommen („EU-only“), sondern als sog. gemischtes Abkommen einzustufen, weil es auch Bereiche betrifft, die in die Kompetenz der Mitgliedstaaten fallen. Mit dieser Entscheidung ist damit auch klar, dass das Abkommen auf jeden Fall nicht nur auf EU-Ebene beschlossen, sondern zusätzlich auch von allen Mitgliedstaaten ratifiziert werden muss. Das sichert in Deutschland die Beteiligung des Deutschen Bundestages.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Thomas Feist