Frage an Thomas Feist von Bianka A.
Sehr geehrter Herr Dr. Feist
ich wende mich an Sie als Bundestagabgeordneten, weil ich sonst als Leipziger Bürgerin keinen anderen Weg sehe, um die Durchsetzung des Asylpakets II aufzuhalten bzw. zu beeinflussen. Daher bitte ich Sie als eine Repräsentantin: Bitte stimmen Sie im Bundestag nicht für das Asylpaket II. Ich arbeite selbst mit Geflüchteten - auch hauptberuflich - und kann mir nicht vorstellen, wie ich zum Beispiel unseren minderjährigen Geflüchteten erklären sollte, warum sie evt. zwei Jahre warten müssen, bis sie ihre Familien nachholen dürfen. Mir fiele keine Erklärung ein, die den betroffenen Jungs - oder mir - die Aussetzung des Familiennachzugs plausibel machen würde. Ähnlich ist es meiner Einsicht nach mit der Einrichtung von Aufnahmezentren für Migrierte aus "sicheren" Herkunftsländern: Hierbei würden Menschengruppen aufgrund eines völlig willkürlichen Kriteriums klassifiziert und abgewertet. Wie will die deutsche Bundesregierung ein derart diskriminierendes Verhalten rechtfertigen? Einen Menschen aufgrund seiner nationalen Herkunft, uneingedenk individueller Verfolgungssituationen oder Perspektivlosigkeit, zu markieren und abzuschieben, kann nicht im Sinne christlicher Nächstenliebe oder Mildtätigkeit sein. Ich appelliere daher erneut an Sie: Bitte stimmen Sie mit "nein". Über eine Rückmeldung Ihrerseits freue ich mich selbstverständlich.
Mit freundlichsten Grüßen
Sehr geehrte Frau Alschner,
haben Sie vielen Dank, dass Sie sich zur Frage der Aufnahme von Geflüchteten hier an mich wenden.
Erlauben Sie mir, Ihre Frage schon mit Ihrem letzten Argument zu beantworten: Gerade unsere christliche Nächstenliebe oder Mildtätigkeit gebietet es uns, denen zu helfen, die tatsächlich und akut des Schutzes bedürfen. Und zwar nicht des Schutzes der Bundesrepublik, sondern des Schutzes der Europäischen Gemeinschaft und ihrer assoziierten Partner.
Es geht darum, die Menschen, die Ihre Heimat wegen des Bürgerkrieges verlassen mussten, vor der Lebensgefahr zu retten, nicht, sie alle in Deutschland unterzubringen; denn ja, es besteht als Flüchtling oder Asylsuchender ein jeweils bestimmtes Recht auf Schutz, aber es besteht kein Anspruch auf Schutz oder Asyl in einem bestimmten Land. Als Regierungspartei versuchen wir alles Mögliche, um unsere europäischen Partner dazu zu bewegen, ihre Haltung zur Aufnahme von Geflüchteten zu überdenken und die derzeitige Last mit uns gemeinsam zu schultern. Dies funktioniert nur, wenn wir klaren Regeln folgen. Dazu gehört auch, den Ankommenden nach verschiedenen Kriterien verschiedene Maßnahmen angedeihen zu lassen, dazu gehört aber auch, nach außen klar zu kommunizieren, dass die erfolgreiche Flucht eines Familienmitgliedes nicht automatisch den Nachzug der Familie mit sich bringt. Solche Anreize locken noch mehr Leute in den Tod auf unsicheren Fluchtrouten und in lebensgefährlichen Schlepperbooten.
Es muss uns darum gehen, den Menschen in ihren Herkunftsregionen bessere Lebensmöglichkeiten zu eröffnen. Die Staaten Algerien, Marokko und Tunesien (wie auch andere Staaten, die bereits - teils auf eigenen Wunsch - als sichere Herkunftsstaaten deklariert wurden) sollen nicht aufgrund europäischer Verlockungen ihrer jungen Generation beraubt, sondern vielmehr mit europäischer Hilfe ertüchtigt werden, ihren jungen Bürgerinnen und Bürgern selbst eine Perspektive zu bieten. Der Anerkennung als Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention oder als subsidiär Schutzberechtigter nach dem Asylgesetz tut dies keinen Abbruch.
Für ein persönliches Gespräch auch über Ihre Aktivitäten in Leipzig nehme ich mir gern Zeit. Falls Sie Interesse daran haben sollten, wenden Sie sich bitte an eines meiner Leipziger Wahlkreisbüros, deren Kontaktdaten Sie unten stehend finden.
Mit herzlichen Grüßen
Dr. Thomas Feist