Frage an Thomas Feist von Tobias H.
Sehr geehrter Herr Dr. Feist,
mit Bedauern haben ich und mein privates und berufliches Umfeld festgestellt, dass Sie und andere Abgeordnete sich eine Diätenerhöhung beschlossen haben. Ich kann verstehen, dass man für sich und seine Familie immer die besten Verdienstmöglichkeiten sucht. Demnach verstehe ich auch, dass Sie nicht der Versuchung widerstehen konnten und sich selbst mit Ihren Rechten als Abgeordneter insgesamt eine Diätenerhöhung von prognostizierten 5,2 Millionen Euro allein für die nächsten zwei Jahre zugesagt haben. Lohnerhöhungen können sich die über 40 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland nicht selber zusprechen. In der Regel werden Erhöhungen als Inflationsausgleich durch Arbeitgeber gewährt oder für überdurchschnittliche Arbeitsleistungen ausgesprochen, jedoch nur wenn solche Erhöhungen auch für die Unternehmen wirtschaftlich vertretbar sind. Ihre beschlossene Erhöhung liegt über den Inflationsraten der letzten Jahre. Folgende Fragen habe ich an Sie.
1)Welche speziellen zusätzlichen Aufgaben werden Sie persönlich im Gegensatz zu Ihren vorherigen Bundestagsmandaten übernehmen, die eine Erhöhung Ihrer Diät rechtfertigen können?
2)Haben Sie keine Bedenken, dass durch diesen Beschluss die Nichtwähler in diesem Land weiter an Zulauf gewinnen könnten?
3)Inwieweit sind generell Ausgabenerhöhungen für Sie vertretbar, wenn gleichzeitig der Schuldenstand der Bundesrepublik einen neuen Höchststand in Ihrer Legislaturperiode erreicht hat und dieser von den nächsten Generationen abgebaut werden muss?
Weiterhin argumentieren die Befürworter dieses Gesetzes, dass die Koalition nur den Empfehlungen einer unabhängigen Kommission zur Überprüfung des Abgeordnetenrechts gefolgt ist.
4)Wer waren die Mitglieder dieser Kommission?
5)Wie war sichergestellt, dass die Unabhängigkeit der Kommissionsmitglieder gewährleistet war?
Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie jeweils direkt unter den einzelnen Fragen Stellung nehmen würden.
Viele Grüße & vielen Dank
Tobias Horn
Sehr geehrter Herr Horn,
ich bitte Sie, zur Kenntnis zu nehmen, dass meine Motivation zur Kandidatur zum Deutschen Bundestag im Jahr 2009 in keiner Weise durch die damit verbundenen finanziellen Vergütungen geprägt war. Dies gilt auch für meine Kollegen im Deutschen Bundestag, soweit ich dies beurteilen kann.
Der im letzten Jahr erfolgte Beschluss zur Anpassung der Bezüge von Bundestagsabgeordneten wurde getroffen, nachdem die gesetzlich geregelte Anhebung auf das Niveau von Richtern an obersten Gerichtshöfen 19 Jahre lang nicht umgesetzt wurde.
Natürlich trifft die Regelung, dass Parlamente immer über die Vergütung ihrer Mitglieder abstimmen müssen, regelmäßig auf Missfallen und Unverständnis, jedoch ist eine gesetzliche Regelung nötig und diese kann nun einmal nur durch den jeweiligen Gesetzgeber erfolgen. Glauben Sie mir, dass auch wir im Bundestag uns die Entscheidung hierzu nicht leicht gemacht haben. Glauben Sie mir bitte darüber hinaus, dass die Arbeitszeiten von Parlamentariern im Durchschnitt weit über der wöchentlichen Durchschnittsstundenzahl in Deutschland liegt und auch vor nächtlicher Zeit und Wochenenden keinen Halt macht. Damit stehen wir im Vergleich mit vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in unserem Land sicher nicht allein da, doch orientiert sich die Vergütung für Abgeordnete nicht allein an der Anzahl der geleisteten Stunden, sondern zielt darauf ab, wirtschaftliche Unabhängigkeit und somit eine Unbestechlichkeit und Unabhängigkeit in der politischen Entscheidungsfindung zu gewährleisten.
Um nun zu Ihren Fragen zu kommen:
1) Welche speziellen zusätzlichen Aufgaben werden Sie persönlich im Gegensatz zu Ihren vorherigen Bundestagsmandaten übernehmen, die eine Erhöhung Ihrer Diät rechtfertigen können?
Ich denke, dass eine Arbeitszeit von durchschnittlich 14 Stunden am Tag, die Mitgliedschaft im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung und der zugehörigen Fraktionsarbeitsgruppe, das Sprecheramt meiner Fraktion im Unterausschuss für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik (welches in dieser Legislaturperiode neu hinzugekommen ist), die stellvertretende Mitgliedschaft im Auswärtigen Ausschuss, die stellvertretende Mitgliedschaft in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und dort speziell im Ausschuss für Kultur, Wissenschaft, Bildung und Medien, die Mitgliedschaft im Parlamentarischen Forum Mittel- und Osteuropa e.V. sowie das ehrenamtliche Engagement als Landesvorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises der CDU Sachsen, als Vorsitzender der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU/CSU, Kreisverband Leipzig, als Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Leipzig e.V., , als Vorsitzender des Regionalausschusses "Jugend Musiziert" Leipzig und die ehrenamtliche Tätigkeit in etlichen anderen Vereinen und Projekten sicher noch Platz lassen für weitere Aufgaben.
2) Haben Sie keine Bedenken, dass durch diesen Beschluss die Nichtwähler in diesem Land weiter an Zulauf gewinnen könnten?
Die Zahl der Nichtwähler in Deutschland ist in der Tat erschreckend hoch. Hier gilt es vor allem mit guten politischen Inhalten und neuen Möglichkeiten zur Beteiligung im (partei-)politischen Entscheidungsprozess Enttäuschte wieder einzubinden. Politik geht uns alle an und wir alle können etwas daran ändern und mitwirken. Das muss das Motto sein. Die Vergütung von Abgeordneten sehe ich nicht als den Auslöser für Politikverdrossenheit.
3) Inwieweit sind generell Ausgabenerhöhungen für Sie vertretbar, wenn gleichzeitig der Schuldenstand der Bundesrepublik einen neuen Höchststand in Ihrer Legislaturperiode erreicht hat und dieser von den nächsten Generationen abgebaut werden muss?
Die Politik der Großen Koalition unter Führung der CDU hat 2014 erstmals seit 40 Jahren einen ausgeglichenen Bundeshaushalt präsentieren können und das bei steigenden Ausgaben, gerade in den Bereichen Bildung und Soziales. Unter der Ägide solider Haushaltsführung geht es uns darum, Schulden abzubauen - die gesetzlich festgelegte Schuldenbremse ist hierfür der stärkste Ausdruck. Von einer fortwährend stärkeren Belastung der nächsten Generationen kann also keine Rede sein.
4) Wer waren die Mitglieder dieser Kommission?
Die Mitglieder der sogenannten Schmidt-Jortzig-Kommission finden Sie unter https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2013/43497897_kw12_unabhaengige_kommission/211626 . Im Einzelnen waren es:
Prof. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Vorsitzender, Bundesjustizminister a.D.
Dr. Wolfgang Schultze, stellvertretender Vorsitzender, ehemaliger stellvertretender Vorsitzender der IG Chemie-Papier-Keramik, ehemaliger niedersächsischer Landtagsabgeordneter
Prof. Dr. Brun-Otto Bryde, Bundesverfassungsrichter a.D.
Rainer Funke, Rechtsanwalt, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesjustizministerium a.D.
Martina Neise, Daimler AG
Prof. Dr. Stefanie Schmahl, L.L.M. (E), Universität Würzburg
Prof. Dr. Suzanne S. Schüttemeyer, Universität Halle-Wittenberg
Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks
Carl-Dieter Spranger, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung a.D
Prof. Dr. Felix Welti, Universität Kassel
Prof. Dr. Wolfgang Zeh, Direktor beim Deutschen Bundestag a.D.
5) Wie war sichergestellt, dass die Unabhängigkeit der Kommissionsmitglieder gewährleistet war?
Die Unabhängigkeit der Kommission wurde dadurch gewährleistet, dass die Sachverständigen nicht zugleich Angehörige eines Parlamentes sein durften und jede Fraktion im Deutschen Bundestag Sachverständige vorschlagen konnte, um eine Überparteilichkeit sicherzustellen.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Dr. Thomas Feist
Mitglied des Deutschen Bundestages