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Thomas Feist
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Frage von Rene U. •

Frage an Thomas Feist von Rene U. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Dr. Feist,

Wie ich in meinen Fragen vor der Bundestagswahl habe durchblicken lassen, sehe ich unser heutiges Geldsystem mit einem "kapitalen" Fehler (Zinseszins) behaftet, welcher dazu führt, dass die Verschuldung immer mehr steigt und ein Ausstieg aus den Schulden nur über eine Entschuldung (= Vermögensreduktion) oder
hoher Inflation möglich ist.
Leider geht diese ja meist zu Lasten der kleinen Leute, wo hingegen die 10% der Reichsten an diesen Schulden (=Zinsen) kräftig verdient haben.

In der FAZ steht nun ein Artikel, welcher die Idee des IWF über eine Vermögensabgabe wiedergibt.
Diese unterstreicht meine Sicht des Geldsystems und dem zwangsweisen Anstieg der Schulden und dem damit drohenden Kollaps, welcher nun verhindert werden soll, aber wohl nur verzögert wird.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/hohe-staatsschulden-iwf-denkt-ueber-vermoegensabgabe-nach-12647951.html

Nachdem sich die Bundesregierung dafür eingesetzt hat, dass wir Bürger für die Schulden der EU-Mitgliedsstaaten bürgen (ESM, Fiskalpakt), frage ich Sie, wann sie sich dafür einzusetzt, dass diese Vermögensabgabe nicht die Menschen unter 1 Million Euro Vermögen betrifft, da diese vom aktuellen Schuldgeldsystem nicht profitieren und ohnehin über die Zeit ständig die Schulden der anderen mitfinanzieren?

Wo sehen Sie Deutschland in 10, 20 Jahren?
Bekommen wir eine Phase der hohen Inflation oder gar eine Währungsreform nach dem Modell 1948?
Warum werden diese Themen nicht im Bundestag thematisiert, anstatt mit Scheindebatten über Mindestlohn und Hartz4-Erhöhungen von den eigentlichen Problemen der Zukunft abzulenken?
Eine Hyperinflation würde jeden Mindestlohn in den Schatten stellen.

Mit freundlichen Grüßen

René Urbanski

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Urbanski,

vielen Dank für Ihre erneute Anfrage an mich über Abgeordnetenwatch.de.

Mit Interesse habe ich den von Ihnen verlinkten Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 04. November 2013 gelesen, auf dessen Inhalt es mittlerweile jedoch bereits eine Replik des Internationalen Währungsfonds gibt. In dieser Replik verweist der IWF darauf, dass die in seinem Bericht vorkommenden Hinweise auf die Möglichkeit einer umfassenden Vermögensabgabe mitnichten eine Handlungsempfehlung sein sollte, sondern lediglich ein theoretisches Denkspiel. (Siehe: http://www.imf.org/external/np/sec/pr/2013/pr13427.htm )

Eine Vermögensabgabe im Sinne einer Zwangsabgabe, wie sie aus dem IWF-Bericht geschlussfolgert wurde und in der deutschen Medienlandschaft in Folge des 04. November 2013 ihren Widerhall gefunden hat, steht den politischen Zielen der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag diametral entgegen. Ihre Frage, wann sich die Bundesregierung dafür einsetzt, die Bürger mit einem Vermögen von unter einer Million Euro vor einer solchen Abgabe zu schützen, ist damit obsolet. Bereits während der letzten Legislaturperiode und im Wahlkampf hat sich die CDU durchweg und generell gegen eine solche Abgabe ausgesprochen, da sie für die Bürger unseres Landes überwiegend nachteilige Auswirkungen hätte.

Die Debatte um höhere Abgaben für Vermögende oder um eine sogenannte Reichensteuer lässt regelmäßig außer Acht, dass entsprechende Regelungen vor allem Mittelständler treffen würde. Dem Handwerk beispielsweise würde eine Vermögensabgabe dringend benötigte Liquidität entziehen. Die meisten Handwerksbetriebe sind Personengesellschaften, deren Gewinn nicht mit Kapitalertragsteuer, sondern mit der Einkommensteuer belegt wird. Der Betrieb ist zudem Teil des Privatvermögens und kann steuerlich nicht problemlos vom Betriebsvermögen getrennt werden. Schließlich gehören zum Vermögen auch Haus- und Grundbesitz und damit auch Firmengebäude und Werkstätten. Dieses Vermögen darf aber bei Steuern oder Abgaben nicht anders als etwa Bar- oder Aktienvermögen behandelt werden. Eine Unterscheidung hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zur Vermögensteuer ausdrücklich als verfassungswidrig untersagt und diese Haltung auch in seinem späteren Urteil zur Erbschaftsteuer bekräftigt. Die Einführung einer Vermögensabgabe würde hier zum massiven Verlust von Arbeitsplätzen führen. Darüber hinaus würde eine Vermögensabgabe aufgrund der unmöglichen Heraustrennung von Immobilienvermögen aus dem Rest des Vermögens auch auf die Mieten durchschlagen, womit von einer vorgeblich nur von „Reichen“ erhobenen Abgabe vor allem Haushalte betroffen wären, die über kleinere Einkommen und Vermögen verfügen, wie etwa Rentner oder Studenten.

Sie sehen, eine Vermögensabgabe kommt nicht in Frage und wird unter einer CDU-geführten Bundesregierung weder Menschen mit einem vermögen unter noch über einer Million Euro treffen.

Ihre Frage, wo ich Deutschland in 10 oder 20 Jahren sehe, ist - wie jede die Zukunft betreffende Frage - rein spekulativer Natur. Ich könnte Ihnen hieraus antworten, dass ich Deutschland in 10 bis 20 Jahren als weiterhin führende Industrienation in Europa und der Welt sehe, in der soziale Spannungen und ökonomische wie ökologische Probleme der Vergangenheit angehören. Damit würde ich zwar eine Utopie zeichnen, doch sind Utopien nicht das Leitbild politischen Handelns. Dagegen müssen wir vielmehr von den realen Bedingungen in unserer Bundesrepublik ausgehen und tragfähige Lösungsstrategien aktueller und künftiger Probleme mit Nachdruck anpacken.

Daher möchte ich Ihnen aus meiner Perspektive sagen, dass ich mich im Bereich der Bildungspolitik, welche maßgeblich die Zukunft unserer Gesellschaft beeinflusst, weiter dafür einsetzen werde, dass unsere Kinder – egal aus welcher sozialen Position heraus – die besten Bedingungen zur Ausbildung einer vielseitig gebildeten Persönlichkeit erhalten können. In diesem Kontext steht die Verbindung praktischer und sozialer Kompetenzen, die Vermittlung kultureller und naturwissenschaftlicher Fähigkeiten ganz oben auf der Agenda. Jedes Kind hat die Chance verdient, sein Potenzial vollumfänglich umzusetzen. In der künftigen Deutschen Gesellschaft ist das ein anerkannter Fakt, Eltern, Bildungseinrichtungen, Wirtschaft und Politik wirken zusammen, um jeden zu seinem eigenen Wohl und dem Wohl aller mitzunehmen. Diese Förderung steht in engem Zusammenhang mit einer verstärkten Internationalisierung der Bildung und Ausbildung, junge Menschen aus ganz Europa lernen länderübergreifend Berufe in einem dualen Ausbildungssystem oder studieren in europäischen Studiengängen. Das eröffnet Chancen für alle, ortsunabhängig ihrem Berufswunsch zu folgen und steigert die europäische Mobilität. Negative Effekte auf dem Ausbildungs- und Studiensektor werden damit vermieden und die Wertschöpfung erhöht sich. Grundlage des Ganzen ist natürlich eine stetige Vertiefung der europäischen Integration, die Europa auch weltweit zu einem wichtigen Verhandlungspartner macht.

Die Preisstabilität wird auch in Zukunft zentrales Anliegen der Geldpolitik der Bundesbank bleiben, einen wirksamen Schutz vor hohen Inflationsraten zu garantieren, die vor allem Sparer treffen würden, bleibt ständige Aufgabe der Bundesbank, auch in Ihrer Einbindung in die Strukturen der Europäischen Zentralbank. Eine Währungsreform wie im Jahr 1948 wird es nicht geben.

Fiskalpolitische Debatten dieser Art, die sich mit der Zukunft der Währungsunion und den damit verbundenen Anliegen der Menschen in Deutschland befassen, sind in den vergangenen Jahren allenthalben im Deutschen Bundestag geführt worden. Der Gesetzgeber hat sich nahezu wöchentlich mit Entscheidungen zur Sicherung der Stabilität unserer Europäischen Währung befasst und dazu beigetragen, die Risiken, welche auf den weltweiten Kapitalmärkten oder durch Fehlleistungen einiger Euro-Mitgliedstaaten entstanden, abzufedern. Ihre Ansicht, dass finanzpolitische Problematiken hinter anderen „Scheindebatten“ zurückstehen würden, möchte ich jedoch explizit nicht teilen. Alle im Plenum behandelten Themen, etwa die Anpassung von Leistungen nach SGB II oder die Frage der angemessenen Entlohnung von Arbeitnehmern haben ihre Berechtigung und ihre Wichtigkeit.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Thomas Feist
Mitglied des Deutschen Bundestages