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Thomas Feist
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Frage von Martin H. •

Frage an Thomas Feist von Martin H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Feist,

mein Arbeitgeber, die Max-Planck-Gesellschaft, hat im letzten "Schutzbrief IT-Sicherheit" ausdrücklich vor der Überwachung sensibler wissenschaftlicher Daten durch die NSA gewarnt.

Es ist also klar, dass die US-Regierung eine Bedrohung für meine Forschungsfreiheit darstellt, und natürlich damit auch eine Bedrohung für Freiheit und Demokratie in unserem Land.

Meine Fragen an Sie:
- Was sollte die Bundesregierung gegen diese Bedrohung tun?
- Warum muss man sich eine solche Freiheitseinschränkung von einem Verbündeten gefallen lassen, mit dem man ursprünglich gerade deshalb verbündet war, um die Freiheit zu gewährleisten?
- Was spricht dagegen, von den USA zu verlangen, rechtsverbindlich (also in einem völkerrechtlich bindenden Vertrag) zu erklären, dass nicht nur US-Bürger, sondern auch Bürger verbündeter Länder nicht ausspioniert werden?
- Was spricht dagegen, die weitere Zusammenarbeit im Rahmen des NATO-Bündnisses (z.B. Nutzung von Militäranlagen auf deutschem Gebiet, etwa auch des Leipziger Flughafens) an eine solche Erklärung zu binden?

Bisher habe ich keine Antworten auf diese Fragen von maßgeblichen deutschen Politikern gehört. Das beunruhigt mich sehr, und ich frage mich, ob nur die Opposition die wirklich wichtigen Sicherheitsinteressen der deutschen Bevölkerung im Blick hat.

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr
Prof. Dr. Martin Haspelmath (Leipzig)

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Professor Haspelmath,

haben Sie vielen Dank für Ihre Zuschrift und den darüber hinausgehenden Mailverkehr zu Ihren Fragen zur Sicherheit von Daten vor Ausspähung durch ausländische Sicherheitsbehörden.
Darin verweisen Sie auf den IT-Schutzbrief 3/2013 der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), in dem vor allem vor Datenspionage von Seiten der amerikanischen Sicherheitsbehörde NSA gewarnt und empfohlen wird, Forschungsdaten generell zu verschlüsseln oder in institutseigenen Clouds zu speichern.

Mit Bezug auf den IT-Schutzbrief 2/2012 der MPG muss diese auf die Einreise in die USA und die Nutzung US-amerikanischer Internetdienstleister zugeschnittene Warnung jedoch erweitert werden. Wie dort beschrieben, behalten sich etliche Staaten weltweit das Recht vor, eingeführte Datenträger zu untersuchen, zu beschlagnahmen und/oder darauf gespeicherte Daten zu kopieren, was besonders bei Forschungsdaten hohes Schadenspotenzial birgt. Beispiele, die die MPG selbst anführt sind Russland, China, Israel, Indien und Australien.

Daher muss sich das Verlangen nach einem adäquaten Schutz persönlicher Daten nicht vornehmlich nur an die Vereinigten Staaten richten, sondern darüber hinaus in internationalen Dimensionen gedacht werden. Natürlich bilden die USA aufgrund der aktuellen Enthüllungen durch den Ex-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden und die systematische Erfassung von Daten auch aus partnerschaftlich verbundenen Ländern einen Ausnahmefall. Sollten sich die Hinweise verdichten, dass sich die bisherigen öffentlichen Versicherungen der amerikanischen Regierung zur Ausspähung persönlicher Daten als Unwahrheit entpuppen, ist dies nicht hinzunehmen und ein herber Schlag für unser gewachsenes transatlantisches Bündnis. Auch als Parlamentarier verlangen wir hier eine umfassende und schnelle Aufklärung von Seiten der USA - sowohl was die Vorwürfe bezüglich der Überwachung unserer Regierung angeht, vor allem aber auch, was die Überwachung der deutschen Bevölkerung angeht. In Deutschland muss daher deutsches Recht und müssen die im internationalen Vergleich sehr strengen Regelungen zum Datenschutz eingehalten werden, egal ob von Bürgern des eigenen oder Mitarbeitern fremder Länder.

Wie ich bereits in meiner Antwort auf eine ähnlich gelagerte Frage am 30. August 2013 geäußert habe, werde ich mich im Einklang mit meiner Fraktion dafür einsetzen, dass Fragen des Datenschutzes auch in den Verhandlungen über eine Freihandelszone der Europäischen Union und den USA eine Rolle spielen. Darüber hinaus setzt sich die Fraktion aus CDU und CSU dafür ein, dass der Schutz der Privatsphäre auch international einen höheren Stellenwert erhält. Die unionsgeführte Bundesregierung strebt dazu auf internationaler Ebene Verhandlungen über ein Zusatzprotokoll zu Artikel 17 zum Internationalen Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte der Vereinten Nationen an. Dieses Zusatzprotokoll soll den Schutz der Privatsphäre zum Gegenstand haben und auch die Tätigkeit der Nachrichtendienste umfassen. Die Bundesregierung arbeitet hier auf eine gemeinsame Position der EU-Staaten hin.

Auf europäischer Ebene treibt die unionsgeführte Bundesregierung die Arbeiten an der Datenschutzgrundverordnung entschieden voran. Wir wollen, dass in die Verordnung eine Auskunftspflicht der Firmen für den Fall aufgenommen wird, dass Daten an Drittstaaten weitergegeben werden.

Auf nationaler Ebene wird ein runder Tisch "Sicherheitstechnik im IT-Bereich" eingesetzt, dem Politik, Forschungseinrichtungen und Unternehmen angehören. Die Politik wird dabei durch die Expertise des Bundesamtes für die Sicherheit in der Informationstechnik unterstützt.

Die weiteren Schritte in der partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit den USA bleiben vorerst noch im Unklaren, jedoch muss hier von deutscher Seite angemessenes Druckpotenzial aufgebaut werden. Welche detaillierten Punkte der deutsch-amerikanischen Kooperation davon betroffen sind, ist noch nicht abzusehen, im Raum steht derzeit das Freihandelsabkommen und das SWIFT-Abkommen über den Austausch von Bankdaten. Dass die Kooperation im Rahmen der NATO von den derzeitigen Vorgängen betroffen sein könnte, wäre weder aus amerikanischer noch aus deutscher Sicht sinnvoll. Ziel muss nicht der Abriss der in langen Jahren vertrauensvoller Zusammenarbeit gebauten diplomatischen Brücken sein, sondern eine Erneuerung und Reparatur ihres Fundaments - dem gegenseitigen Vertrauen der Regierungen und der Vertragstreue aller ihnen angeschlossenen Institutionen.

Als Parlamentarier ist es unsere Aufgabe, dem deutschen Volk zu dienen und im Interesse der ausgeglichenen Wahrung Ihrer Freiheits- und Sicherheitsrechte zu entscheiden. Dabei muss auch in einer immer vernetzteren Welt darauf geachtet werden, dass die Seite der Freiheit nicht hinter den Belangen der Sicherheit zurücksteht. Unterschiedliche internationale Auffassungen über die Wertigkeit verschiedener Grundrechte dürfen wir nicht zum Anlass für eine unhinterfragte Relativierung nehmen, sondern müssen und werden auch in Zukunft an unseren hohen Anforderungen an den Begriff der Freiheit festhalten.

Dass wir für einen aufgeklärten und sicheren Umgang mit Daten einstehen, wurde bereits vor der Wahl im Wahlprogramm der CDU deutlich gemacht. Dort heißt es: "Wir werden uns deshalb dafür einsetzen, dass die Überarbeitung des Europäischen Datenschutzrechts diese aktuelle Entwicklung berücksichtigt. Wenn Software, Speicher und Rechenkapazitäten im Rahmen des sogenannten Cloud Computing über das Internet abgerufen werden, müssen auf die damit verbundenen Fragestellungen Antworten gefunden werden. Wir wollen Deutschland zu einem attraktiven Datenstandort entwickeln, an dem gezielt die Nutzung von Daten gefördert wird und der gleichzeitig die Interessen der Nutzer am Schutz ihrer Daten sicherstellt. Die von uns gegründete Stiftung Datenschutz soll dabei einen wichtigen Beitrag zur Information der Bürger über den Umgang mit Daten leisten." An diesen Zielen werden wir uns messen und das Thema Datensicherheit auch in Zukunft als wichtiges Thema behandeln.

Bei allen staatlichen Maßnahmen zum Schutz der Bürger und Ihrer Daten müssen diese jedoch auch eigenverantwortlich unterscheiden zwischen Kommunikation, die ihnen wichtig und besonders schützenswert ist, und jener herkömmlichen Versendung von Daten im Internet, welche leicht ausgelesen werden kann.
Der Staat kann dem Bürger beim Surfen, Chatten, Mailen oder Posten seine Eigenverantwortung nicht abnehmen. Was er hingegen tun kann und wird ist, sich um einen belastbaren und auch international gültigen Rechtsrahmen zu bemühen, um Bürger, Unternehmen und die eigenen Institutionen besser schützen zu können.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Thomas Feist