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Thomas Feist
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Frage von Rene U. •

Frage an Thomas Feist von Rene U. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Feist,

Unser Geldsystem mit dem darin enthaltenen exponentiell ansteigenden Umverteilungsmechanismus (Zinseszins) von Arm nach Reich führt uns in einen erneuten Crash unserer Währung, wie es aller 3 Generationen der Fall ist.
Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass wir den Geldeliten (=Macht, da Geldgeber der Staaten) weiterhin parlamentsgestützt Rettungspaket nach Rettungspaket hinterherschieben.

Wie kann es sein, dass unsere Volksvertreter unser (Steuer-)Geld den Gläubiger-Banken (und z.B. nicht den Bürgern Griechenlands) in den Rachen wirft? Geld, was sie sich selber bei den Banken erst leihen mussten, um diese damit zu retten? Somit erhöhen sich die Schulden der Bundesbürger, um Banken zu retten, die sicher selber oder durch Berater von Goldman Sachs wie im Falle Griechenlands in diese Lage gebracht wurden. Und viele hochrangige EU Politiker haben eine Goldman Sachs-Vergangenheit.

Wie kann es sein, dass eine Exportnation wie Deutschland es zulässt, dass die Exportwaren über s.g. Target2-Konten der Bundesbank bezahlt werden, welche nichts anders als Verbindlichkeiten der Import-Länder darstellt, welche realistisch betrachtet nie beglichen werden können? Dadurch haftet der deutsche Steuerzahler für den exportierten BMW, welcher z.B. in Leipzig hergestellt wurde, aber wohl nie bezahlt wird.
Quelle: Interview mit Prof. Sinn

Meine persönliche Meinung:
Ich fürchte wir sind alle Frösche im Wasserglas deren Temperatur immer höher steigt und wir unsere Freiheit, die wir meinten 1989 besonders hier in Leipzig erkämpft zu haben, langsam aber stetig wieder verlieren.
Und Deutschland leistet weiterhin (Reparations)zahlungen an andere Länder, auch wenn diese anders genannt werden.

Was halten Sie von einem alternativen Geldsystem wie dem fließenden Geld, damit das auf unendlichem Wachstum ausgerichtete momentane Schuldgeldsystem abgelöst werden kann?

Was ist Ihr Standpunkt zu diesen Themen?

beste Grüße
Rene Urbanski

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Urbanski,

vielen Dank für Ihre erneute Frage über abgeordnetenwatch.de. Gerne antworte ich Ihnen.

Zunächst teile ich Ihre Meinung ausdrücklich nicht, dass das politische Handeln von „Geldeliten“ – wie Sie es nennen – bestimmt wird. Ich „nicke nichts einfach nur“ ab oder „schiebe irgendjemanden irgendetwas hinterher“. Als direkt gewählter Leipziger Bundestagsabgeordneter habe ich mir und - da bin ich mir sehr sicher – auch alle meine Kollegen im Deutschen Bundestag keine einzige Entscheidung zu Hilfspaketen oder Rettungsschirmen leicht gemacht und haben stets das Wohl der Bundesrepublik im Zentrum unserer Überlegungen gestellt. Als Steuerzahler trage ich genauso ein Risiko wie jeder andere Bürger auch.

Und ich werde auch nicht müde zu betonen, warum es gerade für Deutschland als Exportnation so wichtig ist, für einen stabilen Euro einzutreten. Eine Studie der Prognos AG im Auftrag der Bertelsmann Stiftung hat mit volkswirtschaftlichen Berechnungen die Folgen eines Griechenlandaustrittes untersucht: „Ein Austritt Griechenlands aus dem Euro trägt das Risiko eines europäischen und sogar internationalen Flächenbrandes und könnte eine weltweite Wirtschaftskrise zur Folge haben. Zu den Betroffenen würden nicht nur die Südeuropäer oder die Mitglieder der EU, sondern auch die USA, China und andere Schwellenländer gehören.[…] Deutschland müsste auf 1,7 Billionen Euro verzichten und insgesamt 455 Mrd. Euro Forderungen abschreiben. Hier wären die wirtschaftlichen Einbußen in Deutschland mit mehr als 21.000 Euro pro Kopf teilweise noch höher als in den Ausstiegsländern, Griechenland mit mehr als 15.000 Euro, Portugal und Italien mit fast 17.000 Euro sowie Spanien mit 20.500 Euro. Die Bevölkerung wäre in der Folge auch durch ansteigende Arbeitslosigkeit betroffen: So würde allein in Deutschland die Zahl der Arbeitslosen bis zum Jahre 2015 um mehr als eine Million ansteigen.“ In Ihrem Fazit kommen die Autoren zu dem Schluss: „Ein zunächst isolierter Austritt Griechenlands und sein Staatsbankrott wären zwar ökonomisch verkraftbar, könnten aber mit ihren schwer kalkulierbaren Folgen die Weltwirtschaft in eine tiefe Rezession stürzen, die auch vor außereuropäischen Volkswirtschaften keinen Halt machen würde. Neben den rein ökonomischen Konsequenzen ist auch mit erheblichen sozialen Spannungen und politischen Instabilitäten zu rechnen – vor allem in den Ländern, die aus dem Euro ausscheiden, aber auch in anderen Volkswirtschaften. Die Gefahr eines Flächenbrandes mit seinen wirtschaftlichen Konsequenzen und seinen politischen wie sozialen Folgewirkungen eines griechischen Staatsbankrotts und Austrittes aus dem Euro sind so bedrohlich, dass die internationale Staatengemeinschaft – auch außerhalb Europas – beides verhindern sollte.“ http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/bst/hs.xsl/nachrichten_113793.htm ).

Eine weitere Studie der Bertelsmann Stiftung ( http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/SID-3D70310B-5D6B3D30/bst/hs.xsl/nachrichten_116155.htm ) hat darüber hinaus detailliert dargestellt, in welchen großem Ausmaß Deutschland vom Euro profitiert.
„Die Studie belegt: Ohne den Euro würde das Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Deutschland jedes Jahr um rund 0,5 Prozentpunkte niedriger ausfallen. Werden die Wachstumsvorteile der Euro-Mitgliedschaft zwischen 2013 und 2025 aufaddiert, ergibt sich ein Gewinn in Höhe von fast 1,2 Billionen Euro. Dieser Wert entspricht in etwa der Hälfte der gesamten deutschen Wirtschaftsleistung des Jahres 2012.
Auch für den Bürger rechnet sich der Euro: Im Durchschnitt beträgt das Einkommensplus je Einwohner zwischen 2013 und 2025 etwa 1.100 Euro pro Jahr. Schließlich würde sich im D-Mark-Szenario die Lage auf dem Arbeitsmarkt eintrüben. Eine Dämpfung des Wachstums des Bruttoinlandsprodukts um 0,5 Prozentpunkte hätte einen Verlust von etwa 200.000 Arbeitsplätzen zur Folge.

Die Vorteile, die Deutschland aus der Mitgliedschaft im Euro erwachsen, sind auch dann noch gegeben, wenn es in den kommenden Jahren zu erheblichen Abschreibungen von Forderungen gegenüber den vier südeuropäischen Krisenländern Griechenland, Portugal, Spanien und Italien kommen sollte. In zusätzlichen Berechnungen wurden Abschreibungen für jedes Land von 60 Prozent der Forderungen zugrunde gelegt. Die in diesem Fall höhere Staatsverschuldung bzw. der dadurch erhöhte fiskalische Konsolidierungsbedarf wirkten sich zwar dämpfend auf die wirtschaftliche Dynamik aus. Die Auswirkungen hielten sich jedoch in engen Grenzen.“

Wir haben als deutscher Staat auch kein Geld zu verschenken und es ist auch nicht richtig, dass nur Banken gerettet wurden. Banken wurden abgewickelt bzw. befinden sich in der Abwicklung; z.B. in Irland zwei Banken (Anglo Irish Bank und Irish Nationwide Bank), in Griechenland zwei Banken (New Hellenic Postbank und Proton Bank), in Zypern die Laiki Bank. An der Restrukturierung in Zypern wurden auch die Anteilseigner und Anleihegläubiger beteiligt. Vom Schuldenschnitt für Griechenland 2012 waren außerdem von über 100 Milliarden Euro insbesondere private Banken betroffen.

Es ist richtig, dass wir solche Banken retten mussten, die systemrelevant waren und deren Scheitern das Bankensystem insgesamt und damit die Stabilität der Finanzmärkte in Europa und der Welt hätte gefährden können aber eines ist auch richtig: es kann nicht sein, dass die Banken unverhältnismäßige Risiken eingehen, sich verkalkulieren und der Steuerzahler am Ende hierfür die Rechnung präsentiert bekommt. Mein Leitbild der sozialen Marktwirtschaft bedeutet: Die Wirtschaft muss dem Menschen dienen. Das müssen wir auch für die Finanzmärkte durchsetzen.

Daher gilt erstens: Der Zusammenhang zwischen Entscheidungsverantwortung und Haftung muss gerade im Finanzmarkt gelten. Wer die Freiheit will, mit riskanten Geschäften hohe Gewinne zu erzielen, muss auch dafür einstehen, wenn es schiefgeht. Ein zentrales Mittel zur Durchsetzung dieses Prinzips ist die Möglichkeit der Abwicklung überschuldeter Finanzinstitute. „Too big to fail" oder „too connected to fail" darf es künftig nicht mehr geben. Bereits im Jahr 2010 haben CDU und CSU mit dem Bankenrestrukturierungsgesetz dafür die Weichen auf nationaler Ebene gestellt. Mit der von uns angestrebten Bankenunion werden wir sie auf europäischer Ebene stellen. Im Rahmen der aktuellen europäischen Verhandlungen, wie Banken künftig abgewickelt werden können, setzen CDU und CSU sich daher für eine klare Haftungskaskade Anteilseigner und Anleihegläubiger ein; es soll sichergestellt werden, dass in Zukunft in erster Linie die Eigentümer und die Gläubiger für strauchelnde Banken werden einstehen müssen; dadurch ist klar, dass die Heranziehung des Steuerzahlers die Ausnahme sein wird.

Zweitens brauchen wir Regeln für jedes Produkt und jeden Akteur auf jedem Finanzmarkt. Beim Aufbau dieser Regeln sind wir gut vorangekommen. Deutschland ist unter Führung der Union dabei sowohl Vorreiter bei der nationalen Umsetzung, als auch international treibende Kraft.
Eine anschauliche Übersicht über alle Maßnahmen gibt mein Kollege Ralph Brinkhaus in seiner Rede im Deutschen Bundestag. Schauen Sie doch bei Interesse einmal rein: http://dbtg.tv/fvid/2236131

Sie dürfen bei alledem auch nicht vergessen, dass heute die obersten fünf Prozent der Steuerpflichtigen über 40 Prozent der Einkommenssteuer tragen, die oberen 50 Prozent der Steuerpflichtigen bringen 92,5 Prozent der Einkommensteuer auf. Das obere Drittel der Haushalte trägt 60 Prozent der Finanzierungslast des Sozialstaats. Umgekehrt erhält das einkommensschwächste Drittel 60 Prozent aller Transfers und zahlt nur fünf Prozent aller Steuern und Abgaben.

Nun zu den von Ihnen angesprochenen Target 2 Konten. Es handelt sich dabei weder um ein Kreditgeschäft noch eine Finanzhilfe aus Staatsgeldern. Vielmehr stellen die Salden interne Verrechnungsbeträge des Eurosystems dar. Die Summe aller Salden ist null. Gleichzeitig ist klar, dass hohe Target-Salden nicht dauerhaft aufrecht erhalten werden sollten. Sie signalisieren „Verzerrungen“ auf den europäischen Finanzmärkten, die es zu lösen gilt. Sie sind aber nicht Auslöser der Krise, sondern Symptom. Die negativen TARGET2-Salden einiger Länder bauen sich wieder ab, sobald der Export zunimmt und Kapital zurück strömt, d.h. wenn neues Vertrauen in diese Volkswirtschaften entsteht. An dieser Stelle kann die Politik ansetzen und einen Beitrag dazu leisten, dass sich Target-Salden wieder normalisieren. Forderungsverluste würden nur dann eintreten, wenn ein Mitgliedsstaat die Eurozone verließe und die Verbindlichkeiten ignoriert. In diesem Fall wäre die Haftung der Bundesbank auf ihren EZB-Anteil beschränkt.

Es gilt jedoch zu bedenken: Bei einem Euro-Austritt würde die nationale Währung stark abgewertet. Folglich kämen auf die Gläubiger ebenfalls hohe und deutlich ungewissere Forderungsausfälle zu. Eine stabile Währungsunion braucht vor allem Vertrauen. Das kann am besten zurück gewonnen werden, wenn kein Mitgliedstaat ausscheidet und die hohen TARGET2-Salden allmählich wieder abgeschmolzen werden. Daran arbeiten die Regierungen der Eurozone, die EZB, die EU-Kommission und der Internationale Währungsfonds mit Nachdruck.

Entscheidend ist die Fortsetzung des Reformprozesses in den Mitgliedstaaten, damit diese wettbewerbsfähig und solide finanziert sind. Auch die institutionelle Weiterentwicklung der Eurozone zu einer echten Stabilitätsunion, die verbesserte Bankenaufsicht einschließlich der Stärkung der Eigenkapitalbasis der Banken und der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) befördern eine Eindämmung der TARGET2-Salden. Insgesamt gesehen bietet der eingeschlagene Weg in einer schwierigen und komplexen Situation die größtmögliche Sicherheit.

Die Reformen zeigen langsam Wirkung. Die öffentlichen Haushaltsdefizite der Euro-Staaten sind 2012 deutlich gesunken, im Schnitt auf 3,7 Prozent des BIP, gegenüber 6,2 Prozent im Jahr 2010. Zum Vergleich: In Japan und auch den USA beträgt das Haushaltsdefizit mehr als 8 Prozent des BIP. Die für die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft wichtigen Lohnstückkosten konnten in den Krisenländern mittlerweile deutlich reduziert werden: in Griechenland und Irland um je 10 Prozent, in Spanien und Portugal um je 6 Prozent seit 2009. Auch die Unterschiede in den nationalen Leistungsbilanzen haben sich in den vergangenen Jahren abgebaut. So konnte selbst Griechenland sein Leistungsbilanzdefizit seit 2008 mehr als halbieren, in anderen Programmländern sieht die Entwicklung sogar noch besser aus. Spanien, Portugal, Irland und Griechenland haben ihre Exporte spürbar gesteigert. Die Finanzierungssituation in den Krisenländern hat sich gebessert: Die Zinsen, die Länder wie Spanien, Portugal, Irland oder Italien für ihre Staatsanleihen bezahlen müssen, sind in Anerkennung der erreichten Fortschritte inzwischen spürbar zurückgegangen. Die Abstände zu den Zinsen deutscher Staatsanleihen sind heute deutlich geringer als in der Hochphase der Krise.

Dass Deutschland gut durch die Krise gekommen ist, ist anhand der Zahlen deutlich zu erkennen:

• 1,5 Millionen neue, vor allem sozialversicherungspflichtige und Vollzeit- Arbeitsplätze sind geschaffen worden.
• Mit 41,6 Millionen Erwerbstätigen wurde im Jahr 2012 ein neuer Beschäftigungsrekord erreicht.
• Die Zahl der Arbeitslosen ist von 3,4 Millionen im Jahr 2009 auf 2,865 Millionen im Juni 2013 gesunken.
• Die Arbeitslosenquote liegt bei 6,6 Prozent und wurde damit gegenüber 2005 fast halbiert.
• Der Anteil der befristeten Beschäftigten, Teilzeitbeschäftigte mit bis zu 20 Wochenstunden, geringfügig Beschäftigte und Zeitarbeiter sind erstmals wieder deutlich.
• Die Jugendarbeitslosigkeit ist so niedrig wie nirgendwo sonst in der Europäischen Union.
• Die verfügbaren Einkommen sind in den letzten Jahren um durchschnittlich rund 3 Prozent pro Jahr gestiegen.
• Auf Grund der niedrigen Zinsen spart Deutschland in den Jahren 2010 bis 2014 etwa 40 Milliarden Euro ein.

Laut einer aktuelle Umfrage des Deutschlandtrends der ARD von Anfang August erklären 76 Prozent der Bevölkerung, dass sie ihre eigene wirtschaftliche Situation als gut oder sehr gut einschätzen. Dieser hohe Wert wurde in der Geschichte der Bundesrepublik bisher nur einmal gemessen. Insgesamt sind die Deutschen mit ihrem Land zufrieden. Laut Glücksatlas 2012 liegt der Zufriedenheitswert bei 7,0 Punkten. Gemessen wurde auf einer Skala von null, "ganz und gar unzufrieden", bis zehn, "ganz und gar zufrieden". Deutschland klettert in Sachen Lebenszufriedenheit damit von Platz 15 (2006) auf Platz 9 (2011) unter den europäischen Nachbarn. Laut anderer Umfragen, die ich Ihnen in meiner letzten Antwort bereits erläutert habe, sind darüber hinaus 50 Prozent der Bundesbürger mit dem demokratischen System der europäischen Union zufrieden und 69 Prozent der Deutschen wollen den Euro.

Auf Grund dieser Entwicklungen sehe ich politisch und gesellschaftlich keinen Grund für eine vollständige Abkehr - bei allen notwendige Anpassungen und Änderungen – von unserem Geldsystem.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Feist