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Thomas Feist
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Frage von Jonas B. •

Frage an Thomas Feist von Jonas B. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr. Feist,

Den Standpunkt:
"Der Staat muss auch ohne konkreten Verdacht auf Telefon- und Internetdaten von Bürgerinnen und Bürgern zugreifen können."
kommentieren Sie mit "Lehne ich ab", schreiben aber "CDU und CSU stehen für den Schutz der persönlichen Kommunikationsdaten, zugleich sind Mindestspeicherfristen für Verbindungsdaten notwendig, damit bei der Verfolgung von schweren Straftaten auf Anordnung eines Richters oder zur Abwehr von erheblichen Gefahren ein Datenzugriff erfolgen kann."

Sehen Sie mit diesem Kompromiss nicht die Unschuldsvermutung untergraben?
Warum überwacht der Staat nicht auch den gesamten Briefverkehr in Deutschland?
Welche weiteren Kompromisse haben wir von Ihnen zu erwarten - sollten zum Beispiel Angeklagte per Beugehaft zur Mitwirkung in Verfahren gegen Sie gezwungen werden? (Herausgabe von Passwörtern)
Sollten nicht auch alle KFZ per GPS oder Kennzeichen-Scanner überwacht werden? Unzählige Verbrechen könnten so besser aufgeklärt werden.

Und wie kann ich mir als Bürger sicher sein, dass meine Daten in sicheren Händen sind? Ist das Risiko überschaubar?

Mit freundlichen Grüßen
Jonas Brekle

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Brekle,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Mit Ihrer Frage treffen Sie zielsicher den entscheidenden Punkt: Wie bestimmt man das richtige Verhältniss zwischen Sicherheit und Freiheit im IT-Zeitalter?

Ich kann ich Ihnen zunächst versichern, dass für mich als direkt gewählter Leipziger Bundestagsabgeordneter die Privatsphäre der Bürger ein elementares verfassungsrechtliches Gut ist, was es zu schützen gilt. Der „gläserne Bürger“ ist mit meinem Verfassungsverständnis in diesem Lande nicht zu vereinbaren.

Der Staat hat allerdings nicht nur die Pflicht, die Freiheiten und Grundrechte seiner Bürger zu achten, er hat auch die Pflicht, seine Bürger zu schützen. Die Freiheitsrechte unserer Verfassung richten sich nämlich nicht nur gegen den Staat, sondern sie verlangen zugleich auch seinen aktiven Schutz gegenüber Straftätern, Terroristen und anderen Gefahren. Nur wenn es ein ausreichendes Maß an Sicherheit in einer Gesellschaft gibt, können die Bürgerinnen und Bürger ihre Freiheiten auch tatsächlich nutzen.

Ich bin davon überzeugt, dass wir sowohl der Freiheit als auch der Sicherheit nur gerecht werden können, wenn wir uns am Verhältnismäßigkeitsprinzip orientieren. Das heißt ganz konkret: Wenn es um die Suche nach einem Mörder, Entführer oder Terrorverdächtigen geht, kann ein Richter in Deutschland oder die dafür beim Bundestag eingerichtete G-10-Kommission die Überwachung der Kommunikation anordnen. Dies ist in solchen Fällen notwendig und völlig angemessen und wird unserem rechtsstaatlichen System gerecht. Ich halte dadurch auch nicht die Unschuldsvermutung für gefährdet, weil ein Richter ja erst nach sorgfältiger Einzelfallprüfung und beim Vorliegen von belastbaren Beweisen oder Verdachtsmomenten eine solche Genehmigung aussprechen wird. Bei weniger gravierenden Gefahren oder Straftaten wie zum Beispiel einem Ladendiebstahl sind nach unserem Verständnis andere Maßnahmen ausreichend. Eine vollständige Überwachung des Briefverkehrs – ich erwähne das, weil Sie es ansprachen - ist nicht mit dem im Grundgesetz festgehaltenen Briefgeheimnis vereinbar und wäre auch darüber hinaus auf gar keinen Fall verhältnismäßig.

Ich möchte auf folgendes hinaus: Der Zweck heiligt nicht alle Mittel, sondern Zweck und Mittel müssen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Ich bin daher nicht dafür, zum Zweck der Sicherheit alles gesetzlich zuzulassen, was technisch möglich ist. CDU und CSU wollen unseren Sicherheitsbehörden daher auch künftig nur einen gezielten Zugriff auf Daten unter strengen rechtsstaatlichen Maßgaben erlauben. Eine ziellose und allumfassende Sammelwut lehnen wir jedoch strikt ab. Zu dieser Position stehe ich ausdrücklich und bin an diesem Punkt auch zu keinen Kompromissen bereit.

Als Antwort auf die Sorge, nicht immer sicher digital zu kommunizieren, klären bereits jetzt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie, BSI, ( http://www.bsi-fuer-buerger.de ) und der Verein „Deutschland sicher im Netz“ ( http://www.sicher-im-netz.de ) auf. Dies wollen CDU und CSU weiter intensivieren. Daher haben wir in unserem Regierungsprogramm folgendes festgehalten:

„Wir wollen hin zu einer verantwortungsbewussten Datenpolitik. Sie soll die Menschen weiterhin in ihrer Privatsphäre schützen. Sie soll zugleich die verantwortungsbewusste Nutzung von Daten für die Umsetzung neuer innovativer Projekte ermöglichen. […] Wir werden uns deshalb dafür einsetzen, dass die Überarbeitung des Europäischen Datenschutzrechts diese aktuelle Entwicklung berücksichtigt. Wir wollen Deutschland zu einem attraktiven Datenstandort entwickeln, an dem gezielt die Nutzung von Daten gefördert wird und der gleichzeitig die Interessen der Nutzer am Schutz ihrer Daten sicherstellt. Die von uns gegründete Stiftung Datenschutz soll dabei einen wichtigen Beitrag zur Information der Bürger über den Umgang mit Daten leisten.“

Der Staat spielt zudem eine wichtige Rolle bei der Forschungsförderung, bei der Entwicklung und auch der Zertifizierung von sicheren IT-Produkten. Wir müssen aber unsere Anstrengungen um eine bessere IT-Sicherheit intensivieren – etwa im Hinblick auf Verschlüsselungsmöglichkeiten, die die missbräuchliche Datenausspähung erschweren. Bei allen Maßnahmen müssen wir uns alle aber bewusst sein und sollten dies offen und aktiv kommunizieren: Bürger und Unternehmen müssen letztlich eigenverantwortlich unterscheiden zwischen Kommunikation, die ihnen wichtig und besonders schützenswert ist, und jener herkömmlichen Versendung von Daten im Internet, welche leicht ausgelesen werden kann und deren Vertraulichkeit allenfalls der einer Postkarte entspricht. Der Staat kann dem Bürger beim Surfen, Chatten, Mailen oder Posten seine Eigenverantwortung nicht abnehmen.

Angesichts der laufenden Debatte über die Methoden der NSA ist es für mich ein zentraler Punkt, dass in Deutschland deutsches Recht gilt und es von jedermann - gleich ob Bürger unseres Landes oder etwa Mitarbeiter befreundeter Staaten - eingehalten wird. Deshalb setze ich mich dafür ein, dass der Datenschutz auch in dem zwischen der EU und den USA noch auszuhandelnden Freihandelsabkommen eine Rolle spielen wird und digitale Bürgerrechte darin verankert werden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Thomas Feist