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Frage von Andreas L. •

Frage an Thomas Feist von Andreas L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Feist,

Zwischen den jüngsten Urteilen des Bundesverfassungsgerichts zur verfassungswidrigen Diskriminierung von eingetragenen Lebenspartnerschaften (ELP) beim Familienzuschlag und bei der Grunderwerbssteuer haben 13 Ihrer FraktionskollegInnen eine Initiative zur Gleichstellung von Eingetragenen Lebenspartnerschaften bei der Einkommensteuer gestartet. Viele Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion unterstützen dies, u.a. Familienministerin Schröder, der baden-württembergische CDU-Chef Strobl, Ruprecht Polenz (CDU), Dagmar Wöhrl (CSU), auch der Generalsekretär der sächsischen CDU und stellv. Fraktionsvorsitzende Ihrer Bundestagsfraktion, Michael Kretschmer.

Ich freue mich sehr über diesen Vorstoß, setze ich mich doch auch selbst mit der Initiative 2=2 aktiv für eine Gleichstellung von Schwulen und Lesben in Sachsen ein.
Damit verbunden habe ich folgende Fragen an Sie:

Würden Sie einen Gesetzesantrag zur Gleichstellung von ELP im Einkommensteuerrecht unterstützen und zustimmen? Wenn nein, warum nicht?

Würden Sie einer Gleichstellung im Adoptionsrecht zustimmen? Wenn nein, warum nicht?

Können Sie sich vorstellen, die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen und Schwule und Lesben somit von ca. 100 weiteren Diskriminierungen im Bundesrecht zu befreien (BT-Drs 17/8248) und damit auch ein wichtiges gesellschaftliches Zeichen für mehr Akzeptanz setzen?

In Sachsen ist 11 Jahre nach Einführung der ELP das Landesrecht noch immer nicht vollständig angepasst und von Diskriminierungen befreit. Sachsen ist bundesweites Schlusslicht. Sind Sie deshalb bereit, sich innerhalb der sächsischen CDU und ihres Kreisverbandes für eine schnelle und vollständige Gleichstellung der ELP in Sachsen einzusetzen und für mehr Akzeptanz von Schwulen und Lesben zu werben? Warum haben Sie am 28.6. sowohl gegen die Gleichstellung der ELP als auch gegen die Ehe-Öffnung gestimmt?

Für die Beantwortung der Fragen möchte ich Ihnen bereits im Voraus danken!

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Leonhardt,

für mich ist Familie überall dort, wo Eltern für ihre Kinder oder Kinder für ihre Eltern dauerhaft Verantwortung übernehmen. Für mich bleiben Ehe und Familie mit Kindern weiterhin das Fundament unserer Gesellschaft. Die ganz überwiegende Zahl der Menschen in unserem Land lebt dieses Familienmodell mit Vater, Mutter und Kind. Dies möchte ich weiterhin fördern und unterstützen.

Gleichzeitig erkenne ich ausdrücklich an, dass viele Menschen auch in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften ihr Lebensglück finden. Dies respektiere ich. Auch hier übernehmen Menschen füreinander Verantwortung und leben Werte, die grundlegend sind für unsere Gesellschaft.

Deshalb haben meine Kollegen der christlich-liberalen Koalition und ich nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur steuerlichen Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften ein entsprechendes Gesetz, das die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts berücksichtigt, eingebracht und umgesetzt.

Ich stelle bei allen Überlegungen in der Familienpolitik das Kindeswohl an die erste Stelle. Ich lehne ein Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare daher ab. Eine Adoption ist ein massiver Einschnitt für ein Kind, das von seinen biologischen Eltern getrennt wird und in ein vollständig neues Umfeld kommt. In dieser für seine Entwicklung äußerst sensiblen Situation sollte der Gesetzgeber dafür sorgen, dass das Kind eine Familienkonstellation mit Mutter und Vater vorfindet. Jedoch befürworte ich die Verfestigung von sozialen Eltern-Kind-Beziehungen, wo sie bereits gelebt werden. Ein Gesetz zur Sukzessivadoption gleichgeschlechtlicher Paare – dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts entsprechend – muss daher zeitnah umgesetzt werden.

Auf Basis dieser Überzeugungen und nach einer sorgfältigen Abwägung der Sachargumente habe ich mich entschieden, dem Gesetzesentwurf der Grünen vom 28.06.2012 nicht zuzustimmen, da mehrere Gründe explizit dagegen sprachen:

Zum einen wäre die geforderte Öffnung des Instituts der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare verfassungswidrig. Zwar enthält das Grundgesetz (speziell Art. 6 Abs. 1 GG) selbst keine Definition der Ehe, sondern setzt diese vielmehr als besondere Form des menschlichen Lebens voraus. Das BVerfG hat jedoch diesbezüglich in seiner damaligen Grundsatzentscheidung zum Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) unmissverständlich festgestellt (Urteil vom 17.07.2002 - 1 BvF 1/01, 1 BvF 2/01):

„Zum Gehalt der Ehe, wie er sich ungeachtet des gesellschaftlichen Wandels und der damit einhergehenden Änderungen ihrer rechtlichen Gestaltung bewahrt und durch das Grundgesetz seine Prägung bekommen hat, gehört, dass sie die Vereinigung eines Mannes mit einer Frau zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft ist, begründet auf freiem Entschluss unter Mitwirkung des Staates, in der Mann und Frau in gleichberechtigter Partnerschaft zueinander stehen und über die Ausgestaltung ihres Zusammenlebens frei entscheiden können.“ Die Ehe ist also von Verfassung wegen der Beziehung von Frau und Mann vorbehalten.

Eine Öffnung gegenüber gleichgeschlechtlichen Beziehungen scheidet damit aus.

Desweiteren hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mit seiner Entscheidung vom 24.06.2010 zu diesem Thema (Schalk und Kopf gegen Österreich, apllication no. 30141/04) bekräftigt, dass die Institution der Ehe auch weiterhin nur für heterosexuelle Paare geöffnet bleiben darf. Artikel 12 ( Recht auf Ehe) ist somit nicht verletzt, da die Entscheidung, wer eine Ehe eingehen darf, den einzelnen Staaten selbst überlassen sei (Haltung des BVerfG siehe oben).

Auch besteht keine Verletzung von Artikel 14 (Diskriminierungsverbot) in Verbindung mit Artikel 8 (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) – das Recht auf Ehe wird nicht durch die Artikel 14 bzw. 8 beeinflusst. Durch die Einführung der Lebenspartnerschaft in Österreich (ebenso in Deutschland) ist eine rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partner erfolgt. Dies wurde in einem Urteil des EGMR vom 15. März 2012, in dem ein lesbisches Paar aus Frankreich mit seiner Adoptionsklage gescheitert war, bekräftigt.

Das bedeutet allerdings nicht, dass ich andere Formen des menschlichen Zusammenlebens geringschätze. Das ist mir nochmals wichtig zu betonen. Ich sehe gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften eben nur als etwas anderes an als die Ehe. Meines Erachtens sprechen auch keine überzeugenden Argumente gegen die Parallelität von Ehe auf der einen und gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften auf der anderen Seite. Dort, wo es Handlungsbedarf gibt, dort, wo gleichheitswidrige Benachteiligungen von Lebenspartnern abgebaut werden müssen, bin ich aufgeschlossen, diskussions- und handlungsbereit. Aber eine Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Partnerschaften oder eine vollständige Gleichstellung mit der Ehe lehne ich ab.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Thomas Feist