Frage an Thomas Feist von Manfred J. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Dr. Feist,
Aus der Sicht der meisten Bürger haben wir z. Z. eine Diktatur des Finanzkapitalsmus. Die Demokratie ist nur ein Schauspiel. Sonst könnte es nicht sein, dass die Banken, Versicherungen und Krankenkassen schon wieder über die Menschen und die Politik herrschen. Die täglichen Beispiele in unserer Gesellschaft und die Diskussionen der Parteien führen zu keinen der breiten Masse des Volkes dienenden Lösungen?
Was wollen Sie in Ihrer Partei tun, um den bestehenden gierigen Finanzkapitalsmus kurzfristig abzuschaffen und eine für die Menschen wirksame soziale Marktwirtschaft herzustellen?
Auch die Diskussion über die Erneuerung des Gesundheitswesens in unserer Repuplik ist für uns Menschen unerträglich. Warum werden nicht alle Bürger in das bestehende Finanzierungssystem einbezogen? Was soll geschehen um in Kürze in Ruhe eine für den Normalbürger befriedigende Lösung gefunden werden?
MfG
Julius
Sehr geehrter Herr Julius,
Ihre Anfrage möchte ich gern beantworten. Da ich aber alle Anfragen, die mich nur über abgeordnetenwatch.de erreichen, grundsätzlich nicht inhaltlich beantworte, bitte ich Sie, sich direkt an mich zu wenden, was leicht und ohne Mühe möglich ist. Für den Fall einer entsprechenden Nachfrage an eine meiner zahlreichen Emailadressen (z.B. thomas.feist@bundestag.de ), oder über meinen Internetauftritt www.thomasfeist.de erhalten Sie auf jeden Fall Antwort. Ich bin ein großer Freund des Dialogs und der elektronischen Möglichkeiten, aber mein Respekt gegenüber den Fragestellern gebietet es, weder die Fragen noch meine Antworten auf einem öffentlichen Markt, wie es Internetplattformen sind, beliebig breit zu treten. Viele Menschen nutzen die verschiedenen Möglichkeiten, mit mir direkt in Kontakt zu treten, wie z.B. über meinen Internetauftritt oder verfolgen meine Tätigkeiten regelmäßig bei Twitter und Facebook. Auch möchte ich darauf hinweisen, dass nach wie vor die Möglichkeit besteht mit mir ein persönliches Gespräch zu führen. Wenden Sie sich dazu bitte an eines meiner beiden Büros in Leipzig oder direkt an mein Bundestagsbüro in Berlin. Die entsprechenden Kontaktdaten finden Sie auf meiner Homepage.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Thomas Feist, MdB
Sehr geehrter Herr Julius,
ich bin nicht Ihrer Meinung, dass wir in einer Diktatur der Finanzmärkte leben. Die Soziale Marktwirtschaft, das Leitbild in der Finanz- und Wirtschaftspolitik von CDU und CSU, gebietet einen festen Ordnungsrahmen für die Finanzmärkte. Schließlich haben die Finanzmärkte eine dienende Funktion für Verbraucher und Wirtschaft; sie sind vornehmlich finanzielle Brückenbauer zwischen Privatpersonen und Unternehmen untereinander. Umso wichtiger ist, dass die Finanzmärkte ihrer unterstützenden Aufgabe gerecht werden. Sie haben allerdings Recht, in den vergangenen Jahren war es zu gefährlichen Übertreibungen auf den Finanzmärkten gekommen, die beeinflusst waren von zu viel flüssigem Geld, das durch extrem niedrige Zinsen der US-amerikanischen Notenbank sowie dem starken Wachstum der globalen Wirtschaft zur Verfügung stand. Die hieraus entstehenden Risiken waren von einigen Wissenschaftlern früh gesehen worden. Viele glaubten aber, eine Art Perpetuum Mobile sei erfunden worden, das dauerhaft Gewinnsteigerungen bei Banken hervorbringen könne.
Unter der rot/grünen Bundesregierung zu Beginn des neuen Jahrtausends hat sich auch Deutschland von dem ordnungspolitischen Leitbild klarer Planken für den Finanzmarkt gelöst und zu sehr dem anglo-amerikanischen Laissez-faire-Prinzip nachgestrebt. Produkte, deren Namen kaum auszusprechen sind, wurden zum Ideal; und gerade deutsche Banken kauften Verbriefungen von Immobilienkrediten in den USA, ohne Bonität und Nachhaltigkeit dieser Politik zu hinterfragen.
Die christlich-liberale Koalition hat darauf reagiert. Als Folge der Finanzmarktkrise mit all ihren negativen Auswirkungen muss für uns gelten, dass erstens eine Krise wie die vergangene in Zukunft auf jeden Fall zu vermeiden ist, und zwar durch harte Regulierung. Zweitens sind die Banken, die von den Maßnahmen des Staates profitiert haben, an den Kosten des Staates, der Steuerzahler also, zu beteiligen. Und Drittens darf der Staat, mithin wir Steuerzahler, in Zukunft nicht mehr erpressbar sein.
Einige Punkte der Finanzmarktregulierung möchte ich Ihnen exemplarisch nennen:
• Verschärfung der Eigenkapitalregeln
• Verbot von ungedeckten Leerverkäufen
• Stärkung der Finanzaufsicht
• Das 2010 verabschiedete Restrukturierungsgesetz ermöglicht, Banken zu sanieren oder abzuwickeln, ohne die Stabilität der Finanzmärkte zu beschädigen. Die Kosten für die Sanierung oder Abwicklung tragen die Banken mit der seit Anfang 2011 erhobenen Bankenabgabe. Sie fließt in einen Fonds, der im Fall einer Bankenrestrukturierung zum Einsatz kommt.
• Regulierung der Arbeit von Ratingagenturen
Ausführliche Informationen finden Sie auf den Seiten des Bundesfinanzministeriums unter http://www.bundesfinanzministerium.de/Web/DE/Themen/Internationales_Finanzmarkt/Finanzmarktpolitik/Finanzmarktregulierung/finanzmarktregulierung.html .
Darüber hinaus haben wir weitere Verbesserungen für die Verbraucher erreicht. Sparer sind im Fall von Bankinsolvenzen künftig deutlich besser abgesichert: Seit 2011 sind Kundeneinlagen bis zu einem Betrag von 100.000 Euro geschützt. Die Frist für die Rückzahlung der Einlagen ist jetzt auf 20 Arbeitstage verkürzt.
Seit 2011 müssen Anlageberater bei Banken und die rund 80.000 freien Finanzvermittler erstmalig Qualifikations- und Zuverlässigkeitsanforderungen erfüllen, eine Berufshaftpflichtversicherung abschließen und sich bei der Aufsicht registrieren lassen. Außerdem müssen sie verschärften Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten nachkommen. Falschberatungen werden erheblich schärfer sanktioniert.
Kunden erhalten bei Wertpapiergeschäften zudem sogenannte Produktinformationsblätter, eine Art Beipackzettel, die verständlich über Eigenschaften und Risiken von Anlageprodukten informieren. Bei fehlerhaften oder fehlenden Prospekten gelten nunmehr Verjährungsfristen von bis zu zehn Jahren.
Die wirtschaftlichen Erfolge lassen sich anhand weniger Zahlen klar belegen:
• 1,5 Millionen neue, vor allem sozialversicherungspflichtige und Vollzeit- Arbeitsplätze sind geschaffen worden.
• Mit 41,6 Millionen Erwerbstätigen wurde im Jahr 2012 ein neuer Beschäftigungsrekord erreicht.
• Die Zahl der Arbeitslosen ist von 3,4 Millionen im Jahr 2009 auf 2,865 Millionen im Juni 2013 gesunken.
• Die Arbeitslosenquote liegt bei 6,6 Prozent und wurde damit gegenüber 2005 fast halbiert.
• Der Anteil der befristeten Beschäftigten, Teilzeitbeschäftigte mit bis zu 20 Wochenstunden, geringfügig Beschäftigte und Zeitarbeiter sind erstmals wieder deutlich.
• Die Jugendarbeitslosigkeit ist so niedrig wie nirgendwo sonst in der Europäischen Union.
• Die verfügbaren Einkommen sind in den letzten Jahren um durchschnittlich rund 3 Prozent pro Jahr gestiegen - unter anderem durch die Reduzierung der Rentenversicherungsbeiträge, die Erhöhung des Grundfreibetrags und die Abschaffung der Praxisgebühr. Gleichzeitig schließt sich die Einkommensschere wieder.
Um auf Ihre Frage der Erneuerung der Krankenversicherung einzugehen, möchte ich Ihnen sagen, dass ich das Konzept der Bürgerversicherung für nicht sinnvoll halte. Mit der Bürgerversicherung bleibt es dabei, dass die Gesundheitskosten weit überwiegend aus Löhnen und Gehältern finanziert werden. Diese enge Anbindung an die Lohnkosten vernichtet Arbeitsplätze, weil jede Kostensteigerung im Gesundheitswesen die Arbeitskosten weiter in die Höhe treibt. Auch die Schere zwischen Brutto und Netto wird durch die Bürgerversicherung nicht geringer: an jeder Lohn- und Rentenerhöhung verdienen die Krankenkassen weiter mit. Eine Entkoppelung der Krankenkassen-Beiträge von den Arbeitskosten findet nicht statt. Damit leistet die Bürgerversicherung keinen Beitrag zur Senkung der Lohnnebenkosten und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Auch für die Herausforderungen der Krankenversicherung – nämlich die Sicherung einer guten medizinischen Versorgung und die Bewältigung der steigenden Kosten des medizinischen Fortschritts und einer alternden Gesellschaft – hat die Bürgerversicherung keine Lösung. Für die stetig steigenden Ausgaben der Krankenversicherung bietet sie keine Abhilfe, sie erhöht lediglich die Beiträge und Belastungen. Diese Form der Versicherung wirkt wie eine Sondersteuer für kleine und mittlere Einkommen.
Während wir in der GKV auf einem sehr guten Weg sind, werden die Probleme in der PKV immer deutlicher. Vor allem kleine Selbständige und Beamte sind von steigenden Beiträgen im Alter überfordert. Entgegen der Propaganda des politischen Gegners sind ja nicht alle PKV-Versicherten per se reich. Diese Fragen müssen aber zuerst innerhalb des PKV-Systems gelöst werden. Es freut mich, dass die Verantwortlichen bereit sind, über alternative Wege nachzudenken. Aber deshalb gleich nach der Abschaffung der PKV und der Einführung einer Bürgerversicherung zu schreien, ist weder im Sinne der Versicherten, noch der Leistungserbringer. Wir brauchen keine Einheits-AOK für alle, sondern einen gesunden Wettbewerb zwischen den Kassen.
CDU und CSU stehen für ein menschliches Gesundheitswesen. Wir wollen, dass auch in Zukunft jeder in Deutschland – unabhängig von Einkommen, Alter, sozialer Herkunft oder gesundheitlichem Risiko – eine qualitativ hochwertige wohnortnahe medizinische Versorgung erhält und so am medizinischen Fortschritt teilhaben kann. Im Mittelpunkt unserer Gesundheitspolitik stehen die Patienten und Versicherten. Wir wollen ein Gesundheitswesen, in dem sich die Menschen darauf verlassen können, dass alle Beteiligten in Medizin, Pflege, Krankenkassen, Selbstverwaltung, Industrie und Politik ihre Verantwortung gegenüber Patienten und Versicherten sorgfältig wahrnehmen. Wir stehen für ein leistungsfähiges Gesundheitswesen, in dem Menschlichkeit,
Versorgungssicherheit, Qualität und Innovation keine Gegensätze zu Bezahlbarkeit, Effizienz und Wirtschaftlichkeit darstellen. Wir wollen ein transparentes Gesundheitswesen, das keine Bittsteller kennt, sondern von gegenseitigem Respekt und Vertrauen geprägt ist. CDU und CSU stehen für ein Gesundheitswesen, in dem Solidarität kein Fremdwort ist, sondern Hilfe und Unterstützung für andere und Eigenverantwortung zwei Seiten ein und derselben Medaille sind. Gerade im Umgang mit Kranken, Älteren und Schwachen zeigt eine Gesellschaft ihr soziales Gesicht.
Eine von der Apotheken Umschau in Auftrag gegebene repräsentative Studie ist 2011 zu dem Schluss gekommen, dass 94 Prozent der gesetzlich versicherten und 97 der privat versicherten Bürger mit Ihrer Krankenversicherung zufrieden waren. Dazu passt eine aktuelle Umfrage des Deutschlandtrends der ARD von Anfang August. Demnach erklären 76 Prozent der Bevölkerung, dass sie ihre eigene wirtschaftliche Situation als gut oder sehr gut einschätzen. Dieser hohe Wert wurde in der Geschichte der Bundesrepublik bisher nur einmal gemessen. Insgesamt sind die Deutschen mit ihrem Land zufrieden. Laut Glücksatlas 2012 liegt der Zufriedenheitswert bei 7,0 Punkten. Gemessen wurde auf einer Skala von null, "ganz und gar unzufrieden", bis zehn, "ganz und gar zufrieden". Deutschland klettert in Sachen Lebenszufriedenheit damit von Platz 15 (2006) auf Platz 9 (2011) unter den europäischen Nachbarn.
Eine grundsätzliche Unzufriedenheit – wie Sie sie anmahnen – scheint sich jedoch glücklicherweise nicht zu bestätigen. Sicherlich läuft in unserem Land nicht alles perfekt, wir müssen noch an vielen Baustellen arbeiten und an Stellschrauben drehen, um Dinge zu verbessern. Dafür will ich hart arbeiten und mich einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Thomas Feist
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: abgeordnetenwatch.de [mailto:antwort@abgeordnetenwatch.de]
Gesendet: Mittwoch, 21. August 2013 12:17
An: Feist Thomas Wolfgang
Betreff: Eine Frage an Sie vom 24.03.2010 12:36
Sehr geehrter Herr Feist,
Manfred Julius aus Amorbacher Str. 10; 04207 Leipzig hat als Besucher/in
der Seite www.abgeordnetenwatch.de (Bundestag) bzgl. des Themas "Demokratie
und Bürgerrechte" eine Frage an Sie.
Um diese Frage zu beantworten, schicken Sie diese Mail mit Ihrem
eingefügten Antworttext an uns zurück (als wenn Sie eine normale Mail
beantworten würden).
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Sehr geehrter Dr. Feist,
Aus der Sicht der meisten Bürger haben wir z. Z. eine Diktatur des
Finanzkapitalsmus. Die Demokratie ist nur ein Schauspiel. Sonst könnte es
nicht sein, dass die Banken, Versicherungen und Krankenkassen schon wieder
über die Menschen und die Politik herrschen. Die täglichen Beispiele in
unserer Gesellschaft und die Diskussionen der Parteien führen zu keinen
der breiten Masse des Volkes dienenden Lösungen?
Was wollen Sie in Ihrer Partei tun, um den bestehenden gierigen
Finanzkapitalsmus kurzfristig abzuschaffen und eine für die Menschen
wirksame soziale Marktwirtschaft herzustellen?
Auch die Diskussion über die Erneuerung des Gesundheitswesens in unserer
Repuplik ist für uns Menschen unerträglich. Warum werden nicht alle
Bürger in das bestehende Finanzierungssystem einbezogen? Was soll
geschehen um in Kürze in Ruhe eine für den Normalbürger befriedigende
Lösung gefunden werden?
MfG
Julius
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Um die Frage direkt einzusehen, können Sie auch diesem Link folgen:
http://www.abgeordnetenwatch.de/frage-575-37554--f251211.html#q251211
Mit freundlichen Grüßen,
www.abgeordnetenwatch.de
(i.A. von Manfred Julius)
Ich erkläre mich durch Beantwortung dieser e-Mail mit der
Veröffentlichung meiner Antwort auf www.abgeordnetenwatch.de und mit der
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