Wohin wird sich Ihrer Meinung nach das Schulsystem entwickeln?
Sehr geehrte Frau Bauer,
als junger Elternteil mit noch nicht schulpflichtigen Kindern und einer Gymnasiallehrerin als Frau sehe ich der Entwicklung der Schullandschaft mit Sorge entgegen.
Gerade standen die Lernstandserhebungen der 5. Klassen an und es wurden wie schon im Vorjahr eine signifikante Zahl an Kindern am staatlichen Gymnasium angemeldet, die eigentlich nichtmal den Anforderungen der Realschule gewachsen sind. Durch die Abschaffung der bindenden Grundschulempfehlung zeichnet sich folgende Entwicklung in der Schule meiner Frau ab:
(1) Das individuelle Leistungsniveau der Schüler ist heterogener denn je.
(2) Es gibt zunehmend Elterngespräche in denen eine Empfehlung zum Schulwechsel ausgesprochen wird.
(3) Eltern, leistungsstarker Schüler, die es sich leisten können, wählen private Gymnasien.
Wollen Sie weiterhin viele Kinder dem falschen Ehrgeiz der Eltern weiter unterwerfen und wie bewerten Sie die sich durch Privatschulen bildende Parallelbildungsgesellschaft?
Sehr geehrter Herr W.,
vielen Dank für Ihre Anfrage, dich im im Auftrag von Frau Bauer gerne beantworte.
Die Landesregierung hat in Ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, an der derzeitigen Ausgestaltung der Grundschulempfehlung festzuhalten. Wir sind überzeugt, dass das verpflichtende Elterngespräch die Bildungspartnerschaft von Schule und Elternhaus stärkt und eine gute Basis für die Schulwahl des Kindes bietet. Die Beratung der Eltern wollen wir weiter stärken. Dabei können auch landesweit einheitliche, nicht bewertete Lernstandserhebungen begleitende Orientierung geben.
Das Gymnasium ist und bleibt eine tragende Säule unseres Schulsystems. Die zunehmende Heterogenität der Schüler*innen ist eine Herausforderung, bei deren Bewältigung wir die Gymnasien unterstützen.
Ein Instrument hierbei kann die Stärkung des Bildungsmonitorings und der diagnosegeleiteten Förderung sein. Hier sind erste Schritte bereits unternommen - beispielsweise werden bei der Lernstandserhebung "Lernstand 5" Fördermaterialien zur Verfügung gestellt, mit denen in der Erhebung festgestellte Probleme adressiert werden können.
Ein weiteres Instrument ist, den Gymnasiallehrkräften mehr Möglichkeit zur individuellen Förderung von Schüler*innen zu bieten. In der Vergangenheit hat Grün-Schwarz hierfür u.a. bereits die Poolstunden der Gymnasien erhöht. Im Koalitionsvertrag wurde zudem die Stärkung des Coachings in allen Schulformen der Sekundarstufe I als Ziel formuliert.
Die Schulen in freier Trägerschaft sind eine Bereicherung der Schullandschaft, die wichtige pädagogische Impulse geben. Das Land unterstützt die Schulen in freier Trägerschaft verlässlich.
In Ihrer Frage kommt das richtige Ziel zum Ausdruck, dass gute Bildung nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen darf. Die Umsetzung dieses Ziels muss früher anfangen, als bei der Wahl der weiterführenden Schule. Die Landesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag verschiedene Maßnahmen für mehr Bildungsgerechtigkeit festgeschrieben. Dazu zählen eine datengestützte Förderdiagnostik, die sozialindexbasierte Zuweisung von Ressourcen im Grundschulbereich und ein Konzept für den Einsatz multiprofessioneller Teams. Auch der kürzlich von Bund und Ländern beschlossene Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulbereich kann insbesondere benachteiligten Kindern zu Gute kommen. Dank des Einsatzes von Baden-Württemberg im Bundesrat steht die Umsetzung des Rechtsanspruchs nun auf einer besseren finanziellen Grundlage.
(Antwort Lukas Weber, Wahlkreisbüro Theresia Bauer)