Frage an Theresia Bauer von Christine H. bezüglich Gesundheit
Liebe Frau Bauer,
lassen Sie mich zunächst festhalten, dass vollkommen zustimme, dass wir geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie benötigen. Desweiteren bin ich keinesfalls für verfrühte Lockerungen, dennoch sollte die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen gewahrt bleiben.
Neben Bayern, hat Baden-Württemberg als einziges Bundesland eine allgemeine unkonditionelle nächtliche Ausgangssperre verhängt. Dazu habe ich folgende Fragen:
1) Auf welchen Daten beruht die Annahme, dass eine allgemeine Ausgangssperre verglichen mit einer lokal begrenzten Ausgangsperre, die Infektionszahlen signifikant senken kann?
2) Stand heute, 4. Februar liegt die landesweite Inzidenz bei 67, somit der bundesweit dritt-niedrigste Wert. In Heidelberg liegt die Inzidenz bei 38,4.
Wäre es nicht an der Zeit die erweiterte Ausgangssperre zwischen 20 und 5 Uhr aufzuheben?
Auch abends haben Menschen, das Bedürfnis Spazieren zu gehen, Sport zu treiben oder einzukaufen. Es ist mir in keinster Weise ersichtlichlich, mit welcher Begründung diese Aktivitäten, allgemein und im speziellen in der aktuellen Phase der vorsichtigen Erholung verboten bleiben können während andere Bundesländer mit deutlich gezielteren Maßnahmen den gleichen Erfolg erzielen.
Ich freue mich auf Ihre Antwort
Vielen Dank für Ihre Frage, die ich im Auftrag von Frau Bauer gerne beantworten.
Ich gebe Ihnen recht - von allen Maßnahmen ist die abendliche Ausgangssperre vermutlich das Instrument, das am schwersten erträglich ist. Denn zum Einen ist es eine schwerwiegende Einschränkung der Freiheit, die eigene Wohnung nicht verlassen zu dürfen. Zum Anderen ist es ja tatsächlich so, dass ein Abendspaziergang, den man allein macht, nun wirklich kein bisschen zur Verbreitung des Virus beitragen kann - wohl aber sehr zum Wohlbefinden, wenn man den ganzen Tag im Homeoffice verbracht hat.
Warum gibt es diese Regel also trotzdem? Tatsächlich ist das Abschneiden der unterschiedlichen Bundesländer in der Bekämpfung der Pandemie ein wichtiger Hinweis darauf, wo besonders wirksame Maßnahmen getroffen wurden. Und wie Sie richtig schreiben, können wir feststellen, dass sich Baden-Württemberg, das noch im Frühjahr aufgrund der Ski-Reisetätigkeit um die Faschingszeit im letzten Jahr zu den drei am stärksten betroffenen Bundesländern zählte, in den letzten Wochen zum Vorreiter gemausert hat. Auch Bayern schneidet - verglichen damit, dass es im Frühjahr mit am stärksten betroffen war - mittlerweile vergleichsweise gut ab.
Wir können nicht feststellen, wieviel die Ausgangssperre konkret dazu beigetragen hat. Wir können aber schon sagen, dass die baden-württembergische Strategie, auf einen im bundesweiten Vergleich eher harten Lockdown zu setzen, sich bezahlt gemacht hat und dabei könnte das abendliche Ausgangsverbot schon eine Rolle gespielt haben. Denn Sinn der Regelung ist ja, höhere Hürden dafür aufzubauen sich zu treffen - und viele Treffen finden eben am Abend statt. Das wird erschwert und ich finde plausibel, dass damit ein relevanter Effekt einhergehen könnte.
Aus unserer Sicht gilt derzeit noch immer: alles, was uns hilft, so schnell wie möglich die Zahlen zu senken, ist erstmal gut. Denn auf zu hohem Niveau zu lockern würde ja nur dazu führen, dass wir die Maßnahmen bald wieder verschärfen müssten. Wir hoffen jedoch sehr, dass dies nun wirklich der letzte Lockdown ist - und dass wir irgendwann im Lauf dieses Jahres wieder wirklich zu unserem normalen Leben zurückkehren können. Dafür die Ausgangssperre noch etwas hinzunehmen, finden wir schwer, aber in der Abwägung akzeptabel.
Richtig ist aber auch: sobald wir wirklich eine Situation haben, in der wir Lockerungen vornehmen können, sollte die Ausgangssperre als eine der ersten Maßnahmen, auf den Prüfstand - denn in einer Demokratie können Einschränkungen der Bewegungsfreiheit nur aufrecht erhalten bleiben, wenn sie wirklich zwingend erforderlich sind.
(Beantwortung durch Florian Kollmann, Wahlkreisbüro Theresia Bauer)