Wird es eine Entpathologisierung von Transgeschlechtlichkeit im medizinischen Bereich geben?
Sehr geehrte Frau Ganserer,
ich begrüße es sehr, dass die Bundesregierung die Rechte von transgeschlechtlichen Menschen stärken will, z.B. mit der Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes. Nichtsdestotrotz wird das SBG nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein. Deswegen wollte ich nachfragen, ob die Koalition beabsichtigt den medizinischen Transitionsprozess zu entpathologiseren und ähnlich wie in den USA, Kanada oder Argentinien ein System der Informierten Einwilligung einführt. Und ob es dafür auch schon konkrete Pläne gibt. Wir müssen wohl nicht darüber diskutieren, dass das aktuelle System, in dem trans Menschen zum Alltagstest gezwungen werden und wo von ihnen erwartet wird, dass sie sich wie eine Karikatur ihres Geschlechts geben müssen, um Zugang zu Hormonen zu bekommen, eine Menschenrechtsverletzung darstellt. Mal abgesehen davon, dass im aktuellen System trans Menschen aus ländlichen Gebieten einen wesentlich erschwerten Zugang zum medizinischen Transitionsprozess haben.
Hallo Emily L. S.,
vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihr Engagement. Ich stimme Ihnen zu: Im Bereich der medizinischen Versorgung von transgeschlechtlichen Menschen in Deutschland gibt es noch sehr viel Verbesserungsbedarf!
Eine Entpathologisierung wurde bisher im neuen ICD11 der Weltgesundheitsorganisation (WHO) angeregt; diese Vorgaben müssen in Deutschland noch umgesetzt werden, weisen aber bereits in eine wünschenswerte Richtung.
Gleichzeitig setze ich mich gemeinsam mit meiner Partei dafür ein, den Rechtsanspruch auf vollständige gesetzliche Kostenübernahme für die nach den Vorgaben der Medizin notwendigen geschlechtsangleichenden Behandlungen durch die GKV gesetzlich zu verankern. Das erfolgt aber in einem eigenen Vorhaben und wird nicht Bestandteil der im Selbstbestimmungsgesetz vorgesehenen Regelungen zur amtlichen Personenstandregelung sein.
Mit freundlichen Grüßen,
Tessa Ganserer