Weshalb sind Sie mit Ihrem Nein zur Impfpflicht vulnerablen Gruppen in den Rücken gefallen?
Hallo Andreas G.,
bei der parlamentarischen Abstimmung über eine Impfpflicht handelte es sich um eine Gewissensentscheidung.
Die Entscheidung gegen eine Impfpflicht ist mir alles andere als leicht gefallen.
Dass ich mich letztendlich so entschieden habe, heißt aber keinesfalls, dass ich eine Impfung ablehne. Ganz im Gegenteil halte ich es für all diejenigen, die sich aus medizinischer Sicht unbedenklich impfen lassen können, für eine moralische Pflicht, dies zu tun. Deswegen leiste ich in meinem privaten und beruflichen Umfeld kontinuierlich Überzeugungsarbeit, damit sich Menschen impfen lassen.
Mit einer allgemeinen Impfpflicht tue ich mich allerdings schwer.
Denn diese wäre ein gravierender Grundrechtseingriff. Und der muss entsprechend gerechtfertigt sein. So sind die bisherigen Impfstoffe nicht dazu geeignet, das Virus auszurotten. Selbst geimpfte Personen können sich infizieren und sind dann auch selber ansteckend, wenn auch möglicherweise in geringerem Maße. Auch wissen wir nicht, wie gut die aktuellen Impfstoffe bei neuen Virusvarianten wirken. Ich bin außerdem nicht davon überzeugt, dass die Impfpflicht tatsächlich zur Schließung der Impflücke beitragen würde und ihre Umsetzung nicht rechtssicher sichergestellt war. Die am 6. Februar eingeführte und inzwischen wieder ausgesetzte Impfpflicht in Österreich hat beispielsweise lediglich zur Erhöhung der Quote der Erstimpfungen um 0,3% geführt.
Nach Abwägen all dieser Überlegungen und aufgrund des aktuellen Wissenstands halte ich beim Thema der allgemeinen Impfpflicht einen gravierenden Grundrechtseingriff für nicht zu rechtfertigen.
Mit freundlichen Grüßen,
Tessa Ganserer