Frage an Terry Reintke von Thomas H.
Sehr geehrte Frau Reintke,
auf der Web-Plattform „Buzz-Feed“ findet sich seit einigen Tagen ein geleakter Monitoring – Bericht des „Europäischen Auswärtigen Dienstes“ vom 09.03.2018, aus dem erhebliche Zweifel an der Seriosität Libyens als EU – Partner in der Angelegenheit geflüchteter Menschen hervorgehen. Hier ist von massiven, belegbaren Verstößen gegen Menschenrecht, sowie von weiteren Unzulänglichkeiten der ausführenden Organe die Rede. Dieser EU Bericht führt den 10 Punkte Plan der EU zur Zusammenarbeit mit Libyen ad absurdum und bedarf einer besonderen Hinterfragung.
Sie finden die entsprechende Seite unter
https://www.buzzfeed.com/de/marcusengert/leak-eu-bericht-ueber-libyen-kuestenwache?utm_term=.fl5gy0V5q#.qp6E60zbQ
auf dieser Seite ist der Originalwortlaut des EU Berichts verlinkt.
Meine Fragen:
Ist Ihnen der Inhalt dieses Berichtes bekannt ?
Welche Alternativen sehen Sie zu einer weiteren Kooperation mit Libyen ?
Was können und werden Sie im Rahmen Ihrer Tätigkeit gegen diese Verstöße unternehmen ? Eine Tolerierung dieser Zustände – evtl. durch Verschweigen – empfinde nicht nur ich als unerträglich.
Im Voraus Vielen Dank für eine baldige Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
T. H.
Sehr geehrter Herr H.,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ich teile Ihre Besorgnis vollumfänglich hinsichtlich der Zustände in Libyen.
Bereits Mitte November 2017 hatten mehrere Europaabgeordnete eine Anfrage an die Kommission gestellt mit dem Titel „Mutmaßlicher Deal mit libyschen Milizen zur Bewältigung des Zustroms von Migranten“. Darin wird die Kommission befragt:
„Hat die Kommission Kenntnis von diesem Deal mit den lokalen Milizen? Welche Maßnahmen beabsichtigt die Kommission zu ergreifen, um zu gewährleisten, dass EU-Mittel nicht in die Hände von Milizen und Menschenhändlern gelangen? Würde die Kommission eine Aussetzung der Finanzierung in Erwägung ziehen, falls sich diese Vorwürfe bestätigen?“
In der Antwort der Kommission heißt es:
„Angesichts der komplexen und instabilen Lage in Libyen wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen, um die korrekte Umsetzung und ordnungsgemäße Überwachung aller Programme zu gewährleisten. So wird beispielsweise das mit 46 Mio. EUR ausgestattete Libyen-Programm im Rahmen der regelmäßigen Überwachung und Berichterstattung, die für Organisationen vorgeschrieben sind, welche EU-Unterstützung erhalten, vom italienischen Innenministerium überwacht werden (erste Kontrollebene). Zusätzlich dazu sollen die Maßnahmen vor Ort durch eine unabhängige Instanz, mit der ein separater Vertrag geschlossen wird, überwacht werden (zweite Kontrollebene). Als weitere Kontrollebene kann die Überwachung der Maßnahmen noch durch ein Ad-hoc-Monitoring ergänzt werden. Sollten diese systematischen Bewertungen zu dem Schluss führen, dass die Bedingungen vor Ort eine Durchführung der fraglichen Maßnahmen nicht zulassen, so kann auf dieser Grundlage ihre Aussetzung beschlossen werden.“
(Beide Dokumente sind abrufbar auf der Seite meiner Kollegin und flüchtlingspolitischen Sprecherin der Greens/EFA-Fraktion Ska Keller: https://www.skakeller.de/themen/migration-und-flucht/lybischer-deal-mit-milizen-kommission-fehlt-der-ueberblick.html )
Der Monitoring-Bericht des Europäischen Auswärtigen Dienstes, auf den sich der „Buzz Feed“-Artikel bezieht, zeigt eindeutig, dass Libyen die Anforderungen in keinster Weise gewissenhaft erfüllt. Als Greens/EFA-Fraktion werden wir nicht aufhören, auf die Kommission dahingehend einzuwirken, dass endlich Maßnahmen zum Schutz der Geflüchteten ergriffen werden und die Menschenrechte in Libyen eingehalten werden. Es kann nicht sein, dass die EU den libyschen Milizen Gelder in die Hand drückt, während vor Ort Folter, Vergewaltigungen, Erpressungen, Aussetzungen in der Wüste sowie Exekutionen an der Tagesordnung sind!
Auch die Zustände der Schutzsuchenden innerhalb der Europäischen Grenzen müssen verbessert werden. Als Grüne/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament fordern wir die EU-Regierungen auf, mehr für den Schutz von Geflüchteten zu tun, ein Signal der Solidarität an Italien und Griechenland zu senden und das Dublin-System durch ein faires Verteilungssystem zu ersetzen.
Meine Kolleg*innen haben hierzu ein Konzeptpapier vorgelegt, das eine Grüne Alternative zum derzeitigen Dublin-System ist: https://www.greens-efa.eu/de/artikel/document/the-green-alternative-to-the-dublin-system/
Herzliche Grüße
Terry Reintke