Frage an Tabea Rößner von Esther B. bezüglich Gesundheit
- Reserve-Antibiotika, die zur Rettung von Menschenleben gedacht sind, werden in der Tierhaltung eingesetzt.
- Pharmafirmen lassen es zu, dass Antibiotika-Abfälle (im Ausland) einfach in die Umwelt gelangen.
- Es gibt ein Pfand auf leere Dosen, aber keines auf Verpackungen oder Reste von Antibiotika.
- Der laxe Umgang mit Antibiotika bei uns und noch gravierender in vielen anderen Ländern gefährdet die Gesundheit aller.
Was gedenken Sie gegen die fortschreitende Entstehung und Ausbreitung multiresistenter Keime zu tun?
Sehr geehrte Frau B.,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 21. August 2017. Ich teile Ihre Sorge um die Ausbreitung multiresistenter Keime.
In der Tat bleibt der Einsatz sogenannter Reserveantibiotika in der Tierhaltung auf hohem Niveau – trotz der Reduktionserfolge bei der Gesamtmenge abgegebener Antibiotika. Doch gerade diese sensible Arzneimittelgruppe muss für die Verwendung im Humanbereich vorgehalten werden. Relevante Reserveantibiotika müssen in einer Positivliste des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft aufgeführt werden. Nur in begründeten Ausnahmefällen dürfen diese Medikamente in den Ställen eingesetzt werden. Das von den Koalitionsparteien vorgelegte Umwidmungsverbot ist nur Schönfärberei.
Den Tierärztinnen und Tierärzten kommt im Umgang mit Antibiotika eine ganz entscheidende Rolle zu. Sie sollen die Tierhalter beraten, wie sie durch die Haltung und Fütterung die Gesundheit der Tiere fördern können. Nämlich durch mehr Platz, Licht, Zugang zu Außenbereichen, Beschäftigung und artgerechtes Futter. Wir wollen, dass diese Fachleute wieder mit der Anwendung ihres Wissens ihren Lebensunterhalt bestreiten können und nicht durch den Verkauf von Antibiotika im Familienpack. Daher fordern wir eine Stärkung der vorbeugenden tierärztlichen Bestandsbetreuung. Es müssen einheitliche Abgabepreise für Antibiotika festgelegt und die Rabattgewährung aufgehoben werden.
Der Kampf gegen Antibiotikaresistenzen bleibt lückenhaft, unbestimmt und ungenau. Die Deutsche-Antibiotikaresistenzstrategie der Bundesregierung (DART) kann nicht darüber hinweg täuschen, dass die Antibiotikaminimierung auch im Humanbereich stockt. Es braucht einen ganzen Strauß an Maßnahmen: Eine Aufklärungsoffensive für den bewussten Umgang mit Antibiotika und über die Risiken multiresistenter Erreger wird dringend benötigt. Mit einer guten Diagnostik und gezielter Therapie könnten bis zur Hälfte der Antibiotikaverschreibungen im ambulanten Bereich reduziert werden. Deshalb brauchen wir endlich umfassende Leitlinien für den Antibiotikaeinsatz im ambulanten Bereich. Auch im stationären Bereich besteht enormes Einsparpotenzial. Bereits bei stationären Aufnahmen muss eine gründliche Anamnese in Kombination mit Screening-Verfahren für Risikopatientinnen erfolgen. Damit wir nicht in das Vor-Penicillin-Zeitalter zurückfallen, brauchen wir verbindliche Reduzierungsziele für den Antibiotikaeinsatz im Humanbereich.
Hier ein Link zu dem Antrag meiner Fraktion: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/031/1803152.pdf
Herzliche Grüße
Tabea Rößner