Das Foto zeigt eine Portraitaufnahme von Tabea Rößner vom Juni 2021.
Tabea Rößner
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Friedemann K. •

Frage an Tabea Rößner von Friedemann K. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Rößner,

sehen Sie die Einwirkungsmaßnahmen der deutschen Politik beim Verkauf von 65 % des Opel Europageschäfts an die russische Sberbank/Gaz und Magna Steyr sowie die Zurverfügungstellung von insgesamt 6 Milliarden Euro Steuergeldern (Überbrückungskredit sowie Bürgschaften) als generell taugliches Modell an, wie notleidenden Unternehmen von staatlicher Seite zu helfen ist?

Hätte es für Sie theoretisch einen Grad an wirtschaftlicher Unrentabilität des Opel Europageschäfts gegeben, bei dem Sie, wenn Sie hätten entscheiden müssen/dürfen, die immensen Steuermittel nicht mehr vertreten könnten?

Im Verlauf des Bieterverfahrens hatte auch ein chinesisches Unternehmen ein Angebot unterbreitet. Dieses ist von dem hessischen Ministerpräsidenten Koch insbesondere mit der Begründung abgelehnt worden, hier bestünde die Gefahr, dass deutsches Know How nach China abgezogen würde. Warum besteht im Fall der neuen russischen Anteilseigner nicht die Gefahr des Know How-Abzugs, dieses Mal nach Russland?

Schließlich: Sind Sie, falls Sie nicht schon längst ein solches benutzen, inzwischen auch auf ein Fahrzeug der Marke Opel umgestiegen, um Ihren Teil zur Gesundung des Opel-Konzerns beizutragen?

Ich freue mich auf Ihre Antworten.

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Kobusch,

vielen Dank für Ihre Fragen zu dem wirklich sehr aktuellen Thema Opel, das nicht nur wegen der örtlichen Nähe und der vielen Mainzer Bürgerinnen und Bürger, die bei Opel arbeiten, von hoher Bedeutung ist.

Ihr Fragen sind teilweise etwas hypothetisch, ich möchte daher etwas im Zusammenhang ausführen und hoffe, dass Sie damit als Beantwortung auch einverstanden sind.

Ich sehe es grundsätzlich als gerechtfertigt an, dass Unternehmen, die einer Unterstützung bedürfen, diese in einem überprüfbaren Verfahren auch erhalten können. Das trifft sowohl auf ein Unternehmen in Gründung zu, welches einen Gründungskredit erhält, aber auch auf ein mittelständisches Unternehmen, dem durch Forderungsausfall ein Liquiditätsengpass droht. Beides ist Praxis in der Bundesrepublik. Dennoch besteht für mich die staatliche wirtschaftspolitische Rolle in erster Linie darin, die Regeln des Marktes zu bestimmen, zu überwachen und deren Einhaltung durchzusetzen - der Staat ist der erste ordnungspolitische Garant. Weiterhin ergibt sich eine besondere staatliche Verantwortung für die Menschen, denen Ausnutzung droht und für den Schutz natürlicher und unveräußerlicher Ressourcen und Güter. Gerade die Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen ist hierbei lange Zeit viel zu wenig berücksichtigt worden.

Für den Fall einer so tief greifenden Krise, wie die der Jahre 2008, 2009 und möglicherweise auch noch weiterer Jahre ist der Staat aber auch in seiner Rolle als fiskalischer Impulsgeber sowie als Innovationstreiber gefragt - und nicht zuletzt auch in dem Punkt, Krisenauswirkungen abzumildern.

Hier besteht auch ein eigenes Interesse am Schutz für die Beschäftigten ebenso wie für die Unternehmen, die besonders hart von der Krise betroffen sind: darum sind Eingriffe wie das Kurzarbeitergeld, die Zurverfügungstellung von Liquidität und andere Maßnahmen gerechtfertigt - wenn sie geeignet sind.

Darüber darf aber in der jetzigen Zeit nicht hinwegtäuschen, dass es einen Bedarf für einen Wandel in den Wirtschaftsunternehmen, für eine ökologische Modernisierung gibt.

Ich bin - ganz ehrlich gesprochen - keine ausgesprochene Automobilexpertin. Ich bin aber davon überzeugt, dass das Auto der Zukunft anders ausgestattet sein muss, anders angetrieben werden muss und andere Bedingungen erfüllen muss als heute. Darum hätte ich mir vorstellen können, die Kompetenzen, die in der Fahrzeugentwicklung in Rüsselsheim schlummern, stärker auf eine zukunftsfähige Mobilität auszurichten. Dies hätte umso mehr die 6 Mrd. € an Bürgschaften, Liquiditätshilfen und Förderkrediten gerechtfertigt.

Ich kann die Zuwendung solcher Summen nicht rechtfertigen, sofern hier keine zukunftsfähige Technologie verfolgt und entwickelt wird - und auch dann nicht, wenn keine Chance auf eine wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens besteht. Ich denke, hier hätte ein besseres Ergebnis erzielt werden können, im Sinne der weiteren ökologischen Erneuerung der Marktwirtschaft und in der Sicherung der Beschäftigung im Konzern Opel.

Ich finde grundsätzlich, dass in diesen Zeiten der Globalisierung kein vorzeitiger Ausschluss für Unternehmen erfolgen kann - nur wegen ihrer Herkunft. Die Gefahr einer "Abwanderung von Know-How" ist nicht zu unterschätzen, sie ist aber in einer exportorientierten und wettbewerbsausgerichteten Marktwirtschaft innewohnend. Gleich ob nach Russland oder China.

Abschließend, ich mache keine Werbung: ich fahre ein Auto, das schon vor einiger Zeit in Niedersachsen hergestellt wurde und den Namen einer schottischen Sportart trägt. Das aber in der Abgasreinigung auf dem neusten, technisch verfügbaren Stand ist und einen ansehnlich geringen Verbrauch aufweist. Ich habe weder die "Abwrackprämie" genutzt, noch plane ich derzeit eine Neuanschaffung. Mein Verständnis von Nachhaltigkeit ist eines, in dem Produkte langlebig genutzt werden sollen, um die eingesetzten Ressourcen sparsam zu verwenden und die Senken wenig zu belasten.

Aber wenn ich mal ein neueres Auto brauchen sollte, schaue ich bestimmt auch auf die Angebote der Marke mit dem Blitz.

Herzliche Grüße
Tabea Rößner

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