Frage an Sylvia Löhrmann von Tobias K. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrte Frau Löhrmann,
Wie verträgt sich eine Forderung nach Einführung eines bekenntnisorientierten Islamunterrichtes mit der grundgesetzlichen Trennung von Kirche und Staat? Religionsunterricht muss wegen der grundgesetzlich festgelegten Religionsfreiheit neutral sein und darf nicht bekenntnisorientiert für eine bestimmte Religion werben.
Mit erwartungsvollen Grüßen
Tobias Keller
Sehr geehrter Herr Keller,
vielen Dank für Ihre Mail vom 1. Juni 2011 und Ihre Frage nach dem islamischen Religionsunterricht. Dieser lässt sich sehr wohl mit der Trennung von Staat und Kirche vereinbaren.
Nach Artikel 7 Absatz 3 des Grundgesetzes ist der Religionsunterricht ordentliches Lehrfach, das in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der jeweiligen Religionsgemeinschaften erteilt wird. Von daher ist der Religionsunterricht niemals neutral sondern immer bekenntnisorientiert.
Gerade weil der Staat weltanschaulich neutral ist, muss er das Pflichtfach Religion in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der jeweiligen Glaubensgemeinschaft organisieren. Der Staat kann wohl die Inhalte des Deutschunterrichts, des Geschichtsunterrichts und die Inhalte aller anderen Fächer in eigener Verantwortung bestimmen, aber beim Religionsunterricht steht ihm das Urteil über die Glaubensinhalte nicht zu.
In Nordrhein-Westfalen wird auf dieser Grundlage katholischer, evangelischer, jüdischer, alevitischer und orthodoxer Religionsunterricht angeboten. Die Einführung des bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterrichts für die über 320.000 muslimischen Schülerinnen und Schülern ist kein Widerspruch zum Grundgesetz, sondern dessen logische Konsequenz.
Der Staat wirbt auch übrigens nicht für eine bestimmte Religion. Seine Aufgabe ist es nur, für Schülerinnen und Schüler aller Konfessionen ein Angebot bereitzuhalten.
Ich hoffe, dass meine Ausführungen Ihre Sorge, dass der bekenntnisorientierte islamische Religionsunterricht im Gegensatz zum Grundgesetz stehen könnte, zerstreut haben.
Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Löhrmann