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Sylvia Löhrmann
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Frage von Rita S. •

Frage an Sylvia Löhrmann von Rita S. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Ministerin Löhrmann,

meine Frage habe ich bereits z.T. an Frau Kraft gestellt. Eigentlich möchte ich Ihnen hier nun endlich einmal meine Freude über die neue Landtagsregierung ausdrücken! Meine Familie und Freunde hoffen von ganzem Herzen auf ein gutes Gelingen, weil wir Frau Kraft und Ihnen endlich vertrauen können! Nach einer langen Phase der Politik-Verdrossenheit haben wir nun Hoffnung darauf, dass Sie und Ihre Minister sich t at s ä c h l i c h für die Sorgen und Belange Ihrer Bürger einsetzen!

Ihre Ministerin Angelika Schwall-Düren und zwei Ihrer Parteimitglieder, haben mir bereits bewiesen, dass unsere Probleme für sie interessant genug sind, um sich dafür zu engagieren, auch wenn uns nicht mehr geholfen werden konnte.
Wir sind deshalb immer noch sehr bedrückt, denn es ging um eine junge Familie aus Tschetschenien mit vier kleinen Kindern, die hier geboren waren. Unser Einsatz kam zu spät-das Ausländeramt Coesfeld hatte sie bereits nach Moskau abgeschoben!
Ich werde noch oft mit Fragen nach den Kindern konfrontiert, weil unser Dorf klein ist und ich an der Bushaltestelle oft kleine Schulfreundinnen der ältesten Kinder, Desi und Magomed, treffe.

Es tut verdammt weh, wenn ich zu hören bekomme:"Warum musste Desi denn weg? Sie war doch so lieb und so schlau!" Immer noch sollen die Schulsachen der Kleinen unter ihrem Pult liegen und ihre Freundinnen sorgen sich sehr: "Kriegen die Kinder denn zu Essen? Haben sie denn eine Wohnung? Was haben sie denn zum Spielen und haben sie auch was zum Anziehen?"

Diese Fragen kann ich doch nicht beantworten, weil ich mich täglich selbst danach frage! Barbara Gladysch hat so sehr versucht, uns zu helfen, nun sagt sie, ich müsse vergessen, weil nichts mehr zu machen sei.

Kann das Asyl- und Ausländerrecht nicht insoweit geändert werden,, dass man denen mehr Menschlichkeit gewährt, die sich integrieren und das Recht und die Gesetze unseres Landes akzeptieren und einhalten?

Herzliche Grüßen
R. Schmidt

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Schmidt,

zunächst einmal vielen Dank für Ihre guten Wünsche und die freundlichen Worte. Bitte sehen Sie mir nach, dass ich - unter anderem aufgrund der Ferienzeit - erst jetzt zu einer Antwort komme.

Sie haben Recht, es ist schwer nachvollziehbar, dass aus Deutschland Menschen abgeschoben werden, die schon lange hier leben, deren Kinder gut integriert sind und oftmals herausragende Schulleistungen erbringen. Dies kritisieren wir als Grüne seit vielen Jahren. Schuld daran ist ein Ausländerrecht, das immer noch nicht gesetzlich nachvollzogen hat, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist und dass wir vor allem vor dem Hintergrund des demografischen Wandels Zuwanderung brauchen. Auch das im Grundgesetz verankerte Recht auf Asyl gebietet es, die Flüchtlingspolitik nach humanitären Grundsätzen zu gestalten. Leider gibt es im Bund aktuell keine Mehrheiten für eine entsprechende Änderung des Aufenthaltsgesetzes. Allerdings haben wir im Rahmen der rot-grünen Koalitionsverhandlungen die landesrechtlichen Spielräume ausgelotet und zu verschiedenen Bereichen konkrete Vereinbarungen getroffen.

Erlauben Sie, dass ich hierzu einen entsprechenden Auszug aus dem Koalitionsvertrag zitiere:

"NRW schützt Menschen vor Verfolgung und in Not

Die bestehende Altfallregelung für langjährig geduldete und integrierte Flüchtlinge konnte das Problem der so genannten Kettenduldungen nicht nachhaltig lösen. Daher wird sich NRW im Bundesrat und in der Innenministerkonferenz für eine wirksame gesetzliche Bleiberechtsregelung ohne Stichtag und Sippenhaft einsetzen. Sie soll die unzumutbar hohen Anforderungen an die Lebensunterhaltsicherung senken und für Alte, Kranke und Traumatisierte eine an humanitären Kriterien ausgerichtete Regelung schaffen. Wir wollen darüber hinaus - unter besonderer Berücksichtigung integrationspolitischer und humanitärer Gesichtspunkte - die landesrechtlichen Spielräumen nutzen, damit die Betroffenen von der bestehenden Rechtslage profitieren können.

Dazu gehört, dass die zeitliche Begrenzung für Verlängerungsanträge für die Altfallregelung entfällt. Die Regelungen zum Vollzug der gesetzlichen Altfallregelung wollen wir an den Bestimmungen in Rheinland Pfalz orientieren. § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz ist großzügig und im Einklang mit der Rechtsprechung anzuwenden. Dabei ist insbesondere anzustreben, dass diejenigen Ausländerinnen und Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, die wegen ihrer Verwurzelung in Deutschland nicht abgeschoben werden können.

Wir begrüßen, dass die Bundesregierung die Vorbehaltserklärung zur UN-Kinderrechtskonvention zurückgenommen hat. Damit wird dem besonderen Schutz Minderjähriger Flüchtlinge Rechnung getragen.

Dies wollen wir bei der Unterbringung und Betreuung unbegleiteter Minderjähriger Flüchtlinge in NRW umsetzen.

Wir wollen die bestehenden Regelungen zur Überprüfung von Sicherheitsbedenken bei Aufenthalten nach dem Aufenthaltsgesetz (Erlass vom 11. Juli 2007) bei Ausländerinnen und Ausländern aus bestimmten Herkunftsländern hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit evaluieren.

Wir wollen, dass humanitäre Hilfe für "Menschen ohne Papiere" nicht kriminalisiert wird. Daher setzen wir uns auf Bundesebene für eine entsprechende Änderung des Aufenthaltsgesetzes ein.

Für die Angehörigen von Minderheiten im Kosovo ist die derzeitige Lage nach wie vor angespannt, Integrationschancen sind faktisch nicht vorhanden. Vor diesem Hintergrund wollen wir geplante Rückführungsmaßnahmen der Ausländerbehörden unter dem Aspekt des Schutzes von Familien und Alleinreisenden Frauen überprüfen. Ziel ist es, besondere Härten im Rahmen der landesrechtlichen Spielräume zu verhindern. Die Rückkehrprogramme für eine freiwillige Ausreise wollen wir ausbauen."

Dieses Arbeitsprogramm wollen wir in den nächsten Monaten umsetzen und damit die rigide Abschiebepolitik der Vorgängerregierung ändern. Auch auf Bundesebene wird sich NRW (mit geänderten Mehrheitsverhältnissen im Bundesrat!!) für eine Änderung des Aufenthaltsgesetzes einsetzen.

Gleichwohl wird es auch weiterhin notwendig sein, dass engagierte Menschen wie Sie vor Ort die zu uns gekommenen Menschen unterstützen und auf eklatante Einzelfälle hinweisen.

Mit freundlichen Grüßen und Dank für Ihr Engagement

Sylvia Löhrmann MdL