Frage an Sylvia Löhrmann von Michael P. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Löhrmann,
zunächst gratuliere ich Sie zu Ihrem Ministeramt. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg für die nächste Zeit.
Doch nun zu meinen Anliegen:
1) Ich habe gerade erfolgreich die allgemeine Hochschulreife erworben und möchte in absehbarer Zeit ein Lehramtsstudium für die Schulform Gymnasium/Gesamtschule aufnehmen. Nun habe ich in Ihrem Wahlkampf erfahren, dass Sie ja die so genannte "Gemeinschaftsschule" einführen wollen. Erwarte ich also eine "Neuerung" des Lehramtsstudiums, in der die Unterscheidung "Gymnasium, Real- und Hauptschule" nicht mehr existieren und wenn ja, wie werden sie aussehen?
2) Gestern haben sich die Hamburger gegen die schwarz-grünen bildungspolitischen Pläne, die sich ja auch weitgehend mit Ihren Plänen stark ähneln, entschieden. Nach dem Volksentscheid war ein bundesweiter Medienecho die Folge. Sehen Sie nach dieser massiven Proteste in Hamburg immer noch Chancen, diese Bildungspolitik, die Sie anstreben, erfolgreich in Nordrhein-Westfalen zu realisieren?
Und: Bedeutet nun die Einführung der "Gemeinschaftsschule" de facto das Ende des klassischen Gymnasiums in Nordrhein-Westfalen?
3) Die Schüler der CDU-FDP geführten Länder wie Sachsen, Bayern oder Baden-Württemberg haben regelmäßig bei PISA-Studien die "Nase vorn", auch Nordrhein-Westfalen hat sich - trotz einiger Pannen wie bei der Durchführung des Zentralabiturs oder bei der Realisierung des "G8" - in der letzten Legislaturperiode stark verbessert. Wie konkret möchten Sie also die Politik der CDU-FDP-Regierung weiter "nachbessern"?
4) Die Abschaffung der Studiengebühren begrüße ich als werdender Student natürlich sehr, doch wenn das Land die Hochschulen nun gegenfinanziert, nehmen Sie somit eine (Neu-)verschuldung des Landes in Kauf. Halten Sie an Ihr Vorhaben, die Gebühren abzuschaffen, unvermindert fest oder werden Sie eine andere "Zwischenlösung" (bspw. Senkung der Gebühren) in Betracht ziehen?
Vielen Dank im Voraus,
Park
Sehr geehrter Herr Park,
haben Sie Dank für Ihre Fragen und für Ihre guten Wünsche. Durch die Umstellung komme ich erst jetzt dazu, die eMails, Nachrichten und Anfragen, die mich in dieser Übergangsphase erreicht haben, nach und nach abzuarbeiten - dafür bitte ich um Verständnis.
1. Zu Ihrer Hochschulreife gratuliere ich, und ich freue mich, dass Sie ein Lehramtsstudium aufnehmen wollen. Aktuell gibt es keine Neuerungen im Lehramtsstudium. Durch die Einführung der Gemeinschaftsschule ändert sich nicht zwingend etwas an den Lehramtsstudiengängen. Wie Sie vielleicht inzwischen der Presse entnommen haben, wird die Gemeinschaftsschule dort möglich gemacht, wo sie gewünscht wird. Keine Schulform wird abgeschafft. Und auch an den in Zukunft entstehenden Gemeinschaftsschulen werden Lehrer benötigt, die gymnasiale Standards unterrichten können.
2. Um ein Missverständnis aus der Welt zu schaffen: Das Hamburger Konzept ist von dem hier in NRW völlig unterschiedlich. In Hamburg ging es um die Einführung der 6-jährigen Primarschule. Hier in NRW bleibt die Grundschule unangetastet. NRW ist ein Flächenland, das ganz andere Konzepte erfordert als ein Stadtstaat wie Hamburg.
Die Einführung der Gemeinschaftsschule bedeutet weder "de facto" noch theoretisch das Ende des Gymnasiums. vgl. 1.
3. Die Schulpolitik des Landes steht vor zwei zentralen Herausforderungen: Es muss uns erstens stärker als bisher gelingen, jedes einzelne Kind und jeden einzelnen Jugendlichen zu fördern und damit endlich die unübersehbaren sozialen Hürden und Barrieren abzubauen. Wir müssen allen Kindern die gleichen Chancen einräumen, unabhängig von ihrer Herkunft und dem Geldbeutel ihrer Eltern. Zweitens müssen wir unser Schulsystem leistungsfähiger machen – in der Spitze und der Breite. Wir wollen ein sozial gerechtes und leistungsförderndes Schulsystem schaffen, das alle Potenziale und Talente entfaltet, Verschiedenheit schätzt und kein Kind zurücklässt.
4. Ja, die rot-grüne Landesregierung plant die komplette Abschaffung der Studiengebühren im kommenden Jahr. Ein entsprechender Gesetzentwurf befindet sich im parlamentarischen Verfahren. Die jetzige Landesregierung ist der Auffassung, dass Investitionen in Bildung Investitionen in die Zukunft sind, die zwar kurzfristig zu Mehrbelastungen im Haushalt führen, langfristig aber "Rendite" bringen.
Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Löhrmann MdL