Frage an Sylvia Löhrmann von Klaus L. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Löhrmann,
die schwarz-grüne Koalition in Hamburg hat drastische Erhöhungen bei den Kindergartengebühren beschlossen. Die Gebühren sollen sich um bis zu 100 EUR monatlich erhöhen; besonders betroffen werden die Eltern behinderter Kinder sein. (Quelle: http://www.rp-online.de/panorama/deutschland/Kraeftige-Erhoehung-der-Kindergartengebuehren_aid_843921.html )
Meine Frage an Sie:
Muss man Derartiges auch in Nordrhein-Westfalen befürchten, sollten die Grünen Regierungsverantwortung erlangen?
Vielen Dank für eine kurze Einschätzung.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Lemke
Sehr geehrter Herr Lemke,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne beantworte:
In NRW gab es bis 2006 eine landeseinheitliche Elternbeitragstabelle. Kommunen, die damals aufgrund einer einkommensschwachen Bevölkerung (z.B. wegen hoher lokaler Arbeitslosigkeit) geringe Elternbeitragseinnahmen hatten, erhielten einen finanziellen Ausgleich vom Land. Die Abschaffung der landeseinheitlichen Tabelle von CDU und FDP 2006 und die folgende Kommunalisierung hatte 2 Effekte: Das Land sparte 84 Millionen Euro an Ausgleichzahlungen an Kommunen mit einer einkommensschwachen Elternschaft ein und genau diese mussten Elternbeiträge erhöhen, um die wegfallenden Landesmittel zu ersetzen. Finanzstarke Kommunen - einige wenige gibt es ja - konnten Elternbeiträge absenken oder sogar abschaffen, wie in Düsseldorf für Kinder ab 3 Jahren.
Als GRÜNE waren und sind wir für landeseinheitliche Elternbeiträge. Oft haben uns Eltern geschrieben, wie ungerecht sie die unterschiedlich hohe Beitragserhebung empfinden. Diese Sichtweise teilen wir, übrigens auch mit den Kindergartenträgern. Landeseinheitlichkeit hätte die Umkehrung des oben genannten Effekts zur Folge: Je nach Kommune kann also eine Anpassung nach oben erfolgen oder eine Absenkung. Allerdings können wir uns auch einen Kompromiss vorstellen. Uns ist es wichtig, dass für Kinder aus armen oder einkommensschwachen Familien kein finanzielles Hindernis bestehen darf, um Kindertagesbetreuung wahrzunehmen. Denn die Kita ist ein Ort der außerfamiliären Bildung. Deswegen sollten Eltern landesweit von Elternbeiträgen freigestellt werden, die weniger als 25.000 Euro verdienen. Der Steuergrundfreibetrag für ein Paar mit einem Kind liegt übrigens bei 23.017 Euro. In 164 der 180 Jugendamtsbezirke NRWs werden Elternbeiträge erhoben, obwohl die Eltern aufgrund ihres geringen Einkommens keine Steuern zahlen müssen. Das muss dringend und sofort geändert werden.
Die Freistellung einkommensschwacher Eltern müsste evtl. mit einer Beitragshöchstgrenze kombiniert werden. Finanzschwache Kommunen sind rechtlich verpflichtet, Gebühren zu erhöhen, ehe sie ansonsten Kredite aufnehmen müssten (kommunales Haushaltsrecht gemäß Gemeindeordnung). Dies könnte man durch eine gesetzliche Höchstgrenze verhindern.
Unser Wahlprogramm sieht darüber hinaus vor, den Kindergarten perspektivisch beitragsfrei zu stellen. Das deckt sich mit den Vorstellungen unseres "Wunschpartners" SPD. Allerdings kann das erst dann vorgenommen werden, wenn es gegenfinanziert werden kann. Außerdem planen wir noch andere Maßnahmen im Elementarbereich, die ebenfalls Kosten verursachen. So müssen erst einmal die bestehenden Betreuungsbedarfe der Eltern gedeckt werden (vor allem U 3) und das mit einer guten Personalausstattung. Mit Kibiz fiel NRW beim U 3 Ausbau von vorletzten auf den letzten Platz aller Bundesländer beim U 3 Ausbau und noch dazu hat sich die Zahl der Kinder pro Fachkraft erhöht.
Es muss (und wird hoffentlich) also eine Menge geschehen, aber ganz sicher keine flächendeckenden Beitragserhöhungen.
Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Löhrmann MdL