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Sylvia Löhrmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Klaus L. •

Frage an Sylvia Löhrmann von Klaus L. bezüglich Verkehr

Sehr geehrte Frau Löhrmann,
wenn man sich die Positionen der Grünen so anschaut, könnte man den Eindruck gewinnen, dass es 2 Kategorien von Verkehrsmitteln gibt, nämlich die "guten" und die "bösen".
Böse Verkehrsmittel sind Flug- und Kraftfahrzeuge, gute sind (Binnen-)Schiffe und Eisenbahnen.
Ich will an dieser Stelle gar nicht die Frage aufwerfen, warum es auch zu Zeiten einer rot-grünen Koalition im Bund nicht gelungen ist, Flugbenzin zu Lasten der dann betroffenen Aktionäre zu versteuern, während die privaten Autofahrer unter einer erheblichen Kostenbelastung zu leiden haben. Auch dass die ach so umweltfreundliche Bahn ganz überwiegend mit Atomstrom fährt, soll hier nicht Thema sein. Nein, mir geht es um etwas anderes:
Güter gehören auf die Bahn, das ist Ihr Credo.
Dagegen ist per se auch nichts einzuwenden.
ABER:
Sie treten (durchaus mit Recht, nicht, dass wir uns da falsch verstehen) vehement ein für den Schutz der Bürgerinnen und Bürger gegen Flug- und Autolärm. Aber was ist mit denjenigen, die unter Lärm durch den Güterverkehr der Bahn leiden? Sind deren Interessen nachrangig, weil die Bahn als "gutes" Verkehrsmittel angesehen wird?
Wie lässt es sich erklären, dass Sie einerseits (zu Recht!) für ein Nachtflugverbot an den Flughäfen eintreten, andererseits der weitaus größte Teil des Güterzugverkehrs ausschließlich nachts abgewickelt wird, ohne dass ein Protest der Grünen dagegen vernehmbar ist?
Bürgerinnen und Bürger in Krefeld, Viersen, Mönchengladbach leiden schon heute unter einer extremen (nicht nur, aber vorwiegend nächtlichen) Lärmbelästigung durch den Bahnverkehr, von den Anwohnern an der Betuwe-Linie mal ganz zu schweigen. Höre ich irgendwo Proteste der Grünen dagegen?
Für eine Stellungnahme zu diesem Themenkomplex wäre ich sehr dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Lemke

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Lemke,

vielen Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse an den Grünen Positionen. Bitte entschuldigen Sie zunächst, dass Sie etwas auf die Antwort warten mussten, aber ich bin - wie Sie sich sicher vorstellen können - derzeit einfach sehr viel im ganzen Land unterwegs. Aber nun zu Ihrer Frage:

Bezogen auf die Verkehrspolitik hat für uns als Grüne der Lärmschutz für die Menschen unabhängig von der Art des Verkehrsmittels oberste Priorität. Ohne Einschränkung gilt dies für uns beim Luftverkehr im gleichen Umfang wie beim Straßen- und/oder Schienenverkehr. Möglicherweise nehmen Sie dies deshalb unterschiedlich wahr, weil die Luftverkehrspolitik in weiten Teilen Angelegenheit der Landespolitik ist. Die entsprechenden Genehmigungen für die Flughäfen werden durch das Landesverkehrsministerium erteilt und unterliegen damit auch dem unmittelbaren Einfluss von landespolitischen Entscheidungen.

Beim Lärm im Bereich des Straßen- oder des Schienenverkehrs stellt sich dieser Sachverhalt etwas anders dar. Investitionen in die Lärmsanierung von Bundesfernstraßen wie auch für das Schienennetz sind Angelegenheiten der Bundespolitik. Bereits im Jahr 1997 hat die Grüne-Bundestagsfraktion einen Gesetzentwurf zur "Lärmsanierung an bestehenden Straßen- und Schienenstrecken" in den Bundestag eingebracht. Nach der Regierungsübernahme im Jahr 1998 wurde auf Initiative der Grünen erstmals für die Lärmsanierung an bestehenden Schienenstrecken Investitionsmittel in den Bundeshaushalt eingestellt. Vor diesem Hintergrund haben unsere Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag auch die Umsetzung des Nationalen Lärmschutzpaktes unterstützt. Hiermit wurden die Schutzwerte vor Lärmemissionen weiter abgesenkt. Und aktuell fordert die Grüne Bundestagsfraktion in einem Antrag für den Bundeshaushalt 2010, dass die Investitionsmittel für die Lärmsanierung an Schienenstrecken auf 200 Million Euro verdoppelt werden sollen.

Aber auch auf Landesebene waren wir nicht untätig. Für den Bau der Betuwe-Linie ist noch unter der seinerzeitigen Rot-Grünen Landesregierung durch einen Vertrag mit der Bahn vereinbart worden, dass für den Bau des dritten Gleises der notwendige Lärmschutz vorgezogen werden soll. Diese vorgezogenen Lärmschutzinvestitionen sollten aus dem Landeshaushalt finanziert werden. Bis heute ist die Umsetzung aber mit fadenscheinigen Begründungen durch die Bahn abgelehnt worden, obwohl durch eine sogenannte Blockverdichtung bereits deutlich mehr Güterzüge über das bestehende Schienennetz gefahren werden. Dies haben wir im Landtag mehrfach durch entsprechende Initiativen angemahnt.

"Mehr Güter auf die Schiene - mit besserem Lärmschutz", so lautet die entsprechende Überschrift in unserem Zukunftsplan NRW, den Sie gerne unter http://www.gruene-nrw.de nachlesen können. Deshalb hat für uns bei einer möglichen Realisierung des Eisernen Rheins der Lärmschutz oberste Priorität. Darüber hinaus wollen wir uns dafür einsetzen, dass bei der Bahn ein lärmabhängiges Trassenpreissystem eingeführt wird, um die Einführung von lärmarmen Güterwaggons deutlich zu beschleunigen. Gleichfalls sind wir der Auffassung, dass der sogenannte "Lärmbonus" bei der Planung und dem Bau von Schienenstrecken entfallen soll.

Sehr geehrter Herr Lemke,

hoffentlich konnte ich Ihnen mit meinen Ausführungen deutlich machen, dass sich die Grünen für alle vom Lärm betroffenen Menschen in NRW einsetzen. Meine Fraktion steht Ihnen für weitere Fragen hierzu gerne zur Verfügung. Und an dieser Stelle möchte ich mich bei unseren Fachleuten für die gute Zuarbeit bedanken!

Mit freundlichen Grüßen

Sylvia Löhrmann MdL