Frage an Sylvia Kotting-Uhl von Samy Nassif M. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Abgeordnete Kotting-Uhl,
mit einigem Entsetzen habe ich in den letzten Tagen über den Zustand unserer Meere und der Fischbestände gelesen. 80% des Fischbestandes seien bereits jetzt akut überfischt und stünden quasi vor der Ausrottung. Spanische und Chinesische Fangflotten (vielleicht auch andere?) würden, ohne Rücksicht auf Nachhaltigkeit, die Meere leer fischen und mit Grundnetzen die Korallenriffe und damit die Kinderstube der Ozeane vernichten.
Ich empfinde dies als existentielle Bedrohung - was unternimmt die Regierung und das Parlament und vielleicht sogar Sie persönlich, um diesem fatalen Treiben ein Ende zu setzen?
Nicht nur die Umweltschäden, sondern auch die bald arbeitslosen Fischer und die bereits jetzt spürbaren sozialen Folgen in den Staaten Afrikas, die mangels durchsetzungsstarker Küstenwache sich eines Teils Ihrer Lebensgrundlage entzogen sehen - das kann doch nicht der Wille des deutschen Volkes sein, dem untätig zuzusehen, oder sehen Sie dies anders?
Ich freue mich auf Ihre Antwort,
freundliche Grüße,
Samy Nassif Makki
Sehr geehrter Herr Samy Nassif Makki,
zuerst muss ich Sie um Entschuldigung für die lange Wartezeit bitten, das ist eigentlich nicht meine Art. Ich hatte Ihre Frage gesondert abgelegt, da ich die Antwort nicht "aus dem Ärmel schütteln" wollte, sondern auch die grünen Kolleginnen aus dem Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz nach dem Diskussionsstand fragen wollte, und dann - ich muss es gestehen - hinter anderen "to do"-Listen vergessen.
Ja - der Zustand unserer Meere und Fischbestände ist in der Tat zum Entsetzen. Er ist eines der gravierendsten Beispiele dafür wie über alles Maß verbrauchend - unnachhaltig - wir mit den Ressourcen der Welt umgehen.
Das Problem wird potenziert durch die Tatsache, dass nicht nur die Fischerei selbst, sondern eine Vielzahl anthropogener Einflüsse die Meereslebensräume belasten.
Wie Sie zu Recht anmerken, hat der Raubbau an den Fischereigründen und hier insbesondere auch an den von Ihnen genannten fischreichen Gründen vor Afrika und im Pazifik auch immer deutlicher spürbare ökonomische Folgen. Die von uns Grünen immer wieder in die Debatte gebrachte Vorsorgestrategie und der Ökosystemansatz (nachhaltige Fischerei im Einklang mit gesunden Meeresökosystemen) werden inzwischen von immer mehr politischen Akteuren geteilt - weil die drohenden ökonomischen Verluste nicht mehr nur die Küstenfischer der Länder vor Ort betreffen, sondern zu sinkender Produktivität des Fangsektors auch der großen Fischereistaaten führen. So tragen die ursprünglichen Problemverursacher vielleicht wenigstens dazu bei, das Problem auf die Tagesordnung zu bringen.
Meine Fraktion hat die Beratungen im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im April wieder zum Anlass genommen, die Forderungen zur nachhaltigen Fischereipolitik noch einmal nachdrücklich einzubringen. Schon in den nächsten Tagen wird das Grünbuch der EU-Kommission zur Reform der GFP erwartet, auf dessen Grundlage Schlussfolgerungen für anschließende Reformvorschläge erarbeitet werden. Gerade bei der Fischereipolitik ist ein koordiniertes Vorgehen der EU-Länder unverzichtbar. Die EU hat einen erheblichen Anteil am Fischverbrauch - verursacht das Problem also einerseits mit und muss andererseits ein hohes Eigeninteresse an seine Lösung haben. Hoffnungen werden in die neue Fischerei-Kontroll-Verordnung gesetzt, die einen grundlegenden Umbau des gemeinschaftlichen Kontrollsystems vorsieht. Der EU-Fischereirat sieht hierfür eine öffentliche politische Debatte am 23. + 24. Juni vor.
Die Initiative der EU-Kommission, die Reform der *Fischereikontrolle und der Gemeinsamen Fischereipolitik *(GFP) von 2002 einer Zwischenbilanz zu unterziehen, hat meine Fraktion genutzt, um eine *Kleine Anfrage* an das zuständige Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu stellen. Diese wurde im März von der Bundesregierung beantwortet und kann unter der Bundestagsdrucksache Nr. 16/ 12082 abgerufen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Kotting-Uhl