Frage an Sylvia Kotting-Uhl von Johannes B. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Abgeordnete,
bezüglich Ihrer geplanten Dienstreise nach Afrika habe ich folgende ergänzende Fragen:
Die Notwendigkeiten der deutschen Klimaschutzpolitik lassen sich im wesentlichen in Relation der rapiden Entwicklungen der Wirtschaft in Schwellenländern bei unzureichenden Klimaschutzmaßnahmen feststellen. Wieso also eine Tour gleich mehrerer Abgeordneter durch nichtindustrialisierte Gebiete Afrikas? Insbesondere bitte ich um eine konkretisierende Erläuterung Ihrer Aussage bezüglich der CCS-Technologie die in Deutschland erforscht werden soll, damit " ..Afrika Kohle verbrennen kann..."
Sie unterstellen einem ansonsten als seriös geltenden Magazin "Politikerhetze" wie begründen Sie dies?
In diesem Zusammenhang interessiert mich besonders: Haben Sie die Reiseplanung auf Ihrer homepage vor oder nach Veröffentlichung des Spiegel-Artikels bekannt gemacht?
Sie haben deutlich gemacht, die Kosten für die Reise seien Ihnen nicht bekannt, und dies sei auch nicht Ihre Aufgabe. Wie erklären Sie vorliegend Ihre Verantwortlichkeit im Umgang mit Steuermitteln?
Sehr geehrter Herr Bernhard,
gerne beantworte ich Ihre ergänzenden Fragen, soweit sie durch meine bisherigen Antworten in abgeordnetenwatch nicht schon beantwortet sind.
Würde Ihre Begründung der Notwendigkeit deutscher Klimapolitik in Politik und Wirtschaft unhinterfragt geteilt und auch zu den notwendigen Konsequenzen führen, hätten wir keine parlamentarischen Auseinandersetzungen über das "ob" und "wie schnell" ambitionierter Klimaschutzmaßnahmen.
Warum "gleich mehrere Abgeordnete"? Halten Sie es der Demokratie für angemessen, wenn nur ein Vertreter einer Fraktion sich die Kenntnisse beschafft? Oder vielleicht nur die Regierungsfraktionen ohne die Opposition? Lassen Sie es mich etwas zuspitzen: Ist vielleicht nicht nur die Reise, sondern auch ein Parlament mit Abgeordneten aller Parteien und aus allen Bundesländern zu teuer? Wenn sie die Demokratie mit anderen möglichen Regierungsformen vergleichen, ist sie zwar auch rein monetär vermutlich die billigste, aber umsonst ist sie nicht zu haben. Informiertheit und Entscheidungsfähigkeit der Abgeordneten fällt nicht vom Himmel.
Die Erforschung der CCS-Technologie wird politisch zunehmend mit der Notwendigkeit zukünftiger Energieversorgung in Entwicklungs- und Schwellenländern begründet. Das hat seine Logik darin, dass diese Technik, so sie denn je einsatzfähig ist, für die Weichenstellung deutscher Energieversorgung zu spät kommt. (Der Vorreiter Vattenfall fährt jetzt die erste Forschungsanlage mit 30 MW, will 2015 die ersten Pilotanlagen mit 500 MW in Betrieb nehmen - mit dem bisher versprochenen "flächendeckenden Einsatz 2020" ist also nicht zu rechnen. Auch um die Nachrüstbarkeit bereits bestehender bzw. derzeit in Planung befindlicher Kohlekraftwerke wird es schlecht bestellt sein.) Als ich Minister Gabriel nach NeuDelhi begleitete (ja, sorry, ich war schon mal unterwegs), reagierte der dortige Energieminister ablehnend auf das Angebot der "Zukunftstechnologie" CCS, bei gleichzeitigem hohen Interesse an EE-Technologie. Das Argument Indien fällt jetzt seltener im Umweltausschuss bei CCS-Debatten, dafür kam jetzt Afrika von Seiten der FDP dazu. Es geht um die Frage öffentlicher Forschungsgelder für Technologie-Entwicklung, die bekanntermaßen auch keine unendliche Ressource sind.
Zu dem auch in meinen Augen im Allgemeinen seriösen Magazin Spiegel passt besagter Artikel tatsächlich nur ansatzweise. Ist es seriöser Journalismus meine Gedanken, Gefühle, Kindheitserinnerungen, worüber ich staune und wann ich mich freue zu beschreiben, ohne je mit mir geredet zu haben? (Beispielsweise gab es in dem Tal, in dem ich aufgewachsen bin, gar keine Kühe.) Ich bin auch absolut nicht der Typ, der sich als Urlaub für eine Safari entscheiden würde - mein Urlaub sind typischerweise Spaziergänge an der Nordsee. Lesen Sie sich den Artikel noch einmal vorurteilsfrei durch. Mit welch dürrem Faktengerüst, mit wie vielen Konjunktiven und Unterstellungen stattdessen gearbeitet wird. Seriös? Nein, alles andere als das!
Den Entwurf des Reiseprogramms habe ich selbstverständlich nach dem Spiegel-Artikel auf meine Homepage gestellt. Da es ein noch nicht endgültiger Planungsstand war, wäre ich ohne Anlass nicht auf die Idee gekommen ihn öffentlich zu machen - übrigens gegen den ausdrücklichen Wunsch des Bundestags-Pressereferats. Das endgültige Programm - in dem nun noch einige unserer gewünschten Gesprächstermine zusätzlich bestätigt sind - wurde mit dem ausdrücklichen Hinweis "Intern - nur für Reiseteilnehmer" verteilt. Auch das vermutlich eine Folge des unerfreulichen Artikels. Für mich, die ich sehr vielen mail-Schreibern zugesagt hatte, das endgültige Programm noch einmal sehr genau zu prüfen (was ich immer tue) und auf meiner Homepage einzustellen (was nun nicht möglich war), hieß diese verordnete Intransparenz, meine Teilnahme an der Reise absagen zu müssen. Ich bedaure durchaus, damit auf wertvolle Informationen und weiterführende Kontakte zu verzichten.
Ihre letzte Frage zu meiner Verantwortlichkeit im Umgang mit Steuermitteln habe ich bereits auf die Frage von Herrn Lima beantwortet, aber ich versuche es gerne noch einmal: Die Hoheit über das Reisebudget des Bundestages liegt beim Präsidium. Das Präsidium entscheidet über Reiseanträge und bewertet für die Genehmigung selbstverständlich die anfallenden Kosten. Dabei kann es nicht nur vorkommen, dass eine Reise grundsätzlich nicht genehmigt wird, sondern auch, das z.B. eine Fluggesellschaft als zu teuer abgelehnt wird. Die Gesamtkosten setzen sich letztlich nicht nur aus den Reisekosten für die Parlamentarier zusammen. Die Entscheidung, die ich dabei zu treffen habe, ist, ob der Erkenntnisgewinn für meine persönliche politische Arbeit meine Teilnahme rechtfertigt.
Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Kotting-Uhl