Frage an Sylvia Kotting-Uhl von Marinus S. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Kotting-Uhl,
wie ich dem SPIEGEL entnehme, begeben Sie sich demnächst mit einigen Ihrer Kollegen von den anderen im Bundestag vertretenen Fraktionen nach Kenia, um dort als Mitglied der offiziellen deutschen Delegation an einer Uno-Umweltkonferenz (Unep) teilzunehmen. Glaubt man dem SPIEGEL, nehmen Sie an dieser Konferenz aber nur wenige Stunden teil. Der Rest Ihrer 10-tägigen Reise sei touristischen Charakters und schließe den Besuch von Wildreservaten wie den Nationalparks Nairobi bzw. Mount Kenia, die Masai Mara und den Ngorongorokrater ein.
Mich würde nun interessieren, welche umweltpolitisch relevanten Einsichten Sie sich vom Besuch dieser Reiseziele versprechen, denn Steuermittel für private Vergnügungsreisen von Bundestagsabgeordneten einzusetzen würde doch sicherlich nicht Ihre Zustimmung finden. Ich nehme also an, dass die genannten Reiseziele in einer Weise repräsentativ für afrikanische (oder deutsche?) Umweltproblematiken sind, die sich dem Laien nicht sofort erschließt.
Es wäre freundlich, wenn Sie mir hier auf die Sprünge helfen würden...
Mit freundlichen Grüßen
Marinus Stark
Sehr geehrter Herr Stark,
Steuermittel für private Vergnügungsreisen von Abgeordneten einzusetzen, würde sicher auch nicht die Zustimmung des Bundestagspräsidenten Dr. Lammert finden, der Delegationsreisen genehmigt und sie damit auch verantworten muss. Sie können das geplante Programm (Stand Montag, Erscheinungstag des Spiegel-Artikel) auf meiner Homepage einsehen. http://www.kotting-uhl.de/presse/pm2009/090209_leserbrief_Spiegel.html Bis Freitag - und auch während der Reise - können sich immer noch Termine verschieben oder verändern, es können auch noch Gespräche, um die wir gebeten haben, die aber noch nicht bestätigt sind, dazukommen.
Sinn der geplanten Reise ist nicht, in Kenia an der Konferenz teilzunehmen - dafür gibt es Delegierte - sondern uns ein Bild der durch den beginnenden Klimawandel verstärkten Umweltprobleme in Kenia und Tansania zu machen und die Wirksamkeit verschiedener von Deutschland finanzierter Projekte zu bewerten. Deshalb nehmen wir lediglich einen Tag an der Konferenz teil. Uns sind die Gespräche mit den verschiedenen Akteuren vor Ort, deren Einschätzung und auch deren Erwartungen an Deutschland wichtig. Wir wollen aber auch selbst sehen, was sich dort verändert - welche Auswirkungen z.B. die sich verschärfende Wasserproblematik hat und ob die Ansätze der Hilfestellung richtig sind - antworten wir z.B. mit den richtigen Technologien. Es gibt z.B. im Umweltausschuss eine argumentative Auseinandersetzung darüber, ob wir in Deutschland die CCS-Technologie (CO2-Abscheidung bei der Kohleverbrennung) entwickeln müssen, damit Afrika Kohle verbrennen kann oder ob wir Solarthermie und Photovoltaik so weiter entwickeln müssen, dass Afrika billig seine Sonne nutzen kann. Wassermangel, Energiesysteme, Bodenzustand, Biodiversität in Afrika hängen voneinander, aber auch in nicht zu unterschätzender Weise von der Umwelt- und Wirtschaftspolitik der nördlichen Länder ab.
Die "Vergnügungs"reiseziele, die Frau Bornhöft in ihrem Artikel aufzählt, hat sie einem Planungsstand mit Fragecharakter entnommen, der an die dortigen deutschen Botschaften ging mit der Intension, für das eine oder andere dieser möglichen Ziele lohnenswerte Gespräche oder Projekt-Besuche vorgeschlagen zu bekommen. Daraus dann eine Vergnügungssafari zu basteln, ist schlicht bösartig. Hätte ich mit anderen Spiegel-Journalisten nicht schon so gute Erfahrungen gemacht, was echtes Interesse an meiner Arbeit und von uns gemachten Vor-Recherchen zu umweltpolitischen Themen und deren seriöse Verwertung betrifft, dann würden mir für die Journalisten-Zunft jetzt ähnliche Bezeichnungen einfallen, wie ich sie stellvertretend für das "Politiker-Pack" in diesen Tagen zu Dutzenden per mail bekomme - im nichtöffentlichen Raum geht der schlechte Ton anders als bei abgeordnetenwatch locker von der Hand. (Ich beantworte trotzdem jede mail - auch wenn mir das in diesen Tagen den Schlaf auf nicht gesundheitszuträgliche Weise minimiert.)
Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Kotting-Uhl