Frage an Sylvia Kotting-Uhl von Andreas K. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Kotting-Uhl,
die beiden großen Parteien schaffen es nicht, grüne Inhalte fair, sachlich und vermittelnd zu adaptieren, stattdessen wühlen sie in Oberfächenstrukturen und promoten die Ökologie in viel zu kleinen Schritten. Andere Staaten sind hier und teilweise zunehmend besser aufgestellt.
Derweil haben die Grünen an Signifikanz verloren. Gern erinnere ich mich an die 5 DM/l Sprit-Forderung der Grünen. Wo allerdings ist das Nachfolgeprojekt? Die Bücher zum Thema sind doch (fort)geschrieben, der Beweis der volkswirtschaftlichen Sinnhaftigkeit ergibt sich etwa aus den ersten Jahren der rot-grünen Bundesregierung. Freilich war die Ökosteuer bislang viel zu zaghaft angesetzt. 3,5 €/l Sprit wären meiner Ansicht nach jetzt ein erforderliches und umsetzbares Ziel, wenn auch Zeiträume zu diskutieren wären. Wir wissen ja: Auf den Ölausverkauf zu warten wäre ganz fatal.
Wichtig wäre die empathische Forderung einer Kerosinsteuer, da Flugzeuge das Klima quasi per Direkteinspritzung schädigen. Auch hierzu ist weit und breit nichts wirklich Öffentlichkeitswirksames oder Signifikantes in Sicht.
Dabei gibt es die grünen Arbeitsplätze, und sie sind zahlreicher als die der Autoindustrie! Selbst in der Autoindustrie wäre nur eine deutlich veränderte Zielrichtung, quasi eine Metamorphose, erforderlich, um diesen Industriezweig für die Zukunft zu gestalten. Der Loremo muss erst der Anfang gewesen sein, aber ich bin nicht sicher, ob dieses Auto überhaupt auf den Markt kommt, die "Großen" schrecken vor 1l-Autos zurück.
Deutschland hat aber keine Ölreserven.
Meine Frage zum Thema:
Warum ist es nicht möglich, die Erfordernisse nachhaltiger Entwicklung inklusive Maßnahmen auf nationaler Ebene adäquat zu thematisieren? Intervenieren Lobbygruppen zu aggressiv? Oder sind die großen Parteien/das Gros der deutschen WählerInnen Ihrer Meinung nach nicht zu einem Kurswechsel bereit?
Ich wünsche einen guten Übergang und ein glückliches neues 2009.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Knappe
Sehr geehrter Herr Knappe,
herzlichen Dank für Ihre Wünsche zum neuen Jahr. Auch ich wünsche Ihnen alles Gute für 2009.
An Ihrer Beschreibung der Situation ist alles richtig. Es gäbe noch Vieles hinzuzufügen, aber das wissen Sie selbst. Warum das so ist? Ja, natürlich hat es mit kurzfristigen Wirtschaftsinteressen zu tun, deren Lobbyisten in Berlin und Brüssel in jedem Minister- und Abgeordneten-Büro stehen. Trotzdem bleibt die Frage, wie ebendiese Entscheider, ebendiese Lobbyisten und die dahinter stehende Wirtschaft sich so hartnäckig weigern können, die auf der Hand liegenden Notwendigkeiten für die - auch ökonomische - Zukunft unseres Landes zu sehen. Dass wir aus Klimagründen weg von der Kohle müssen, dass wir aus Klima-, Finanz- und Ressoucengründen weg vom Öl müssen, ist keine grüne Sonntagsidee, sondern ein Gebot der Logik. Dass CO2-spuckende Spritschlucker nicht nur schlecht fürs Klima, sondern auch für den Geldbeutel der Benutzer sind, ist eine Milchbubenrechnung. Trotzdem hatten Kanzlerin und Wirtschaftsminister nichts anderes zu tun, als beim Aufkommen der Finanzkrise das Angehen der Klimakrise schnellstens in imaginäre "bessere" Zeiten zu verschieben. Ohne zu bedenken, dass die Ursachen der Finanzkrise neben Deregulierungen vielleicht auch in einer falschen Wirtschaftweise liegen, die Ressourcen gnadenlos ausbeutet und übernutzt. Wenn wenigstens der Umweltminister nicht nur in seinen Reden, sondern auch in seinen Entscheidungen den Grundsatz "Ökonomie und Ökologie gehören zusammen" befolgen würde, wären wir vielleicht ein Stück weiter.
Weil dieser Grundsatz auch in den Medien noch viel zu wenig begriffen wurde, werden wir Grünen mit unserer Programmatik in wirtschaftlich schlechten Zeiten gerne als "Wohlstandspartei" diffamiert. Aber wer glaubt und danach handelt, dass man ökologische Belange - die die Grundlagen des Lebens und Wirtschaftens sichern - in Zeiten ohne andere Probleme verschieben könnte, der muss sich über unsere ökonomische Zukunft keinen Illusionen hingeben.
Die Kerosinsteuer ist ein Baustein der von uns geforderten ökologischen Finanzreform. Wir wollen auch die CO2-basierte KFZ-Steuer und das CO2-Ausstoß berücksichtigende Dienstwagenprinzip. Teil der ökologischen Finanzreform ist z.B. auch eine Ressourcenabgabe auf Produkte, die Produzenten dazu bringt, Ressourcen schonende, langlebige Produkte herzustellen. Der von Ihnen geforderte Kurswechsel ist machbar - nicht sofort, aber Schritt für Schritt. Gute Anfänge gab es unter rot-grün, seitdem gibt es einen Fortschritt bei der Wärmedämmung, ansonsten stagniert der ökologische Umbau.
Warum rot nur in Verbindung mit grün - schwarz und gelb bisher gar nicht die Notwendigkeit des ökologischen Umbaus begreifen, fragen Sie PolitikerInnen dieser Parteien am Besten selbst. Und solange Sie keine befriedigende Antwort bekommen - wählen Sie sie nicht! :-)
Einen schönen Rest-Sonntag
und freundliche Grüße
Sylvia Kotting-Uhl