Frage an Sylvia Kotting-Uhl von Wolfdietrich B. bezüglich Umwelt
Der Schutz gegen Verkehrslärm ist in Deutschland seit Jahrzehnten gesetzlich nicht geregelt ( die gesetzlichen Immissionsschutznormen regeln nur den Schutz beim Neubau von Straßen und Schienen, aber nicht 99 % der Fälle, nämlich an bestehenden Verkehrstrassen ). Insofern ist Deutschland eine Bananenrepublik!
Meine Frage: Wird das Umweltgesetzbuch endlich eine Regelung bringen? Wird diese Regelung schlechtere Grenzwerte als beim Neubau von Straßen haben? Wird es auch unterhalb der Grenzwerte eine gerechte Abwägungsregelung geben, die den bisherigen Grundsatz "Der Verkehr darf grundsätzlich alles" ablöst? Wie steht es überhaupt mit dem Umweltgesetzbuch? Wer sind die großen Bremser?
Sehr geehrter Herr Burde,
Sie haben Recht - Anspruch auf gesetzlichen Lärmschutz besteht nur bei Straßenbaumaßnahmen oder -veränderungen. Das Problem des Verkehrslärms ist aber bewusst und schlägt sich z.B. in der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung nieder, in der sie die Empfehlung des Sachverständigenrates für Umweltfragen übernimmt, den Mittelungswert von 65 dB am Tag und 55 dB nachts "möglichst bald" nicht mehr zu überschreiten. Diese Empfehlung bezieht sich auf den gesamten Umgebungslärm. 2005 hat die EU eine Umgebungslärmrichtlinie erlassen, die allerdings erstmal auf Kartierung und Planung abzielt. Diese Richtlinie wurde im Juni 2005 durch eine Ergänzung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in deutsches Recht umgesetzt.
Soweit zum rechtlichen Sachstand. Der Entwurf des Umweltgesetzbuches (UGB) enthält keine Verbesserungen des Immissionsschutzes, sondern übernimmt die bisherigen Bundesimmissionsschutzverordnungen. Der Entwurf macht insgesamt nicht den Eindruck im Umweltschutz irgendetwas verbessern zu wollen, sondern trägt nach jeder Verzögerungsrunde deutlicher die Handschrift der Ministerien, deren derzeitige Führung Umwelt- und Naturschutz als lästiges Übel zu betrachten scheinen. Die von Ihnen so genannten "Bremser" sind vor allem das Wirtschafts- und das Landwirtschaftsministerium, aber auch das Innenministerium. Nachdem auch der zuletzt vorgelegte Zeitplan für das UGB daran gescheitert ist, dass das Kabinett den Entwurf im Dezember wieder nicht beschlossen hat, ist ein dem "größten Umweltvorhaben der Legislatur" angemessen geordnetes Verfahren nicht mehr möglich. Das vorgelegte UGB ist inzwischen - vor allem was den Naturschutz betrifft - allerdings so schlecht, dass es tatsächlich besser ist, es tritt nicht in Kraft.
Das alles ist wenig zufriedenstellend. Trotzdem, Herr Burde, trifft Ihre Bezeichnung "Bananenrepubliik" alles andere als ins Schwarze. Der Interessenausgleich, den Politik in einer Demokratie zu leisten hat, ist mühsam, langwierig und nie in der Lage alle Betroffenen vollständig zu befrieden. In einer Bananenrepublik, in der sich nur Einzelinteressen durchsetzen, sind zumindest deren Vertreter dann zufrieden. Ich bleibe lieber im mühsamen Geschäft unserer politischen Auseinandersetzungen. Sie nicht auch?
Ich wünsche Ihnen alles Gute für das in wenigen Tagen beginnende Neue Jahr
mit freundlichen Grüßen
Sylvia Kotting-Uhl