Frage an Sylvia Kotting-Uhl von Robert F. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Kotting-Uhl,
ich interessiere mich seit der jüngsten Ernährungskrise verstärkt für die Zukunft der menschlichen Ernährung und bin nun schon des öfteren über das Argument gestolpert, dass das heutige Ausmaß an konsumierten Tierprodukten in den Industieländern enorme Ressourcen verschlinge. Viele Ackerflächen, die direkt der menschlichen Ernährung dienen könnten, so die Überlegung, würden statt dessen für Futtermittel genutzt. Und so ein Tier in der Massentierhaltung ist ja weder ein Perpetuum Mobile, noch besonders glücklich.
Also habe ich begonnen, beim Einkaufen zu experimentieren.
Allerdings staunte ich nicht schlecht, als ich auf meinen Einkaufszettel blickte: Wo "normale" Kuhmilch aus der Massentierhaltung mit gerade mal 7% MwSt. angesetzt war, gab es bei Reis-, Soja- und Hafermilch, also den pflanzlichen Alternativen, den vollen Aufschlag von 19%!
Man muss ja niemanden zwingen, seine Ernährungsgewohnheiten umzustellen, aber 12% steuerliche Diskriminierung sind schon übel. Die Milchbauern kämpfen derzeit um jeden Cent pro Liter, da sieht man deutlich, welche Marktmacht solche Beträge haben können.
Und man sollte auch nicht vergessen, dass es Menschen mit Laktoseintoleranz gibt, die solche Produkte zu den Grundnahrungsmitteln zählen (müssen). Das können auch Hartz-IV-Empfänger oder andere Menschen sein, die nicht gerade im Geld schwimmen.
Welche Gründe hat diese steuerliche Ungleichbehandlung? Und kann man sie politisch ändern?
Mit freundlichen Grüßen,
Robert Fies
Sehr geehrter Herr Fies,
zuerst möchte ich Ihnen meinen Respekt für Ihre Haltung beim Einkauf von Lebensmitteln ausdrücken.
Konventionell produzierte tierische Nahrungsmittel brauchen tatsächlich im Schnitt das 7- fache an Fläche wie pflanzliche Nahrungsmittel. Da der Lebensstandard der reichen Länder des Nordens und deren Definition von Lebensqualität Schwellen- und Entwicklungsländern nachahmenswert erscheint, ist unsere verbrauchende Lebensweise doppelt fatal. Wir müssten dringend eine Produktions-, Mobilitäts- und eben auch Esskultur entwickeln, die global verträglich ist. Sie haben absolut Recht, dass dabei Mehrwertsteuersätze die das Unverträglichere fördern nicht hilfreich sind.
Ermäßigte Mehrwertsteuersätze auf "Grundbedürfnisse" sind aus sozialen Gründen richtig. Wie die Grundbedürfnisse definiert sind, orientiert sich historisch bedingt an den Essgewohnheiten zur Zeit der Einführung dieser Mehrwertsteuersätze. Und selbstverständlich hat es auch damit zu tun, dass die heimische (Land)Wirtschaft gegenüber Importen subventioniert werden sollte. Deshalb ist es so schwer diese alten Subventionslisten zu verändern, es gibt hier starke Interessenvertretungen.
Wenn wir Fakten wie den Klimawandel, absehbare Ernährungs- und Wasserverknappungen der Zukunft und Ressourcenmangel Ernst nehmen, werden wir über kurz oder lang nicht um ökologische Finanzreformen herumkommen. Umwelt und Ressourcen schonende Lebens- und Produktionsweisen müssen ökonomische Vorteile gegenüber verbrauchenden bekommen.
Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Kotting-Uhl