Frage an Sylvia Kotting-Uhl von Kim W. bezüglich Innere Angelegenheiten
Das Ende Januar 2021 vom Bundestag beschlossene Registermodernisierungsgesetz (19/24226; 19/26247) sieht vor, die Steueridentifikationsnummer zu einer Bürgernummer auszubauen, auf deren Basis personenbezogene Bürgerdaten, welche gemäß Datenschutz-Grundverordnung besonders schützenswert sind, künftig zwischen bis zu 85 unterschiedlichen Behörden ausgetauscht werden sollen.
Vgl. http://epaper.das-parlament.de/2021/5_6/index.html#6, Seite 7, Überschrift: Register sollen moderner werden.
Ihre Partei hat als Oppositionspartei gegen den Antrag der Bundesregierung gestimmt. Laut oben zitiertem Artikel im epaper „Das Parlament“ hat sich Ihre Partei hierbei auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes bezogen, nach welcher eine sektorübergreifende Personenkennziffer mit der Menschenwürde nicht vereinbar und somit verfassungswidrig sei.
Wie wird Ihre Partei, sollte sie an einer der nächsten Regierungen beteiligt sein, mit diesem Gesetz umgehen, gegen das Sie Ende Januar 2021 als Oppositionspartei gestimmt haben?
MfG,
Kim Winter
Sehr geehrte Frau Winter,
Sie fragten nach dem Umgang meiner Partei, also Fraktion, mit dem Registermodernisierungsgesetz Im Fall einer Regierungsbeteiligung. Das Registermodernisierungsgesetz ist sehr weit weg von meinen fachlichen Zuständigkeiten, so dass ich die Haltung dazu aus den zuständigen Büros anfragen musste. Sie fragten ja nicht, was ich mir als Abgeordnete so denke, sondern spezifisch nach der Haltung der Grünen Bundestagsfraktion.
Offenbar ist die Frage, wie eine Fraktion mit einem Gesetz umgehen wird, das sie abgelehnt hat und für nicht verfassungskonform hält, wenn sie in einer Regierungskoalition ist, nicht so einfach zu beantworten - jedenfalls kam die Antwort auf die von mir weitergeleitete Frage erst heute. Ich bitte dafür um Verständnis. Meine Kolleg*innen und ihre Büros haben in den letzten Wochen und Monaten einer Legislaturperiode den Schreibtisch voll. So kann eine Anfrage aus einem anderen Büro, die nicht wirklich beantwortbar ist, schon mal etwas liegenbleiben.
Vielleicht erstmal zur Sache der Registermodernisierung: Die Bundesregierung hat es über Jahre verpasst, die öffentlichen Register zu modernisieren. Spät in der Wahlperiode präsentierte sie eine Lösung, die auf verfassungsrechtlich dünnem Eis gebaut ist. Darauf hat die Grüne Bundestagsfraktion wiederholt mit Hilfe Kleiner Anfrage, einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes, in Reden, durch die Initiierung einer Anhörung im federführenden Innenausschuss und der Vorlage eines Antrags hingewiesen. Als Grüne Bundestagsfraktion haben wir das Vorhaben in der von CDU/CSU und SPD geplanten Form abgelehnt.
Die Verwendung der SteuerID als sektorübergreifender Identifier bleibt verfassungsrechtlich hochproblematisch. Darauf haben die Konferenz der Datenschutzbeauftragten, der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags, zahlreiche Expertinnen und Experten in einer Anhörung des Innenausschusses und verschiedene Verbände gemeinsam hingewiesen.
Die Grünen Länder konnten über den Bundesrat zweifelllos wichtige Verbesserungen durchsetzen. Dass die Bundesregierung die Frage der SteuerID als registerübergreifendem Identifier "aus Zeit- und Kostengründen" bewusst nicht angegangen ist, bleibt ein eklatantes Versäumnis. Das Risiko, dass die Registermodernisierung in einigen Jahren vor dem BVerfG scheitert, bleibt damit hoch. Die Verfassungskonformität der SteuerID bleibt das Damoklesschwert über der Registermodernisierung. Ein Scheitern wäre auch für den weiteren Onlinezugangsgesetz-Prozess verheerend. Die Bundesregierung riskiert durch ihr Vorgehen, dass wir im Bereich E-Government noch weiter abgehängt werden.
Zur Frage des Umgangs mit dem kritisierten Gesetz habe ich diese Antwort bekommen:
Jetzt bleibt abzuwarten, inwiefern die angekündigten Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht Erfolg haben. Unabhängig vom Ausgang der gerichtlichen Entscheidungen werden wir uns als Grüne auch weiterhin dafür einsetzen, die Registermodernisierung möglichst grundrechtsschonend umzusetzen und die informationelle Selbstbestimmung der Bürger*innen zu wahren.
Die Chance auf eine frühere Antwort erhöht sich, wenn Sie Abgeordnete fragen, die in den entsprechenden Ausschüssen sitzen. Für zukünftige Fragen möchte ich Ihnen diesen Rat geben. Ich bin Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit.
Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Kotting-Uhl