Frage an Sylvia Kotting-Uhl von Gilbert C. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Kotting-Uhl,
während in anderen Städten der Widerstand gegen die ca. 25 geplanten Kohlekraftwerke wächst, scheint Karlsruhe friedlich zu schlafen. Gibt es in Ihrer Partei Pläne oder unterstützen Sie Initiativen, das bereits beschlossene Kraftwerk in KA zu verhindern?
Sehr geehrter Herr Cyppel,
ich bitte um Nachsicht, dass die Antwort nicht gleich kam - das liegt u.a.daran, dass ich häufig wegen der Karlsruher Aufgeregtheit über das geplante Kohlekraftwerk unterwegs bin ;-)
Im Ernst, Herr Cyppel, wie Sie darauf kommen, in Karlsruhe gebe es keinen hör- und sichtbaren Widerstand gegen die Planung des neuen Kohlekraftwerks, ist mir ein Rätsel. Seit die Pläne der EnBW publik wurden, gibt es in Karlsruhe dazu Aktivitäten der Grünen, der Bürgerinitiativen und des Aktionsbündnisses "Saubere Luft Region Karlsruhe"; die grüne Bundestagsfraktion hat bereits im September letzten Jahres eine von über 100 Interessierten besuchte Veranstaltung "Kohle fürs Klima?" organisiert, bei der zwei Führungskräfte der EnBW, ein Mitarbeiter des Umweltbundesamtes und ich selbst ihre Haltungen zur geplanten CO2-Schleuder darlegten. Die EnBW-Vertreter bekamen bei dem äußerst engagierten Karlsruher Publikum keinen Zentimeter Fuß in die Tür. Unglaublich die Argumentation mit der sie das Kohlekraftwerk als Klimaschutzprojekt zu verkaufen versuchten: bei einer durchschnittlichen CO2-Emission aller Kohlekraftwerke weltweit von 1100g/kwh spare das geplante Kraftwerk mit NUR 760g/kwh bei jeder erzeugten Kilowattstunde Strom 340g CO2 ein.
In den politischen Auseinandersetzungen zu Klimawandel und Energieversorgung im Bundestag gilt der Hauptangriff von uns Grünen der gemeinsamen Kohlepolitik von Konzernen und Umweltminister. Die anvisierte CO2-Einsparung von 40% bis 2020 und 80% bis 2050 können wir vergessen, wenn auch nur ein Teil der jetzt geplanten überdimensionierten Kraftwerke ans Netz geht. Die ständig wiederholte Behauptung der Konzerne, der Regierungsfraktionen und auch der FDP sichere Energieversorgung brauche neue Kohlekraftwerke oder die Verlängerung der AKW-Laufzeiten (im Sinne der Konzerne am liebsten beides ...) ist falsch! Meine Fraktion hat ein das Gegenteil nachweisendes Energiekonzept 2.0 vorgelegt. Ich werde in die demnächst beginnenden Beratungen zum in dieser Legislatur geplanten Umweltgesetzbuch (UGB) Vorschläge zur Anlagengenehmigung einbringen, die den Neubau von Kohlekraftwerken ökonomisch deutlich weniger attraktiv machen.
Noch einmal zum Karlsruher Widerstand: Nach der Gemeinderatsentscheidung im Juli 2007, bei der die Grüne Fraktion gegen den vorhabenbezogenen Bebauungsplan votierte, formierte sich auf Initiative des AK Klima der Grünen das Aktionsbündnis, in dem die Kräfte gebündelt und in gemeinsamen oder abgestimmten Aktionen die Bürgerinnen und Bürger der Stadt über die fatalen Folgen des Kohlekraftwerkes aufgeklärt wurden. Die Aktiven aller beteiligten Gruppen organisierten Infostände und Veranstaltungen und sammelten Unterschriften für den Einwendungstermin. Während die Grüne Fraktion versuchte einen Aufschub der Baugenehmigung zu erwirken, stimmten die Fraktionen von SPD und CDU im Gemeinderat übrigens geschlossen dafür und fanden viele Argumente um die Erhöhung der Feinstaubemissionen und den CO2-Ausstoß zu rechtfertigten. Wir hatten zuvor an alle Stadträtinnen und Stadträte appelliert, sich nicht dem Fraktionszwang zu beugen, sondern im Interesse der Bürger zu stimmen. Ich hoffe Sie fragen auch die Bundestagsabgeordneten dieser beiden Parteien was sie zur Verhinderung des Kohlekraftwerks getan haben.
Wenig bürgerfreundlich war übrigens, dass die Fristen für die Einwendungen genau in die Sommerferien 2007 fielen, so dass ein großer Teil von Bürgerinnen und Bürgern, die das Kohlekraftwerk nicht haben wollen, keine Einwendung machen konnte. Das ist besonders rücksichtslos gegenüber den Eltern, deren Kinder bereits unter Atemwegserkrankungen leiden. Laut einer Resolution der Karlsruher Kinderärzte, die ebenfalls dem Aktionsbündnis ( www.aktion-saubere-luft.de ) angehören, wird sich die Situation mit dem Betrieb des Kohlekraftwerks drastisch verschlimmern. Dass trotz der widrigen Begleitumstände mehr als 6000 Einwendungsunterschriften gesammelt werden konnten, ist ein Beleg dafür, wie sehr die Bürgerinnen und Bürger das Vorhaben ablehnen.
Ob deren Argumente jetzt bei der Entscheidungsfindung des Regierungspräsidiums berücksichtigt werden, ist fraglich. Und ein Bürgerbegehren ist in diesem speziellen Fall in Baden-Württemberg nahezu aussichtslos. Mit der direkten Demokratie sind wir in unserem Bundesland leider noch nicht weit.
Morgen, am 7.3., ist übrigens eine erneute Aktion, von den Grünen initiiert: eine Aktion vor dem Regierungspräsidium auf dem Schlossplatz um 14:00Uhr. Schließen Sie sich doch an!
Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Kotting-Uhl