Frage an Sylvia Kotting-Uhl von Peter S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Kotting-Uhl,
vor einiger Zeit habe ich Sie angeschrieben wegen Hartz IV allgemein. Sie haben mir zurückgeschrieben, dass Hartz IV genau wie sein Namensgeber gescheitert ist. [Antwort vom 27.5.2007, Anm. d. Red.] Die Grünen würden gravierende Änderungen wollen. Jetzt ist die SPD endlich dazu bereit das ALG 1 zu verlängern, und die Grünen sind dagegen.
Wie ist Ihre Meinung dazu, und wie stimmen Sie ab, wenn das im Bundestag zur Abstimmung ansteht?
MfG
Peter Speck
Sehr geehrter Herr Speck,
die Bezugsdauer des ALG 1 ist tatsächlich nicht der Punkt an dem die Grünen die Hartz-Reformen verändern wollen. Der langjährigen früheren Praxis von Arbeitgebern ältere Arbeitnehmer auf Kosten der Allgemeinheit ein paar Jahre vor der Rente in den ALG1-Bezug zu schicken ist mit der Verkürzung des ALG1 auf ein Jahr ein Ende gemacht worden. Nach Untersuchungen steigt der Anteil beschäftigter Älterer seitdem auch wieder. Ein Gerechtigkeitsdefizit entsteht für diejenigen Älteren die arbeitslos bleiben, das sehe ich so.
Die größeren Hartz-Gerechtigkeitsdefizite liegen nach grüner Einschätzung aber z.B. beim zu niedrig angesetzten Existenzminimum, beim fehlenden tatsächlich bedarfsdeckenden eigenständigen Regelsatz für Kinder, beim fehlenden besseren Schutz der privaten Altersvorsorge, bei den Zumutbarkeitsbedingungen und bei den zu niedrigen Zuverdienstgrenzen.
Meine persönliche Meinung ist, dass wir mit Reparaturen im Hartz4-System weder dem materiellen Mangel noch der demütigenden Behandlung vieler Arbeitsloser oder dem entwürdigenden Bürokratie-Wust beikommen. Ich gehöre deshalb zu den VerfechterInnen eines bedingungslosen Grundeinkommens. In Baden-Württemberg haben wir Grünen das inzwischen beschlossen. Falls das Konzept Sie interessiert: auf meiner Homepage http://www.kotting-uhl.de finden Sie sowohl den Beschluss unseres Landesverbandes wie meine Eingangsrede zum Thema. Dieses Konzept umzusetzen würde für alle Menschen eine Existenzsicherung ohne Bedarfsprüfung und Sanktionsandrohung bedeuten, für viele Arbeitslose ein weites Feld möglicher Tätigkeiten eröffnen und Zuverdienst wirklich Zuverdienst sein lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Kotting-Uhl