Frage an Sylvia Kotting-Uhl von Annette N. bezüglich Verkehr
Hallo Frau Kotting-Uhl.
Wir möchten gerne weiterhin im schönsten Ortsteil ;-) - der Bergwaldsiedlung - von Karlsruhe leben. Was tun Sie für uns, dass das möglich ist? Es gibt mittlerweile überhaupt KEINE Nahversorgung mehr. Von einem Briefkasten und einem Zigarettenautomaten lässt sich schwer leben. Die Arztpraxis ist auch nicht mehr da. Für die vielen älteren Menschen hier ist das ein Desaster. Ist hier nicht endlich die Politik in der Pflicht? Bin auf Ihre Antwort gespannt; sie wird unser Wahlverhalten beeinflussen. Danke im voraus.
A. N.
Sehr geehrte Frau N.,
ich verstehe Sie gut.
Das Problem Strukturschwäche lässt sich nicht auf das Stadt-Land-Gefälle reduzieren, denn vor allem im Westen Deutschlands sind auch Großstädte oder städtische Kreise oder auch nur Ortsteile, wie im Fall der Bergwaldsiedlung, betroffen. Mehr als vier Millionen Menschen leben in unserem Land in Regionen, in denen die Lebensverhältnisse als „sehr stark unterdurchschnittlich“ oder „stark unterdurchschnittlich“ bezeichnet werden können, wie wir aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von uns wissen.
Bisher geleistete Hilfen des Bundes an die Kommunen konnten die strukturellen Unterschiede nicht ausgleichen, da sie nur punktuell und nicht strukturell greifen. Auch die vielen Förderprogramme von EU, Bund und Ländern können die Situation abgehängter Regionen nicht grundlegend verbessern. Die meisten dieser Programme richten sich an die Wirtschaft und dürfen nur zeitlich befristet und räumlich begrenzt in Anspruch genommen werden.
Das Grundgesetz verbietet dem Bund eine direkte und dauerhafte finanzielle Unterstützung der Kommunen. Das ist eine Auswirkung des Föderalismus.
Meine Bundestagsfraktion hat eine ganze Reihe von Vorschlägen erarbeitet, wie Kommunen und strukturschwachen Regionen trotzdem nachhaltig geholfen werden kann: da geht es um die schrittweise Übernahme der Kosten der Unterkunft durch den Bund im sozialen Bereich, einen Altschuldentilgungsfonds, Hilfe bei Kinderbetreuung Schulen. Wir wollen die Vergabe von Fördermitteln grundlegend verändern, damit alle abgehängten Regionen erreicht werden, unabhängig, ob sie im Osten oder im Westen Deutschlands liegen. Das alles wird allerdings der Bergwaldsiedlung, die weder zu einer abgehängten Region, noch zu einer finanzschwachen Kommune gehört, nur bedingt helfen. Die Bundesebene ist für dieses Problem nicht der richtige Ansprechpartner. Hier ist die Kommune gefragt.
Nach Rücksprache mit der Gemeinderatsfraktion der Grünen in Karlsruhe muss ich sagen, dass ich es sehr bedauerlich finde, dass die Stadtverwaltung des Stadtamtes Durlach keine Möglichkeit sieht, eine Nachfolge für das „Lädle“ zu organisieren.
Gespräche mit Betreibern von Lebensmittelmärkten und Bäckereien blieben wohl auf Grund mangelnder Wirtschaftlichkeit wegen der geringen Einwohnerzahl und des zu kleinen Einzugsgebiets für den Standort bisher erfolglos.
Die Versorgungssituation wird hoffentlich durch den in Hohenwettersbach geplanten Lebensmittelmarkt verbessert. Durch eine neue Bushaltestelle, die direkt vor dem geplanten Markt eingerichtet wird, soll die Erreichbarkeit mit dem ÖPNV auch für viele in der Bergwaldsiedlung gesichert werden. Die Lieferdienste von Edeka, REWE oder des CAP-Marktes in Durlach könnten eine weitere Versorgungsmöglichkeit bieten.
Bürgergemeinschaft und Stadtverwaltung werden, so sagt man mir zu, weiter versuchen, Lösungsmöglichkeiten zu finden, um die unbefriedigende Versorgungssituation, z. B. durch mobile Verkaufsstände, zu verbessern.
Wir Grüne haben - und zwar auf allen Ebenen - ein hohes Interesse daran, dass Menschen in ihrer gewohnten Umgebung in guter Lebensqualität alt werden können. Was wir dazu beitragen können, werden wir tun.
Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Kotting-Uhl