Frage an Sylvia Kotting-Uhl von Jörg W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Kotting-Uhl,
die Piraten-Partei fordert, "Religion endlich zu privatisieren". Wie stehen Sie zu einer solchen Aussage?
Sehr geehrter Herr Willy,
vielen Dank für Ihre Frage! Die Rolle von Religion in der Öffentlichkeit wird immer wieder kontrovers diskutiert.
Wir Grüne unterstützen die Trennung von Kirche und Staat. Die erreichte Trennung von Kirche und Staat ist eine grundlegende Voraussetzung für die positive Rolle von Kirchen und Religionsgemeinschaften als wichtigen Kräften der Zivilgesellschaft. Dies gilt für die christlichen Kirchen, aber auch für die israelitische Kultusgemeinde sowie andere Religionsgemeinschaften. In vielen Fragen haben wir Grüne Kirchen als wertvolle Bündnispartner erlebt. Dazu gehört insbesondere der ökumenische Prozess für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung.
Zu einer offenen Gesellschaft gehört auch die Religionsfreiheit als Freiheit, seine Religion bekennen und ausüben zu können. Das öffentliche Auftreten von Religionsgemeinschaften ist darin inbegriffen. Diese Freiheit steht für uns nicht zur Disposition.
Das Grundgesetz hat eine Wertentscheidung getroffen zugunsten eines kooperations-offenen Verhältnisses von Staat und Religionsgemeinschaften und gegen eine Privatisierung von Religion. An diese Wertentscheidung sind wir gebunden. Wir finden auch, dass das bestehende rechtliche Verhältnis von Staat und Religion sich bewährt hat, denn dem Religionsrecht gelingt es einerseits relativ gut, auftretende religiöse Konflikte zu befrieden. Andererseits weiß es das positive Potenzial der Religionsgemeinschaften, zu einer friedlichen und pluralen Gesellschaft beizutragen, recht gut zu nutzen und die möglicherweise desintegrierenden religiösen Faktoren in die Schranken zu weisen.
Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Kotting-Uhl