Frage an Sylvia Kotting-Uhl von Gerhard R. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrte Frau Kotting-Uhl,
das Atomkraftwerk Krümmel schalete sich selbst ab - Focus online vom 4.7.09.
Es war erst vor 2 Wochen nach 2 Jahren Stillstand wieder in Betrieb
gegangen. Seitdem kam es bereits zu 3 Störfällen.
Nach meiner Vermutung wird die neue Zuverlässigkeitsprüfung des
Betreibers Vattenfall nicht zur endgültigen Schließung der Anlage führen.
Wie bewerten Sie die Arbeit der Atomaufsicht?
Welche Parteien - bitte eine vollständige Aufzählung - sind dafür
verantwortlich, daß möglicherweise die rechtlichen Voraussetzungen
für eine endgültige Schließung des Akw Krümmel fehlen?
Wer ist im Falle eines Unfalls entschädigungspflichtig, wenn es zu Todesfällen und schweren Krankheiten kommt, Menschen ihre Heimat verlassen müssen und dauerhaft ihren Arbeitsplatz verlieren?
Trifft es zu, daß Frau Merkel sich für die Verängerung der Laufzeiten alter Akws einsetzt?
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Reth
Sehr geehrter Herr Reth,
danke für Ihre interessierten Fragen zum AKW Krümmel.
Ob die rechtlichen Voraussetzungen für eine endgültige Abschaltung des AKW Krümmel fehlen, ist Ansichtssache. Ich bin nicht der Meinung, dass sie fehlen. Es ist letztlich eine Frage des Mutes - und natürlich auch der Überzeugung - wie eine Atomaufsicht handelt. Siehe Beispiel Asse, die ja unter der Aufsicht des niedersächsischen Umweltministeriums (FDP) stand und genug Anlass zum Eingreifen geboten hätte. Umweltminister Gabriel hat vor kurzem ein neues kerntechnisches Regelwerk erlassen, mit dem Krümmel umgehend und schnell stillgelegt werden könnte. Allerdings hat er es als Zugeständnis an die unionsgeführten Bundesländer nicht sofort verbindlich gemacht, sondern eine Parallel-Anwendung alten und neuen Regelwerks zugelassen. Damit herrscht eine gewisse Unklarheit die den Betreibern nützt.
Es gibt eine begrenzte Haftpflicht der AKW-Betreiber mit einer Deckungssumme von 2,5 Mrd. Euro pro AKW. Damit hat ausgerechnet die Hochrisikotechnologie Atomkraft einen Sonderstatus in der üblichen Praxis, dass ein Unternehmen eine betriebliche Risikovorsorge zu treffen hat, die sich in der Größenordnung des tatsächlich möglichen Schadens bewegt. Bei einem GAU wäre also die öffentliche Hand gefordert. (Entsprechend dem Prinzip der Atomwirtschaft: privatisierte Gewinne, vergesellschaftete Kosten und Risiken.) Das Prognos-Institut hat ermittelt, dass ein GAU Schäden in Höhe von etwa 5000 Milliarden Euro verursachen würde. Das entspricht dem 20-fachen Wert des Bundeshaushalts und übertrifft die Deckungsvorsorge um den 2500-fachen Faktor. Bekanntermaßen ist keine Versicherung bereit das Risiko der AKW zu versichern. Das spricht für sich.
Frau Merkel setzt sich wie die gesamte Union und auch die FDP für die Verlängerung der Laufzeiten alter AKW ein. Der Ministerpräsident meines Bundeslandes Baden-Württemberg spricht sogar schon von unbegrenzten Laufzeiten "solange die AKW sicher sind", was sie nach Ansicht von Union und FDP ja per se sind .
Ihre Zusatzfragen, sehr geehrter Herr Reth, die Sie direkt an mein Büro geschickt haben und auch über Abgeordnetenwatch beantwortet haben wollen: "Werden die Grünen nach der Landtagswahl in Schl-H eine Koalition mit der CDU davon abhängig machen,das die Zuverlässigkeit von Vattenfall ernsthaft geprüft wird und die Grünen das Umweltministerium erhalten? Herr Carstensen hatte Krümmel eine nochmalige Chance zugesagt, obwohl das Ergebnis der von Frau Trauernicht veranlaßten Zuverlässigkeitsprüfung noch nicht bekannt ist. Wie würden die Grünen auf eine solche Einmischung reagieren?" werde ich Ihnen nicht befriedigend beantworten können. Es ist alles andere als meine Aufgabe einem anderen Landesverband Internet-öffentlich Ratschläge zu geben für Fragen die sich im Moment überhaupt nicht stellen. Ich hoffe, Sie verstehen das.
Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Kotting-Uhl