Frage an Sylvia Kotting-Uhl von andrea b. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Kotting-Uhl,
bei der Abstimmung zum sogenannten „Zugangserschwerungsgesetz“ bzgl. Kinderpornographie im Internet haben Sie sich der Stimme enthalten.
Die diesbezügliche
Persönliche Erklärung nach §31 GOBT der 15 Grünen Abgeordneten dazu ist mir bereits bekannt, beantwortet aber nicht mein grundsätzliches Problem mit Ihrem Verhalten, das da lautet:
Wann ist ein Thema dringlich genug, um mit einem klaren NEIN beantwortet zu werden?
Ihr Engagement bzgl. KiPo ist mehr als löblich, aber das verabschiedete Gesetz beendet die grundgesetzlich verbürgte Gewaltenteilung und öffnet der Zensur Tür und Tor. Hingegen wurde von mehreren kompetenten Seiten wiederholt verdeutlicht, dass das Z.-Gesetz nicht nur kein einziges Kind schützt sondern im Gegenteil die Täter/Seitenbetreiber warnt. Alle Bedenken, die Sie in der Persönlichen Erklärung formulieren, sind durch Expertenaussagen mehrfach widerlegt.
Sie lassen nun also ein Gesetz passieren, dass keinerlei Nutzen bringt, im Gegenzug aber die Rechte eines jeden Internetnutzers empfindlich einschränkt und ihn potentiell kriminalisiert. Mit Ihrer Ein-Punkt-ansonsten-egal-Position der Enthaltung nehmen Sie solche Kollateralschäden billigend in Kauf.
Darum noch einmal meine - generelle -Frage zur Urteilsfindung:
Wie dramatisch muß sich ein Szenario darstellen, damit Sie bei einer Güterabwägung wirklich klar Stellung beziehen und deutlich mit NEIN abstimmen?
Sehr geehrte Frau Baranski,
die Entscheidung, ob mit Ja, Nein oder Enthaltung abgestimmt wird, sortiert sich nicht entlang der Dringlichkeit des Problems. Ich wende die Enthaltung z.B. dann an, wenn ich der Intension eines Gesetzes zustimme und dieses Ziel für dringlich halte, mit der vorgelegten Ausführung aber nicht einverstanden bin - wie in diesem Fall. Eine "Ein-Punkt-ansonsten-egal-Position" ist die Enthaltung gerade nicht. (Falls Sie die Punkte in ihrer Vielfalt interessieren, finden Sie eine ausführliche Stellungnahme dazu auf meiner Homepage.) Auch Ihre sonstige Einschätzung entspricht nicht unbedingt den Fakten. Potienziell kriminalisiert wird kein einziger Internetnutzer, geschweige denn jeder, da Daten von Nutzern die nach dem Anklicken gesperrter Seiten umgeleitet werden, nicht gespeichert oder zur Strafverfolgung genutzt werden. Auf Weiteres will ich nicht eingehen, da es nicht meine Sache ist, ein Gesetz zu verteidigen, dem ich aus gutem Grund nicht zugestimmt habe. Ich habe zum Inkrafttreten des Gesetzes mit meiner Enthaltung nicht beigetragen, da für den Beschluss lediglich die Ja-Stimmen zählen.
Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Kotting-Uhl