Frage an Sylvia Kotting-Uhl von Helmut B. bezüglich Gesundheit
Sehr gehrte Frau Kotting-Uhl,
durch welche Initiativen und Unterstützungen gedenken Sie die Umsetzung der Entschließung des EU-Parlaments vom 02.04.2009 zu der Gesundheitsproblematik in Zusammenhang mit elektromagnetischen Feldern (2008/2211(INI)) in D zu fördern? Dies betrifft insbesondere die in Punkt 28. enthaltene Forderung, dem Beispiel Schwedens zu folgen und Menschen, die an Elektrohypersensibilität leiden, als behindert anzuerkennen, um ihnen einen angemessenen Schutz und Chancengleichheit zu bieten. Halten Sie einen Behindertenstatus für Bürger, die von gesundheitlichen Beeinträchtigungen infolge Hochfrequenzbelastungen durch Mobilkommunikationstechnik betroffen sind, für ein menschen-rechtlich angemessenes und rechtspolitisch nachhaltiges Schutzkonzept?
Wie werden in diesem Zusammenhang Die Grünen politisch die Initiative der Deutschen Bundesregierung beantworten, die beabsichtigt, noch in dieser Legislaturperiode ein Gesetz zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung zu verabschieden, das sich mit einem überholten Erkenntnisstand begründet, wie ihn die Entschliessung des EP von 1999 noch enthält und das damit ausdrücklich hinter den aktuellen, in der EP-Resolution vom 02.04.2009 enthaltenen weiterentwickelten, wissenschaftlich begründeten Kriterien zurückbleibt ?
Welche politischen Perspektiven sehen Sie unter diesen Umständen für eine politische Unterstützung des Rechts betroffener Bürger auf eine Gesundheitsprävention, wie es in der Entschliessung des Europäischen Parlaments vom 4 . September 2008 zur Zwischenbewertung des Europäischen Aktionsplans Umwelt und Gesundheit 2004–2010 (2007/2252(INI)) gefordert ist - d.h., die in Punkt 35 der Entschliessung bez. des Vorsorge- und Vorbeugeprinzips erhobenen Forderungen auch zum Schutz vor elektromag-netischen Feldern insbes. der Mobilkommunikation auf nationaler Ebene zu einer rechtswirksamen Bedeutung zu bringen?
Mit freundlichen Grüssen
Helmut Breunig
Verein für Elektrosensible
Sehr geehrter Herr Breunig,
ich habe für meine Fraktion ein umfangreiches Positionspapier Mobilfunk entwickelt, das auch die neuesten Entscheidungen der EU-Ebene aufgreift und in der letzten Woche in der Bundestagsfraktion beschlossen wurde. Den vollständigen Beschluss finden sie auf der Fraktionshomepage oder auch auf http://www.kotting-uhl.de unter Themen - Umwelt und Gesundheit - Aktuelles.
Die Hauptforderungen in Kürze sind:
- mehr Mitspracherecht für Bürgerinnen und Bürger bei der Standortwahl von Mobilfunksendeanlagen
- vorsorgeorientierte und kindergerechte Grenzwerte
- Minimierung der Strahlenbelastung im Interesse der Allgemeinheit
- gemeinsame Netznutzung der verschiedenen Anbieter
- Sicherstellung einer kabelgebundenen Grundversorgung
- besserer Schutz von Elektrosensiblen wie vom Europaparlament gefordert
- Erforschung kumulierter Wirkung unterschiedlicher Strahlenquellen
- verpflichtende Kennzeichnung der Handys und ihrer Strahlungswerte
Wir fordern auch einen interdisziplinären Runden Tisch mit VeretreterInnen der Initiativen und Verbände einzurichten, an dem Schutzmöglichkeiten für Elektrosensible wie z.B. die Vorschläge strahlungsfreier Rückzugsgebiete (Modellprojekt Gemeinde Wiesenthal im Biosphärenreservat der Thüringischen Rhön) oder der Infragestellung der Indoor-Versorgung diskutiert und verbindliche Maßnahmen erarbeitet werden.
Da sich die Sitzungszeit dieser Legislaturperiode dem Ende nähert, machen parlamentarische Initiativen vor der Bundestagswahl keinen Sinn mehr - zumal die große Koalition alles ablehnt, so geschehen mit unseren Anträgen zur Kennzeichnung von Endgeräten, zur Bereitstellung finanzieller Mittel für die Erforschung von Langzeitwirkungen, Wirkungen auf Kinder und Jugendliche und die Auswirkungen auf Flora und Fauna, u.a. Mit dem Positionspapier hat meine Fraktion eine Selbstverpflichtung und gute Grundlagen um in der nächsten Legislatur - unter dann hoffentlich besseren Bedingungen - erneute Initiativen zu ergreifen.
Es gibt auch keine Initiative der Bundesregierung jetzt noch ein neues Gesetz zum Schutz vor nicht ionisierender Strahlung auf den Weg zu bringen. Was Sie ansprechen, ist eines der drei nach der Föderalismusreform I (welche die Rahmengesetzgebung auf Bundesebene abgeschafft hat) und dem gescheiterten Umweltgesetzbuch notwendig gewordenen formal neu zu erlassenden Bundesgesetze, die noch in dieser Legislatur verabschiedet werden müssen. Es handelt sich hier um das Bundesnaturschutzgesetz, das Wasserhaushaltsgesetz und eben das Gesetz zum Schutz vor nicht ionisierender Strahlung. Diese drei nun einzeln zu verabschiedende Gesetze sind Teile des 2008 vorgelegten und (wegen Koalitionsquerelen) nicht zur Verabschiedung gekommenen UGB (Umweltgesetzbuch) und gehen logischerweise nicht auf neuere Entwicklungen ein. Im Gegensatz zum Naturschutz- und Wasserhaushaltsgesetz, die beide Verschlechterungen zum Status Quo bedeuten, werden wir dem Gesetz zum Schutz vor nicht ionisierender Strahlung zustimmen, da es eine Verbesserung gegenüber dem Status Quo enthält, nämlich das Verbot von Solarien für Jugendliche.
Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Kotting-Uhl