Frage an Sylvia Canel von Reinhard S. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Der Bildungsföderalismus ist für mich nur noch ein Ärgernis. Nicht nur, dass Umzüge von einem Bundesland in das andere für Schüler und Eltern zu Problemen führt, auch die Uneinheitlichkeit der Lehrerausbildung führt zu erheblichen Problemen. Wir wollen in einem innovativen Land leben, loben die Fachkräfte, aber schaffen es nicht, dass Schüler, Eltern und Lehrer ohne Probleme umziehen können. Mich interessiert Ihre Meinung dazu.
Sehr geehrter Herr Soltau,
vielen Dank für Ihre Frage, auf die ich gerne antworte, denn Sie sprechen ein grundlegendes Problem an. Ich bin der Meinung, dass eine enge Kooperation zwischen Bund und Ländern und damit eine gesamtstaatlich verantwortete Bildungspolitik erstrebenswert ist, ohne dabei die regionale Nähe der Bildungsverantwortung durch die Länder in Frage zu stellen. Wie kann eine Harmonisierung im Bildungssystem gestaltet werden?
Auf Bundesebene müssen nationale Bildungsstandards als auch Abschlussziele entwickelt, etabliert und verantwortet werden. Es bedarf meines Erachtens einer gemeinsamen Messlatte, anhand welcher überprüft werden kann, wie weit die einzelnen Bundesländer in ihren Bildungsbemühungen Fortschritte machen. Ein gewisses Maß an Einheitlichkeit bei der Weiterentwicklung des föderativ gestalteten Bildungswesens muss gewährleistet werden. Die Länder ihrerseits sind für die Implementierung systematischer interner und externer Evaluationsverfahren zur Überprüfung dieser Standards und der Qualität der Lehre auf Basis gemeinsamer, deutschlandweiter Evaluationskriterien verantwortlich. Die Schulen wiederum entfalten eigenständige Wege, um diese Standards umzusetzen und legen im Rahmen einer Evaluation durch das jeweilige Bundesland Rechenschaft darüber ab. Mehr Autonomie für die Schulen ist der entscheidende Schlüssel, um auf die individuellen Bedürfnisse der Schüler und der Region reagieren zu können. Somit wird die Transparenz gefördert und Vergleichbarkeit kann gewährleistet werden.
Die Zersplitterung der Lehrerausbildung ist ein weiteres ärgerliches Hemmnis. Die Lehrerausbildung ist die Achillesferse des Bildungssystems und gehört in das Zentrum der Aufmerksamkeit. Die Qualität im Klassenzimmer wird maßgeblich durch die Qualität der Lehrerausbildung bestimmt. Dass die Lehrerausbildung an den Hochschulen nur ein Randdasein führt, ist angesichts des drohenden Fachkräftemangels und des demographischen Wandels eine skandalöse Vernachlässigung und nicht länger hinnehmbar. Eine verlässliche Berichterstattung, ein qualitativ hochwertiges Monitoring und Qualitätsindikatoren sind unerlässlich, schaffen Transparenz und bereiten den Boden für sinnvolle Reformen. Hier müssen die Bundesländer dringend und endlich kooperativ zusammenarbeiten. Der Bund kann auf Wunsch der Länder diesen Prozess begleiten.
Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Canel