Frage an Swen Knöchel von Andreas S. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Knöchel,
einige Abgeordnete der PDS-Fraktion im Europaparlament haben einer Resolution zugestimmt, die das Reiseverbot von Angehörigen von kubanischen Regimegegnern kritisierte. Hätten Sie dieser Resolution ebenfalls zugestimmt?
Freundlichen Grüße
Andi Schmitt
Sehr geehrter Herr Schmitt,
in Ihrer Frage beziehen Sie sich auf die maßgeblich von dem spanisch-konservativen Europaabgeordneten Salafranca erarbeiteten Entschließung des Europäischen Parlaments zur Haltung der EU gegenüber der kubanischen Regierung.
In dieser Resolution wird unter Bezugnahme auf die Allgemeingültigkeit und Unteilbarkeit von Menschenrechten, die kubanische Regierung wegen Verstößen gegen das Recht auf Freizügigkeit, das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit kritisiert. Anlass waren erteilte Ausreiseverbote der kubanischen Regierung sowie die Zunahme politischer Häftlinge in Kuba.
Gerade als Sozialist sind mir Menschen- und Bürgerrechte als allgemeingültige und unteilbare Grundlage einer jeden Gesellschafts- und Staatsform wichtig. Ich kann deshalb auch nicht vor der Tatsache, dass in Kuba gegen wichtige menschliche Freiheitsrechte verstoßen wird meine Augen verschließen. Die Verbesserung der Lage der Menschenrechte in der sozialistischen Republik Cuba ist unabdingbar und erfordert einen umfassenden Dialog mit der kubanischen Regierung.
Der vorliegenden Entschließung hätte ich meine Zustimmung dennoch verweigert, da ihren Verfassern und Einbringern nicht die Menschen- und Bürgerrechte am Herzen liegen, sondern das einziges Anliegen der Resolution die einseitige Diskreditierung der kubanischen Regierung war.
Gerade Herr Salafranca ist ein eifriger Verfechter guter Beziehungen zu den ebenfalls die Menschenrechte nicht achtenden (jedoch nicht sozialistischen) Regierungen Lateinamerikas, er fordert regelmäßig den Schusswaffengebrauch gegen afrikanische Flüchtlinge in Mellila und empfindet am amerikanischen Internierungslager Guantanamo keinerlei Anstoß. Wenn aber Menschenrechte unteilbar sind, dann ist eine Entschließung, die sich selektiv auf die unbestreitbaren Menschenrechtsverletzungen in Kuba beziehen, reine Heuchelei.
Ich bin davon überzeugt, dass gesellschaftlicher Fortschritt nur (und das ohne jede Einschränkung) dann funktionieren kann, wenn für jeden Mensch der gleichen Zugang zu Menschenrechten einschließlich der bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte besteht.
Selektionen nach guten und schlechten Menschrechtsverletzern, wie sie mit ihrer einseitig auf Cuba bezogenen Entschließung das Europäische Parlament vorgenommen hat, lehne ich jedoch ab.
Mit freundlichem Gruß
Swen Knöchel