Werden Sie am 26.09. beim Volksentscheid Deutsche Wohnen & Co enteignen mit Ja stimmen? Und wenn er erfolgreich sein sollte, werden Sie sich dafür einsetzen, dass er auch umgesetzt wird?
Sehr geehrter Herr P.,
vielen Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse an meiner Position.
Wie die Berliner SPD werbe auch ich für ein „Nein“ beim Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ am 26.09.2021. Trotz zahlreicher Übereinstimmungen bei der Beschreibung der problematischen Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt, halte ich das zur Abstimmung stehende Instrument der Enteignung für den falschen Weg. Aus meiner Sicht müssen wir noch mehr zusätzlichen preisgünstigen Wohnraum für möglichst viele Menschen in unserer Stadt schaffen und den Mieterschutz weiter verbessern, statt viele Milliarden Euro Entschädigungsleistungen an Immobilienkonzerne aufzubringen. Durch eine pauschale Enteignung von Unternehmen mit über 3 000 Wohneinheiten entsteht keine einzige der dringend benötigten neuen Wohnungen in Berlin.
Es kommt auf die richtige Mischung an. Die steht für mich in dieser Reihenfolge fest: Wohnungen bauen, kaufen und Mieten deckeln! Zuletzt haben sich in meinem Wahlkreis rund 20 000 Menschen auf 150 landeseigene Neubauwohnungen beworben. Dieses Beispiel zeigt doch eindrucksvoll: Der Neubau von preiswertem Wohnraum muss absolute Priorität haben!
Zudem glaube ich auch nicht, dass das Bundesverfassungsgericht die vorgeschlagene Enteignung für rechtens erklären wird. Denn bei seinen Entscheidungen gegen Bundeshilfen zum Schuldenabbau für das Land Berlin hat das Gericht ja immer darauf verwiesen, dass das Land ja auch Vermögen in Form von Wohnungen veräußern könne. Wieso sollte das Gericht jetzt grundsätzlich anders entscheiden?
Ich hoffe, dass der Volksentscheid mehr Nein-Stimmen als Ja-Stimmen bekommt. Der vorgelegte Volksentscheid beinhaltet übrigens keinen vorliegenden Gesetzentwurf. Das ist meines Erachtens sehr bedauerlich, denn dann wäre eine entsprechende verfassungsrechtliche Prüfung eines zur Abstimmung stehenden Gesetzestextes im Vorfeld möglich gewesen. Darauf hat die Initiative bewusst verzichtet. Stattdessen wurde ein politischer Auftrag an das Berliner Abgeordnetenhaus formuliert. Aus diesem Grund müssten im Fall einer Ja-Mehrheit die zuständigen Senatsverwaltungen zunächst Normtexte ausarbeiten und die verfassungsrechtlichen Spielräume prüfen, bevor ein Gesetzestext dem Berliner Abgeordnetenhaus vorgelegt werden kann. Selbstverständlich werde ich im Falle meiner Wahl als Abgeordnete das Ergebnis des Volksentscheids und das damit verbundene politische Anliegen mit dem gebotenen Respekt behandeln und in die parlamentarische Debatte einbringen.
Mit freundlichen Grüßen
Sven Heinemann