Frage an Sven Diedrich von Thomas H. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrter Herr Diedrich,
im letzten Jahr wurde beschlossen, den BND nach Berlin zu holen und für den Neubau der Zentrale die Brachfläche an der Chausseestr. gekauft. WARUM? Den BND in die Hauptstadt zu holen, ist eine gute Entscheidung finde ich. Aber der Standort scheint mir so ungünstig wie nur möglich.
Bis heute habe ich keine wirklich schlüssige Antwort bekommen, warum dieser Standort gewählt wurde und nicht etwa der auch angebotene alte Güterbahnhof in Tiergarten. Die Chausseestr. und die angrenzenden Straßen sind Wohngebiet; überall rund um das Gelände wohnen Menschen und mitten hinein soll nun ein Hochsicherheits-Gebäude gebaut werden. Die Zentrale dieser Behörde stellt die höchsten Anforderungen an die Sicherheit im direkten Umfeld. Die Angst vor Bombenanschlägen scheint groß genug, das Gebäude selbst nicht direkt an die Straße zu stellen. Aber auf der gegenüberliegenden Seite stehen die Häuser an der Straße, dort wohnen die Menschen. Man bekommt so den Eindruck, der BND ist wichtig, die Anwohner eher zweitrangig bis abkömmlich. Schon das allein ist, finde ich, Grund genug, die Behörde nicht in ein Wohngebiet zu stellen.
Aber ich hätte noch einen Grund:
Das Gelände an der Chausseestr. ist wie kaum ein zweites in Berlin geeignet, Ost und West nahtlos zusammenwachsen zu lassen, wenn man denn möchte. Konzepte für eine Bebauung als Wohnanlage sind vorhanden. Der Bau der BND-Zentrale wird das sicher für die nächsten Jahrzehnte unmöglich machen. Die gesamte Gegend wird vereinsamen und Abends, wenn die Büroangestellten nach Hause gefahren sind, wie ausgestorben wirken. MITTEN IM ZENTRUM wohlbemerkt, nicht irgendwo in der Pampa.
Warum wird das Konzept „Autofreies Wohnen“ nicht realisiert und statt dessen eine Mammutbehörde mit einem an Schizophrenie grenzenden Sicherheitsbedürfnis hingeklotzt?
Wie stehen Sie persönlich zu dieser Angelegenheit?
mfG
Thomas Hübner
Sehr geehrter Herr Hübner,
beim Lesen Ihrer Frage steigt noch einmal der ganze Frust in mir auf, der dieses leidige Thema verursacht. Eine schlüssige Antwort zur Standortwahl kann ich auch nicht geben. Vielleicht sind die Grünen und die SPD in Bund und Land dazu in der Lage. Beide Parteien haben noch in Regierungsverantwortung stehend diesen katastrophalen Beschluss gefasst. Die PDS (später auch die DIE LINKE) hat seit der Ideenfindung für ein autofreies Wohnquartier diese Idee unterstützt. Darüber hinaus wollten wir, dass hier gedeckte und ungedeckte Sportflächen errichtet werden und ein öffentlicher Park mit Pankegrünzug errichtet wird. So sollte das hohe Defizit an Sport- und Grünflächen im Bezirk Mitte minimiert werden. Dringend benötigte Sportflächen für den Schul- und Vereinssport können nun nicht gebaut werden.
Ich finde es übrigens unnötig, dass der BND nach Berlin zieht. Es gibt keinen sachlichen Grund dafür (so argumentiert der BND selbst) und kostet uns Steuerzahler wieder eine Unmenge Geld, geschätzte 1,7 Mrd. €. Als der Umzug des BND nach Berlin nicht zu verhindern war, haben wir (der Bezirk Mitte) diverse andere Standorte Angebote, z. T. auch in Mitte in vergleichbarer Nähe zum Kanzleramt. Aber SPD und Grüne waren fest und nicht umzustimmen. Deshalb konnte das Konzept des autofreien Wohnens dort nicht umgesetzt werden. DIE LINKE im Berliner Abgeordnetenhaus konnte lediglich erreichen, dem Verein bei der Suche nach einem geeigneten Ersatzgrundstück behilflich zu sein.
Sehr geehrter Herr Hübner, ich denke, meine Position ist deutlich gemacht zu haben. Ich persönlich aber auch die Linkspartei insgesamt haben dieses Projekt an diesem Standort aus vielen Gründen abgelehnt.
Mit freundlichen Grüßen, Sven Diedrich