Sven Diedrich
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Frage von Verena P. •

Frage an Sven Diedrich von Verena P. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

Lieber Herr Dietrich,

ich habe zwei Fragen, die mir seit einiger Zeit unter den Nägeln brennen:

1. Wie stehen Sie zu der rasanten Entwicklung der Spandauer Vorstadt zu einem mehrheitlich touristisch genutzten Ausgehviertel und

2. Wie positionieren Sie sich zu der Frage, ob im Bebauungsplan der Spandauer Vorstadt, der nach der Entlassung als Sanierungsgebiet in Kraft treten soll, die Regelung 20% Gewerbe und 80% Wohnnutzung pro Haus aufgenommen werden soll oder nicht ?

Vielen Dank, herzliche Grüße,
Verena Pfeiffer

Sven Diedrich
Antwort von
DIE LINKE

Liebe Frau Pfeiffer,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich hiermit gerne beantworte.

zu 1. ) Mitte ist für mich zu allererst Wohnort! Dem hat sich alles andere unterzuordnen. Die Bedürfnisse der Bewohner, und zwar aller Bewohner, müssen bei der Entwicklung Vorrang haben. Das gilt besonders für die Spandauer Vorstadt. Hier hat es in den letzten 15 Jahren eine Verdrängung der Bevölkerung gegeben wie sonst nirgendwo in Berlin. Ursachen hierfür gibt es viele, aber der Tourismus verbunden mit seiner einseitigen Gewerbeentwicklung in diesem Gebiet ist sicher eine dafür. Der zunehmende Verkehr, der abnehmende Grünanteil, die steigenden Mieten tun ihr Übriges. Ich habe 12 Jahre als Mieterberater und Sozialplaner im Sanierungsgebiet Spandauer Vorstadt gearbeitet und dort versucht, mit meinen Möglichkeiten die Bedingungen für das Wohnen so günstig wie möglich zu gestalten.
In der Bezirksverordnetenversammlung von Mitte habe ich mit meinen Fraktionskolleginnen und Kollegen jahrelang gestritten und gekämpft für ein vernünftiges Verkehrskonzept und für einen Bebauungsplan für die Spandauer Vorstadt, der die hemmungslose Entwicklung der Spandauer Vorstadt zu einem Vergnügungsviertel einschränkt. Das Verkehrskonzept ist seit einiger Zeit beschlossen. Auf die Festsetzung des Bebauungsplanes müssen wir noch warten. Frau Dorothee Dubrau (Bündnis 90 / Die Grünen) als zuständige Stadträtin hat hier in der Vergangenheit aus meiner Sicht völlig falsche Prioritäten gesetzt, wenn sie zum Beispiel monatelang die halbe Stadt mit der Gestaltung der Poller für die Linien- und die Auguststraße beschäftigt. Ihr Vorgänger Thomas Flierl (PDS) war bemüht, die ausufernde Bestuhlung durch Gaststätten auf den Bürgersteigen einzuschränken und somit auch für mehr Sicherheit für die Fußgänger (besonders für Eltern mit Kinderwagen oder Geh- und Sehbehinderte) zu sorgen. Leider hat Frau Dubrau das nicht fortgesetzt.
Tourismus ist wichtig und ausgehen sollen die Leute auch. Sie sollen das auch in der Spandauer Vorstadt tun können. Dafür ist sie berühmt und berüchtigt, schon seit den zwanziger Jahren und wohl auch davor. Doch die Lebensverhältnisse müssen für die Bewohner so sein, das wegen der touristischen Nutzungen niemand darüber nachdenken muss, von dort weg zu ziehen.

zu 2.) Wie ich schon in der Antwort zu 1. Frage dargestellt habe, ist die Wohnfunktion in Mitte und in der Spandauer Vorstadt eine sehr wichtige. Das Wohnen in der Spandauer Vorstadt muss gesichert und ausgebaut werden. Die Umwandlung von Wohnen in Gewerbe muss verhindert werden. Bei Neubauvorhaben ist der Wohnanteil deshalb entsprechend hoch anzusetzen. Einen Anteil von 80% Wohnen bei zukünftigen Bauvorhaben festzulegen ist der richtige Weg. Ausnahmen, die im Einzelfall sinnvoll sind und möglich sein sollen, müssen an anderer Stelle ausgeglichen werden. Ein möglichst hoher Wohnanteil ist der beste Schutz vor Verdrängung der Bevölkerung und vor unbezahlbaren Mieten.

Mit freundlichen Grüßen,
Sven Diedrich