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Susanne Mittag
SPD
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Frage von Philipp U. •

Frage an Susanne Mittag von Philipp U. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Guten Tag, sie sprechen in ihrer Rede zum Antrag der Grünen für mehr effektiven Tierwohl.

Nun sind sie nach dem Gesetz eine „freie, nur ihrem EIGENEN Gewissen verpflichtete Abgeordnete“.

Warum reden sie nur davon anstatt es in den Bundestag einzubringen?

Bedenken sie für ihre Antwort die Definition oben und dass es vor dem Gesetz KEINE Koalitionsdisziplin und KEINE Fraktionszwänge gibt.

Sie sind vor dem Gesetz NIEMANDEM verpflichtet.

Also warum haben SIE persönlich keinen Gesetzesvorschlag in den Bundestag eingebracht?

Vielen Dank und bleiben sie gesund.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Utta,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Gesetzentwurf der Grünen-Bundestagsfraktion zum Tierschutzrecht.

Ich kann verstehen, dass es erstmal den Eindruck macht, als würde mit dem Gesetzentwurf der Grünen richtig viel für den Tierschutz bewirkt werden können, und jeder, der dem nicht zustimmt, würde demnach Tierquälerei zulassen. Und das ist aus Sicht der Grünen auch der einzige Sinn des Gesetzentwurfes - diesen Eindruck möchten sie erwecken. Wenn man im Gesetzentwurf in den Begründungsteil schaut, warum es die vorgeschlagenen Änderung geben sollte, heißt es dort "Zwecks Erhöhung der Sichtbarkeit und Beachtung der Strafbarkeit". Was die Grünen fordern ist aber auch jetzt schon strafbar und im Tierschutzgesetz geregelt. Was die Sichtbarkeit betrifft, ist das eine sehr vage Formulierung. Dass wir bei Tierschutzvergehen nicht wegschauen dürfen, gilt schon jetzt, und der Vorschlag der Grünen ändert an dem Wahrnehmungsproblem mancher Bürger auch nichts. Entscheidend ist, dass Tierquälerei möglichst verhindert - zumindest aber wahrgenommen, gemeldet und verfolgt wird. An diesen ausschlaggebenden Punkten setzt der Gesetzentwurf der Grünen aber gar nicht an. Es ist ein reiner Schau-Gesetzentwurf, der dem Tierschutz nicht hilft, sondern nur der Profilierung der Grünen. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ich schätze die Arbeit meiner BundestagskollegInnen von den Grünen. Sie haben in den vergangenen Jahrzehnten gemeinsam mit der SPD viel für den Tierschutz getan und wir verfolgen auch weiterhin viele Tierschutzziele gemeinsam. Aber an dieser Stelle muss ich leider deutlich machen, wo die Grünen das Thema aus PR-Gründen missbrauchen.

Dass ihre Forderung keine Besserung für die Tiere bringen würde, zeigt sich auch an den Statistiken zur Strafverfolgung bei Tierquälerei. Tierquälerei wird in Deutschland offenbar nicht genug geahndet. Deutschlandweit gibt es jährlich ca. 700 bis 800 Verurteilungen wegen Tierquälerei. Das ist bei 80 Mio. Einwohnern und ein mehrfaches an Heim- und Nutztieren nicht gerade viel. Daraus ergibt sich die Frage, ob Tierquälerei immer zur Anzeige gebracht wird oder ob der "Bürger" meistens wegschaut. Und wenn sie zur Anzeige gebracht wird, erfolgt dann auch ein Verfahren? Und wenn ein Verfahren erfolgt, wie viele Verurteilungen stehen dann am Ende? Die Zahlen zeigen, dass das Strafmaß nicht ausgereizt wird. Anhand der Verurteilungen der Jahre 2012 bis 2016 sieht man z.B., dass sie zu 90 Prozent mit Geldstrafen enden. Von denen zu Freiheitsstrafen Verurteilten, bekommen wiederum 90 Prozent Bewährung. Von allen Verurteilten müssen also weniger als 1 Prozent eine Freiheitsstrafe antreten. Bei niemanden wurde in den Jahren von 2012 bis 2016 der Rechtsrahmen von 3 Jahren ausgeschöpft. Nur wenige wurden zu 1 bis 2 Jahren verurteilt. Außerdem werden zu wenige und zu kurze Tierhaltungsverbote ausgesprochen. Gleichzeitig ist die Kontrolle der Einhaltung solcher Verbote (Sache der Kommunen) nur äußerst lückenhaft. Aus diesen Punkten lässt sich ableiten, dass ein erhöhter Strafrahmen oder eine Ansiedlung der Strafverfolgung der Tierquälerei im Strafgesetzbuch vermutlich nicht zu mehr oder höheren Verurteilungen führen würde, wenn schon jetzt nicht genug Gebrauch davon gemacht wird.

Der richtige Ansatz wäre daher, die Strafverfolgung zu stärken (Sache der Bundesländer) und mehr Schwerpunktstaatsanwaltschaften (ebenfalls Sache der Bundesländer) zu schaffen. Das können wir nicht mit Bundesgesetzen vorschreiben, aber das könnten die Grünen in den Bundesländern, in denen sie in Regierungsverantwortung sind, durchsetzen. Ähnlich verhält es sich mit der finanziellen und personellen Ausstattung der Veterinärämter, die für Tierschutzkontrollen zuständig sind.

Um Tierquälerei möglichst zu verhindern, bedarf es der Einführung eines verpflichtenden staatlichen Tierwohllabels in der Nutztierhaltung, der Umsetzung der sogenannten Exopet-Studie für die Heimtierhaltung, Maßnahmen gegen den illegalen Welpenhandel und der Einführung einer Tiergesundheitsdatenbank. In so einer Datenbank könnten alle relevanten Daten, die oft ohnehin schon erhoben werden, systematisch zusammengeführt und ausgewertet werden. Insbesondere in der privaten Tierhaltung sind die Bestände bisher meist gar nicht erfasst bzw. registriert. Durch Datenauswertung, unterstützt durch künstliche Intelligenz, ließen sich Auffälligkeiten schneller erkennen und zielgerichtete Kontrollen der Veterinärämter durchführen. Damit würden die Behörden gestärkt und entlastet. Zugleich wäre diese Datengrundlage eine gute Basis für die Strafverfolgung.

Ich hoffe, ich habe Ihnen den Sachverhalt so nahebringen können, dass Sie meine Entscheidung nun besser nachvollziehen.

Mit freundlichen Grüßen

Susanne Mittag, MdB
Tierschutzbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion

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